Milliardenschwere Boni-Zahlungen: Britische Banker am Pranger
Das britische Unterhaus zitiert die Ex-Chefs der vier größten Bankhäuser zu sich. Selbst die vom Staat gerettete Royal Bank of Scotland zahlt 2008 Milliardenprämie.
DUBLIN taz Seit gestern müssen sie sich vor dem Finanzausschuss des britischen Unterhauses rechtfertigen, heute wird die Befragung fortgesetzt: Die ehemaligen Chefs der vier größten Banken Großbritanniens müssen erklären, warum sie die Gefahren nicht erkannt haben, wie oft sie an ihren Bonus dachten, wenn sie Entscheidungen trafen, wann sie gemerkt haben, dass etwas schief läuft, und wann sie das öffentlich zugegeben haben. Und vor allem: Wie kann man das in Zukunft verhindern?
Die Befragungen werden live im Fernsehen übertragen. Damit will man die öffentliche Empörung auf der Insel über die Bonuszahlungen an die Bankmanager inmitten der Krise etwas dämpfen. Die Royal Bank of Scotland zum Beispiel, die mit 20 Milliarden Pfund (rund 23 Milliarden Euro) Steuergeldern vor dem Bankrott bewahrt werden musste und nun zu 68 Prozent in Staatsbesitz ist, wird ihren Managern 1 Milliarde Pfund Sonderzulagen für 2008 zahlen. Eine rechtliche Handhabe dagegen gibt es kaum, da die meisten dieser Prämien vertraglich festgelegt sind. UK Financial Investments, das Unternehmen, das die Staatsanteile an den Banken verwaltet, soll die juristischen Fragen klären. Gestern ist jedoch bekannt geworden, dass der Chef des Unternehmens, David Walker, von der US-Bank Morgan Stanley 1996 selbst 10 Millionen Dollar Sonderzulage kassiert hat. Er war deren Europachef.
Für 2009 will die Regierung Bonuszahlungen auf 25.000 Pfund begrenzen. Der Rest soll in Aktien ausbezahlt werden, die aber erst dann verkauft werden dürfen, wenn die Steuergelder zurückgezahlt worden sind. Das soll auch für Privatbanken gelten, die künftig die Verlustversicherung der Regierung in Anspruch nehmen. "Wir sind führend in der Welt bei der Abschaffung der Bonuskultur der Vergangenheit", prahlte Premierminister Gordon Brown am Montag. "Wir sind entschlossen, dass es keine Belohnungen mehr für Versagen gibt, sondern nur noch für langfristige Erfolge." Sein Sprecher fügte hinzu: "Brown ist wütend - sehr wütend."
Verschiedene Minister beschworen die Bankmanager, "moralisches Verantwortungsbewusstsein" an den Tag zu legen und die Prämien abzulehnen. Der frühere stellvertretende Premierminister John Prescott hat eine Online-Petition eingerichtet, die schon nach wenigen Stunden von tausenden Menschen unterschrieben wurde.
Die Bankenaufsichtsbehörde hat erklärt, dass die Rezession "tiefer und länger" als erwartet sei, weil die Bankmanager übertriebene Risiken eingegangen seien, um ihre Prämien zu sichern. Fred Goodwin, der frühere Geschäftsführer der Royal Bank of Scotland, bestreitet das. Zwar sollte man das Bonussystem unter die Lupe nehmen, räumte er ein, aber er akzeptiere den Vorwurf nicht, dass die Bonuskultur illegitime Risiken bei seiner Bank gefördert habe. Bei der gestrigen Unterhausbefragung entschuldigte er sich allerdings - ebenso wie die drei anderen Ex-Bankchefs - "bedingungslos und umfassend für das Elend, das geschehen ist". Goodwin hat in seiner zehnjährigen Amtszeit 22,5 Millionen Pfund kassiert; mehr als 13 Millionen waren Bonuszahlungen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!