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Militärspiele in Herforder MoscheeTürkische Kriegsspiele für Kinder

In einer Ditib-Moschee marschierten Kinder in Militäruniformen und mit Plastikgewehren. Nun ist die Aufregung groß.

In einer Ditib-Moschee marschierten Kinder in Militäruniformen Foto: dpa

Ein Video von Kindern, die in einer Ditib-Moschee in Militäruniformen und mit Plastikgewehren marschieren, hat am Mittwoch im nordrhein-westfälischen Herford für Aufsehen gesorgt.

Das Video wurde bei einer Gedenkveranstaltung an die Schlacht von Çanakkale aufgenommen, bei der im Ersten Weltkrieg Truppen des türkischen Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk die Alliierten zurückschlugen. Der Vorstand der Moschee räumte am Donnerstag ein, das sei ein Fehler ein und bedauerte den Vorfall.

Mit der nachgespielten Militärparade erinnerten die Kinder zwischen vier und sieben Jahren an den militärischen Erfolg von Çanakkale und die gefallenen Soldaten. Das ist in der Türkei nichts Neues: Militärische Erfolge wurden dort als Bestandteil der kemalistischen Ideologie zu jeder Zeit gefeiert. Veranstaltungen wie die in Herford häufen sich in der Türkei seit dem Putschversuch 2016. Doch der Vorfall in der Ditib-Moschee in Herford ist mehr als eine in der Türkei übliche Gedenkfeier.

Denn am 18. März 2018, dem Jahrestag des Erfolgs von Çanakkale im Jahr 1915, nahm das türkische Militär mit verbündeten syrischen Milizen die kurdische Enklave Afrin in Syrien ein. Mit Veranstaltungen unter dem Motto „Von Çanakkale nach Afrin“ stellte Staatspräsident Erdoğan einen direkten Bezug zwischen den beiden Militäroperationen her. Die türkische Außenpolitik ist bestrebt, eine Brücke zwischen der „ruhmreichen osmanischen Geschichte“ und der „neuen Türkei“ zu schlagen.

Die Veranstaltung in Herford trägt die Handschrift dieser Rhetorik der Regierung – und die Kinder wurden für deren Propaganda benutzt. An solche Bilder ist die türkische Öffentlichkeit inzwischen gewöhnt: Am 24. Februar stand Erdoğan auf der Bühne neben einem weinenden fünfjährigem Mädchen, das eine Militäruniform trug. „Wenn sie eine Märtyrerin wird, werden sie sie hoffentlich mit der türkischen Flagge bedecken. Sie ist zu allem bereit“, sagte er in die Menge. Und an das Mädchen gerichtet: „Nicht wahr?“ Diese Instrumentalisierung von Kindern widerspricht der UN-Kinderrechtskonvention.

In der Türkei der AKP-Regierung ist das Märtyrertum vor jegliche schulische Bildung getreten und das Sterben für die Nation wird fetischisiert. Zugleich wird es mit Terrorunterstützung gleichgesetzt, für den Frieden zu sein. Es wäre erstaunlich, wenn sich die Ereignisse in der Türkei nicht auf die Ditib-Moscheen, die unter der Kontrolle der Regierung stehen, übertragen hätte.

Hoffen wir, dass wir in Deutschland keine Fotos sehen müssen wie jenes aus der Türkei, auf dem Schulkinder mit Galgen in den Händen die Todesstrafe fordern.

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13 Kommentare

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  • Eine militärische Aufführung von Kindern gespielt gibt es nicht nur in türkischen Kreisen. In Amerika die Unabhänigkeitskriege werden von Kindern vorgeführt in England, Russland, Polen, Ungarn, China, Süd-Korea, Japan gibt es auch staatlich organisierte Vorführungen. Ich verstehe das für einen Menschen der noch die rosa Brille trägt und die welt nicht mehr versteht es irritierend vorkommt.

  • Hat irgendjemand was anderes erwartet. Nun werden auf deutschem Boden Kinder für einen Krieg instrumentalisiert. Naja passieren wird natürlich nichts.

    • @BluesBrothers:

      Bitte den Text in türkisch übersetzen und verteilen!

    • @BluesBrothers:

      Hallo? Religionsfreiheit!

  • Sind dies auch Fakenews ? [...]

    Die Moderation: Link entfernt. Wir wissen nicht, ob das Fake ist, wollen es deshalb auch nicht verbreiten.

  • die nicht vorhandene Einwanderungspolitik der letzten 50 Jahre führte halt dazu, dass sich speziell Türken extrem heimisch in Deutschland fühlen, da sie sich in einer 81. türkischen Provinz zu befinden wähnen. Es liegt an den türkischen Gemeinden, diesen Eindruck zu widerlegen und vielleicht sollten sie sich entscheiden, ob sie als Teil der deutschen Gesellschaft oder als verlängerter Arm Erdogans bzw. 5. Kolonne wahrgenommen werden möchten

    • @FreiheitDesGeistes:

      jepp so heimisch das man türkisches Essen ist, die Wohnung türkisch einrichtet, türkische Medien konsumiert, türkisch redet, sich nur mit seinesgleichen umgibt und einmal im Jahr in die Heimat fährt... PS: selbst wenn es nette Menschen waren, ich habe mehr als 20 Jahren neben solchen Familien gelebt. Das sind keine Deutschen, wollen die auch nicht sein. Die sind auch nach 500Jahren noch Türken (gibt da parallelen zu einer anderen europäischen Einwanderungsgruppe...) - Integration Fehlanzeige - zumindest in der Masse

  • Was der Erdogan darf, muss ich auch können dürfen. Einen Spruch raushauen. Also. Der Recep Tayyip Erdogan ist nicht nur unten beschnitten.

  • Die Auseinandersetzung mit türkischen DITIB-Islamisten muss offen in der bundesdeutschen Gesellschaft auf allen Ebenen geführt werden. Wir sollten unsere Bürger und Bürgerinnen türkischer Herkunft schon mit ihren religiösen Anschauungen und Wertvorstellungen ernst nehmen. Mit mütterlichen und väterlichen Paternalismus und bevormundenden Gutmenschentum können wir dabei kein gegenwärtiges und zukünftiges gesellschaftspolitisches Problem lösen.

     

    Fakten:

     

    ● Gut 405.000 Wahlberechtigte stimmten beim Referendum für Erdogans Verfassungsreform, nur rund 237.000 lehnten das Präsidialsystem ab. Das entspricht 63,1 Prozent für das "Ja"- und 36,9 Prozent für das "Nein"-Lager. Die Wahlbeteiligung in Deutschland lag bei 46 Prozent. In Berlin sprach sich nur eine knappe Mehrheit von 50,3 Prozent für den Plan des Präsidenten aus, während 49,7 Prozent ihn ablehnten. Mehr als 75 Prozent der Essener Türken stellten sich hinter seine Reform, beinahe 70 Prozent der Düsseldorfer. Das "Ja"-Lager lag mit jeweils 64 Prozent in Köln und Münster. In Stuttgart kamen die AKP-Befürworter auf 66 Prozent, in Nürnberg auf 55 Prozent. In Karlsruhe, München und Mainz lagen sie bei etwa 62 und 63 beziehungsweise 64,5 Prozent. – Vgl. Tagesspiegel vom 17.04.2017.

     

    ● Für die etwa 960 DITIB-Moscheen in Deutschland ist die türkische Religionsbehörde Diyanet der größte Geldgeber. Im Jahr 2017 entsendete die Türkei etwa 970 Imame. Die Imame sind Angestellte der türkischen Religionsbehörde. Die türkische Religionsbehörde beschäftigt mehr als 120.000 Angestellte und verfügt über ein Jahresbudget von 1,8 Mrd. Euro. – Vgl. in: Scharia-Kapitalismus. Econ-Verlag 2017.

     

    Analogie: Die Aufgabe der NSDAP-Auslandsorganisation war die weltanschauliche Schulung und einheitliche Ausrichtung aller Parteimitglieder auf die Belange von deutschem Volk und deutscher Nation. // “Kriegsspiele für Kinder“ - “In einer Ditib-Moschee marschierten Kinder in Militäruniformen und mit Plastikgewehren. Nun ist die Aufregung groß.“

  • Mal abgesehen von Ditib, Erdogan und Afrin: Was mögen das für Eltern sein, die ihre Kinder in modern anmutende Kriegsuniformen stecken / stecken lassen?

     

    Noch was schönes aus der Rubrik:

     

    //http://www.rp-online.de/nrw/staedte/leverkusen/erdogan-graffiti-tuerkei-setzt-leverkusen-unter-druck-aid-1.7508740

    • @R. R.:

      Na, patriotische Türken und gute Muslime.

  • "Hoffen wir, dass wir in Deutschland keine Fotos sehen müssen ...die Todesstrafe fordern."

     

    Was gibt es da zu hoffen, da kann man/frau konkret etwas dagegen tun.

    'Wo bleiben die Gegendemonstranten.

  • Wer anderes von DITIP - einer Regierungsorganisation - erwartet!

     

    Nu. Der soll sich behandeln lassen. Punkt.

    Dazu sind DITIP-Glashäuser - vulgo Moscheen -

    Verschärft wg Erdi I. da - traurig - aber wahr!

    EndeGelände