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Militärhilfe gegen RaketenabwehrWashington rüstet Polen auf

Im Gegenzug für die Stationierung eines US-Raketenschutzschilds in Polen wollen die USA Warschau mit Militärhilfen in Millionenhöhe unterstützen. Polens Regierungschef Tusk spricht von einem Durchbruch in den Verhandlungen.

Polens Premier Tusk bei US-Präsident Bush. Bild: dpa

WARSCHAU taz Polens Premier Donald Tusk hat in Washington einen diplomatischen Erfolg errungen. Präsident George W. Bush versprach ihm, dass er im Gegenzug für die Stationierung des amerikanischen Raketenabwehrschilds in Polen bereit sei, den Forderungen Polens nach massiver Militärhilfe entgegenzukommen. "Dies ist ein Beitrag zu einem System, das Polens Souveränität respektiert und das sicherstellen soll, dass die Polen keinen übermäßigen Sicherheitsrisiken ausgesetzt werden", sagte Bush im Weißen Haus.

Der liberal-konservative Tusk sprach gar von einem "Durchbruch" in den Verhandlungen mit den USA. Die Amerikaner hätten endlich begriffen, dass die Stationierung von Teilen des US-Raketenschutzschilds auf polnischem Boden die Sicherheit Polens nicht erhöhe, sondern ganz im Gegenteil schwäche. Die Raketensilos mit den zehn Abfangraketen würden demnächst ein bevorzugtes Ziel feindlicher Staaten sein. Um sich gegen mögliche Angriffe wehren zu können, müsse Polen seine Luftabwehr massiv ausbauen.

Bush habe ihm gegenüber drei wichtige Zusicherungen gemacht. Zum einen würden die USA die politische Verantwortung für das Projekt übernehmen und alles daransetzen, die russischen Bedenken gegenüber dem amerikanischen Raketenschild in Polen zu zerstreuen. Des Weiteren würden die USA Polens Forderung nach massiver Militärhilfe zur Modernisierung der polnischen Streitkräfte nachkommen. Und zum Dritten schließlich werde Washington den Bedarf Polens nach einem modernen Luftabwehrsystem prüfen und Warschau noch vor Ablauf von Bushs Amtszeit ein konkretes Angebot unterbreiten.

"Wir haben unsere Bedingungen in freundlicher, aber kategorischer Form vorgetragen", erklärte Tusk in Washington. "Mit großer Freude muss ich sagen, dass Präsident Bush den polnischen Standpunkt akzeptiert hat." Allerdings gehe es Polen nicht darum, nun auf Teufel komm raus ein schnelles Ergebnis zu erzielen: "Wir wollen ein für Polen gutes Finale aushandeln und lassen uns daher Zeit für harte Verhandlungen."

In Polen wurden Tusks Verhandlungen mit Bush mit gemischten Gefühlen verfolgt. So merkte die linksliberale Gazeta Wyborcza wohlwollend, aber leicht skeptisch an: "Die neue Regierung hatte recht: Mit Freunden lohnt es sich freundlich, aber hart zu verhandeln. Andererseits wissen wir auch nach Tusks Besuch in den USA immer noch nicht, worum es der Regierung in Sachen Schutzschild überhaupt geht."

Entweder sei Tusk gegen den Schild und versuche daher, die Verhandlungen in die Länge zu ziehen, oder er gehe davon aus, dass der nächste US-Präsident Polen noch größere Zugeständnisse machen könnte. Diese Verhandlungsstrategie berge aber das Risiko in sich, dass der Kongress die für das Projekt zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel anderweitig verplanen könne, wenn nicht bald ein Ergebnis vorliege.

Die konservative Rzeczpospolita dagegen kritisiert das "wenig diplomatische Feilschen um 100 Patriot-Raketen". Dies gefährde Polens besonders enge Beziehungen zu den USA. Sie fordert daher ganz im Sinne des vorherigen Premierministers Jaroslaw Kaczynski: "Wir sollten die Rolle des trojanischen Pferds der USA in Europa nicht aufgeben."

Ganz anders Marek Borowski von den Linken und Demokraten (LiD). Er hält die Stationierung des Schilds in Polen für einen kapitalen Fehler. "Statt den Terrorismus in einer internationalen Koalition zu bekämpfen und sich gemeinsam dem unberechenbaren Verhalten mancher Staaten entgegenzustellen, setze Polen auf eine militärische Variante, deren Erfolglosigkeit sich jeden Tag aufs Neue in Afghanistan und Irak zeige.

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