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Mikrobensieg gegen die Ölpest?

■ 100 Pfund hausgezüchtete Bakterien vor der texanischen Küste ausgesetzt / Der schwarze Teppich ist verschwunden

Galveston/Texas (ap/taz) - Knapp zwei Wochen nach der „Havarie“ des norwegischen Supertankers „Mega Borg“ im Golf von Mexiko vor der texanischen Küste ist der Teppich von 17 Millionen Liter ausgelaufenem Öl „verschwunden“. Hat ihn der Wind verdriftet? Haben ihn die Hubschrauberpiloten nicht mehr gefunden? Oder haben ihn „Killer„-Bakterien, die neue Geheimwaffe im Kampf gegen die Ölpest, aufgefressen? Genau beantworten kann diese Frage zur Stunde niemand. Hubschrauberpiloten, die am Sonntag über den mit Bojen markierten, 0,4 Hektar großen Abschnitt des Ölteppichs flogen, berichteten, da sei „ganz gewiß kein Öl mehr“ gewesen.

Ob der erste Bakterienversuch dieser Art, die sogenannte Bioremediation, wirklich ein Erfolg war, soll jetzt von Wissenschaftlern geklärt werden. Der texanische Mikrobiologe Carl Oppenheimer ist nach 15 Jahren Arbeit an seiner Theorie optimistisch. Am Freitag hatte die US-Küstenwache erstmals die Öl-Mikroben eingesetzt. 50 Kilogramm der hausgezüchteten Bakterienspezies wurden über dem ölverseuchten Wasser versprüht. Die Tierchen waren bisher nur zur Zersetzung von bereits angelandetem Öl eingesetzt worden. Sie sollen das Öl in harmlose Fettsäuren aufspalten. Die einzelnen Bestandteile würden dann als Öl-Wasser-Gemisch auf den Meeresboden absinken. Dort werde der Rest dann langsam zersetzt. Um den Erfolg der Bakterien zu dokumentieren, soll jetzt mit einem zweiten Experiment ein weiterer Teil des Ölteppichs in zwei Felder aufgeteilt werden. Der eine Teil soll unberührt gelassen werden, während der andere mit den ölfressenden Mikroben versetzt wird. Die ersten Ergebnisse werden noch im Laufe dieser Woche erwartet.

Der Brand auf dem norwegischen Tanker war am Freitag nachmittag endgültig gelöscht worden. Zuvor drohte das 295 Meter lange Ungetüm - mit seinen 144 Millionen Litern Öl an Bord - mehrfach zu zerbrechen. Von den 17 Millionen Litern ausgelaufenem Öl ist offenbar ein beträchtlicher Teil verbrannt. Dennoch ist in der Küstenstadt Galveston, die weitgehend vom Tourismus lebt, die Furcht vor einer Ölpest noch immer ungebrochen.

Das Unglück der „Mega Borg“ warf ein „grelles Licht auf den Öl-Handelsplatz im Golf von Mexico“, schrieb die 'Washington Post‘. Und weiter: „Der Golf ist mit dem Öl verheiratet.“ Direkt vor der Küste von Galveston machen in jedem Monat 80 bis 90 Tanker fest, um hier ihre Ölladung zu löschen. Ölkakatstrophen sind angesichts dieser Tankerinflation nur eine Frage der Zeit. Unter dem Eindruck des Bakterienexperiments ist die Diskussion um die Tankerseuche im Golf von Mexiko jetzt aber in den Hintergrund getreten.

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