Migranten: Alles wird integriert

Der als Alibiveranstaltung gescholtene Rat für Integration trifft sich in neuer bunterer Zusammensetzung - und verspricht einflussreicher zu werden

Testlauf abgeschlossen: Der Integrationsrat hat aus Fehlern gelernt Bild: DPA

Eine iranische BWL-Studentin. Eine indische Nonne. Ein Diplombiologe aus Togo, der sich seit seiner Einbürgerung als "schwarzer Deutscher" bezeichnet. Eine russische Physik-Lehrerin, die in Deutschland nicht arbeiten darf. Jemand, der seine "serbischen Wurzeln" nennt. Frauen und Männer aus Polen, Tschechien, Kamerun, Marokko, der Türkei. Manche von ihnen leben schon so lange in Deutschland, dass sie ihr Engagement im Bremer Rat für Integration nicht mehr mit ihrem Herkunftsland begründen - oder dem ihrer Eltern. Sie wollen, so sagen einige in der Vorstellungsrunde, einfach nur das Zusammenleben der Kulturen in Bremen und Bremerhaven verbessern.

Rund 90 Menschen sind am Mittwoch Abend ins DGB-Haus am Bahnhof gekommen, zur ersten Sitzung des neu zusammengesetzten Gremiums. Nur 28 dürfen abstimmen, was zunächst zu Verwirrungen führt, weil auch fast alle Stellvertreter und Stellvertreterinnen anwesend sind. Dies ist eine der Neuerungen, die verhindern soll, dass die Sitzungen nur von einer Handvoll von Leuten besucht werden wie in den vergangenen fünf Jahren. Gelungen scheint auch der Versuch, über die Stellvertreter-Regelung den Rat weniger von Deutschen ohne jeglichen Migrationshintergrund dominieren zu lassen. Gescheitert ist dagegen das Vorhaben, den Rat zu verkleinern. Stattdessen ist er sogar gerade noch einmal größer geworden: Ab der nächsten Sitzung soll auch die jüdische Gemeinde Stimmrecht haben, das hat die Sozialdeputation entschieden, nachdem der Rat sich im Januar dagegen entschieden hatte.

"Ich habe ein gutes Gefühl", sagt am Ende der Sitzung Reyhan Savran vom Türkischen Elternverein, der Zentralelternbeirat hat ihn zu seinem Vertreter bestimmt. "Dieses Mal bildet der Rat wirklich die Gesellschaft ab." Die anderen Mitglieder nicken zustimmend, auch Claude Kenfack. Der Student aus Kamerun hatte für den letzten Rat kandidiert, doch er hatte keine Chance. Sieben von 25 Plätzen wurden 2004 in einer Wahl vergeben, sie gingen alle an Türken und Türkinnen, schlicht weil diese die meisten Unterstützer mitgebracht hatten. "Aus Enttäuschung habe ich dann erst einmal gar nichts mehr gemacht", erzählt Kenfack, der die Wahlen mit vorbereitet hatte. Erst jetzt ist er wieder dabei, als einer von acht "in der Integrationsarbeit besonders erfahrenen Personen", wie es in der Satzung heißt. Er hofft auf einen Platz im fünfköpfigen Vorstand, der - so die Hoffnung derer, die schon länger dabei sind - sich häufiger als früher in Debatten einmischen wird. Und dabei auch mal unbequem wird.

Doch die für Mittwoch angesetzten Vorstandswahlen wurden auf den September verschoben. "Wir sollten uns erst einmal besser kennen lernen und klären, was wir erreichen wollen", hat Ulrike Brunken vom Paritätischen Bildungswerk ihren Antrag begründet. Noch eine Lehre aus der letzten Rats-Periode, deren einziges Ergebnis der mit 2.000 Euro dotierte "Preis für Integration" ist. Auf einem Klausurtag wollen die Ratsmitglieder jetzt ihr Selbstverständnis diskutieren und Themen setzen. Eins davon, sagt die als Medienvertreterin entsandte Radio-Bremen-Redakteurin Libuse Cerna, wird die Finanzausstattung des ehrenamtlichen Rats sein. 40.000 Euro zahlt das Land derzeit für Tagungen, Raummieten, eine Zeitschrift, Fahrkosten und Sitzungsgeld: 15 Euro pro Person.

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