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„Mieter sind durch den Wind“

■ Rechtsanwalt Wilfried Lehmpfuhl im Interview: Mit dem Verkauf des Bauvereins zu Hamburg drohen noch mehr Wohnungsumwandlungen

taz: 2000 Hamburger Wohnungen als Spekulationsobjekte an der Börse: Was soll das?

Willi Lehmpfuhl: Das sind unternehmenspolitische Zielsetzungen. Die Wünsche AG orientiert sich völlig um. Sie geht weg von Futtermitteln und Konserven hin zu Lifestyle und Mode. Das kostet ein paar Mark. Ein Weg ist, an die Börse zu gehen.

Viele Mieter fürchten, daß die Mietwohnungen dann in Eigentumswohnungen umgewandelt werden.

Die Sorge ist berechtigt. Die Wünsche AG plant offenbar Wohnungsneubau und -modernisierung in den neuen Bundesländern. Dazu braucht sie Geld. Deswegen wird sie die Hamburger Wohnungen, also die Ladenhüter, die ihr nur Kosten verursachen, versilbern wollen. Es werden schon jetzt ständig Wohnungen verkauft.

Wo denn?

Wir haben Kontakt zu zwei Siedlungen – die Alsterhöhe mit circa 170 Wohnungen und das Eilbektal mit 90 Wohnungen –, wo die Mieter völlig durch den Wind sind: Ihnen soll nach dem Verkauf kein lebenslanges Mietwohnrecht garantiert werden.

Wie können sich Mieter wehren?

Sie sollten sich organisieren. Der normale Kündigungsschutz reicht nicht. Er gewährt Mietern nach einem Verkauf nur eine Karenzzeit von zehn Jahren. Danach kann das dann munter losgehen mit den Eigenbedarfskündigungen. Wichtig ist also, für ein lebenslanges Mietwohnrecht zu streiten, das in einem Zusatzvertrag zum Mietvertrag verankert werden muß. Wird es nur im Kaufvertrag festgeschrieben, erlischt es beim Weiterverkauf der Wohnung. Ebensowenig Sinn hat es, das Wohnrecht im Grundbuch eintragen zu lassen. Das würde den Mieter in eine eigentümerähnliche Position bringen. Folglich müßte er sich auch an Reparaturkosten beteiligen.

Kann man solche Verträge erzwingen?

Nein. Das geht nur über öffentlichen Druck.

Die Stadt hat keinen Einfluß?

Doch. Sie müßte viel mehr soziale Milieuschutzverordnungen erlassen. Damit könnte sie die Umwandlung verbieten oder an Bedingungen knüpfen. Im Grunde genommen müßte das überall dort geschehen, wo Ältere und sozial Schwache zu relativ günstigen Mieten seit vielen Jahren in attraktiver Lage wohnen – also dort, wo die Gefahr besteht, daß Mieter rausgedrängt werden. Derzeit haben wir große Sorge in Altona, Bramfeld und, man glaubt es kaum, Steilshoop.

Was ist denn das Interesse an einer Umwandlung?

Man kann Wohnungen einzeln zu einem erheblich höheren Preis verkaufen als siedlungsweise. Uns sind Preisunterschiede von bis zu 100 Prozent bekannt.

Warum kaufen die Mieter nicht Aktien, um das zu verhindern?

Der Einzelaktionär hat kaum Einfluß. Und ich denke, daß niemand 380 Millionen Mark – das ist der angebliche Börsenwert des Bauvereins – übrig hat, um den Bestand komplett aufzukaufen.

Was sind das für Wohnungen?

Das ist bunt gemischt und über die ganze Stadt verteilt. Zum Teil sind es preisgekrönte Wohnungen mit wunderschöner Architektur. Es gibt viele Altbauten aus den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts, dann aber auch viele Wohnblöcke aus den 60er Jahren. Die Keimzelle des Bauvereins ist die Siedlung Alsterhöhe in Hummelsbüttel.

Wer sind die Mieter?

Überwiegend ältere Leute, viele Einkommensschwache, Menschen jedenfalls, die nie im Leben auf die Idee kämen, ihre Wohnung zu kaufen. Fragen: Heike Haarhoff

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