Mietendeckelrechner: Miete senken leicht gemacht
Der Mietendeckel enthält in seinem aktuellen Entwurf die Möglichkeit von Mietsenkungen. Doch wer wird seine Miete wirklich senken können?
Und Julian Zado, stellvertretender SPD-Landesvorsitzender und einer der Ideengeber eines Deckels merkte an, die Absenkung gehe über die ursprüngliche Intention hinaus; Schwerpunkt der SPD sei es, den Mietendeckel rechtssicher zu gestalten, also im Zweifelsfalls ohne die Möglichkeit der Mietabsenkung.
Gegen die sozialdemokratische Mutlosigkeit und Bedenkenträgerei steht indes zweierlei: Erstens ein gültiger Senatsbeschluss, der die Absenkungsoption beinhaltet. Zweitens die daraus resultierende Erwartungshaltung der MieterInnen. Diese dürfte nun sogar noch gesteigert werden, durch ein Tool, das der Mietenaktivist Tilman Miraß am Montag veröffentlicht hat: der Mietendeckelrechner. Auf der gleichnamigen Website braucht es nur wenige Klicks, um zu erfahren, ob man seine Miete reduzieren darf – sofern es bei dem Gesetzesentwurf bleibt.
Anhand der Informationen über Baujahr des Hauses, aktueller Miete, Nebenkosten, Größe und Ausstattung der Wohnung sowie dem Haushaltseinkommen, zeigt der Rechner an, ob und um wie viel die eigene Miete abgesenkt werden kann.
Viele Lücken
Ein Beispiel: Ein Zwei-Personen-Haushalt mit einem gemeinsamen Nettoeinkommen von 2.000 Euro, könnte die 800-Euro-Miete in der sanierten 65-Quadratmeter-Altbauwohnung um ganze 189,75 Euro absenken. So gut sich das anhört: Die meisten MieterInnen werden wohl folgendes Ergebnis erhalten: „Leider hast du voraussichtlich keinen Anspruch auf Mietabsenkung.“
Drei Bedingungen müssen erfüllt sein: Die Miete muss über den definierten nach Baujahr variierenden Oberwerten liegen; die Wohnungsgröße muss angemessen sein und das für die Miete aufgewendete Nettohaushaltseinkommen 30 Prozent übersteigen. Vermutlich deutlich weniger als zehn Prozent der MieterInnen erfülle all das, geht aus einer Untersuchung des Soziologen Sigmar Gude für die Initiative Mietenvolksentscheid hervor.
„Wir wollen mit dem Rechner zeigen, wie löchrig der diskutierte Entwurf des Mietendeckels ist“, sagt Miraß. Eine Verschärfung ist für ihn und viele organisierte MieterInnen noch nicht vom Tisch. Am 3. Oktober wollen sie für einen „richtigen Deckel“ auf die Straßen gehen.
Kurz darauf wird eine Untersuchung von Miraß die Notwendigkeit eines radikales Markteingriffs noch einmal deutlich zeigen. Das Projekt Mietenwatch, das ab 8. Oktober veröffentlicht wird, ist die bislang wohl umfassendsten Untersuchung der Wiedervermietungspreise in der Stadt. Die taz und die Berliner Zeitung werden exklusiv darüber berichten.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
Lindner und die FDP verabschieden sich aus der Politik
Sauerland als Wahlwerbung
Seine Heimat
Pragmatismus in der Krise
Fatalismus ist keine Option
Erstwähler:innen und Klimakrise
Worauf es für die Jugend bei der Bundestagswahl ankommt
Totalausfall von Friedrich Merz
Scharfe Kritik an „Judenfahne“-Äußerungen
Wahlergebnis der AfD
Höchstes Ergebnis für extrem Rechte seit 1945