Mieser Brandschutz in der Universität: Uni-Turm bald ohne Erlaubnis
Weil Brandschutzmaßnahmen über Jahre aufgeschoben wurden, steht nach 2016 die Totalsanierung des Philosophenturms an. Studierende müssten ausweichen
HAMBURG taz | Er möchte bitte wissen, „wann diese Ruinen, die sich Universität nennen, renoviert werden“, fragte Uni-Präsident Dieter Lenzen kürzlich auf einer Pressekonferenz. Es gebe einen Investitionsstau von 630 Millionen Euro. Der Philosophen-Turm dürfe laut Bauamt nur bis 2016 genutzt werden.
Tatsächlich gibt es offenbar die Auflage der Feuerwehr, dieses zentrale Gebäude der Geisteswissenschaften einer Grundinstandsetzung zu unterziehen. Doch konkrete Information, was an diesem Hochhaus, das schon die Zeiten der Außerparlamentarischen Opposition (APO) überstanden hat und von außen tipptopp renoviert aussieht, nicht in Ordnung ist, werden nur spärlich preis gegeben.
„Die Betriebserlaubnis für die Nutzung des Philosophenturms erlischt 2016“, teilt die Uni-Pressestelle mit. Damit der Turm bis dahin genutzt werden kann, liefen derzeit „Kompensationsmaßnahmen zur Sicherstellung des Betriebs“, die mit Feuerwehr, Bezirksamt und Wissenschaftsbehörde abgestimmt seien, so Sprecherin Christiane Kuhrt.
Dazu zählten Erneuerung und Erweiterung der „Brandmeldeanlage“ und der Austausch vorhandener Türen in den Treppenhäusern durch Brandschutztüren. „Für die Zeit nach 2016 haben wir keine Information“, schreibt Kuhrt. Dies falle „in die Zuständigkeit der Behörde“.
Auf die Frage, ob das Haus, in dem täglich hunderte von Studierenden ein und aus gehen, in einem Jahr noch benutzt werden könne, antwortet die Wissenschaftsbehörde mit „ja“. Sie verweist auf oben erwähnte „Sofortmaßnahmen“ mit den Türen. Seien die umgesetzt, könne das Gebäude „bis zur Grundsanierung weiter genutzt werden“. Es sei klar, dass wegen noch notwendiger Planungen diese erst „nach 2016 beginnen kann“.
Doch diese Grundsanierung schiebt die Stadt schon seit zehn Jahren vor sich her, wie der Blick in eine alte schriftliche Anfrage des SPD-Politikers Jan Quast vom Januar 2004 verrät. Schon damals gab es eine Liste mit 14 Mängeln, die Brandschützer der Feuerwehr und ein TÜV-Gutachter aufgestellt hatten.
Neben Türen und Meldern ging es auch um Flurwände, die „nicht rauchdicht und nicht feuerbeständig bis zu Rohdecke hochgezogen“ sind, Stahlbetondecken, die wegen ihrer zu geringen Betonüberdeckung nicht die vorgeschriebene „Feuerbeständigkeit F 90“ haben und „nicht zulässige Brandlasten (Kabel etc.)“, die sich über den abgehängten Decken der Flure befinden.
Neun dieser 14 Mängel sind laut Uni-Sprecherin „schon ganz oder in weiten Teilen“ behoben. Nicht dabei sind eben jene Baumaßnahmen an Decken, Böden und Fluren. Diese wurde, wie eine Quast-Anfrage aus dem Jahr 2005 verrät, nur im Bereich des Haupttreppenhauses beseitigt.
Unterm Strich könne man sagen, dass alle Maßnahmen, die die Uni zu ergreifen hatte, ausgeführt wurden, schreibt Kuhrt. Die größeren Maßnahmen, die in Verantwortung der Behörde liegen, „stehen noch aus“.
Die Zeit drängt ein bisschen. Spätestens bis 2018/19 würde die Feuerwehr auf eine komplette Innensanierung bestehen, hört man aus Unikreisen. Wie das gehen soll, ist offenbar noch ziemlich unklar. Im Hamburger Haushalt sind dafür keine Mittel veranschlagt. Auch nicht für andere Gebäude des Hauptcampus am Von-Melle-Platz. Nur an der Bundesstraße wird für die Naturwissenschaften neu gebaut.
Derzeit wird das Geomatikum grundmodernisiert und durch ein Nebengebäude vergrößert. Das Geld dafür wird auf einem ganz neuen Finanzierungsweg bereit gestellt: Bau und Immobilie übernehmen eine städtische Baugesellschaft. Die Uni Hamburg wird für den 190-Millionen-Neubau nach Fertigstellung rund elf Millionen Euro Miete im Jahr zahlen, die sie von der Stadt überwiesen bekommt.
Für diese „Kraftanstrengung“, so der Sprecher der Wissenschaftsbehörde, werde auch eben jener „Spielraum“ genutzt, der durch die Übernahme der Bafög-Zahlungen durch den Bund entsteht.
Nach eben diesem neuen „Mieter-Vermieter-Modell“, so erklärt es die Behörde, soll auch die nötige Modernisierung des Phil-Turms realisiert werden. Doch dafür bedürfe es eines „abgestimmten Nutzungskonzepts“, das „zurzeit in Arbeit“ sei. Das Präsidium der Uni Hamburg erklärt daraufhin, ihm sei dieser Plan noch nicht bekannt.
Dora Heyenn, Hochschulpolitikerin der Links-Fraktion in der Bürgerschaft, sieht das „Mieter-Vermieter-Modell“ sehr kritisch. Die Verfügbarkeit der Gebäude werde für die Hochschulen eingeschränkt. Nach Ablauf des ersten Mietvertrags in 20 Jahren könnten die Häuser gar an andere Nutzer vermietet werden. Am Beispiel eines Labor-Neubaus am Desy-Campus in Bahrenfeld könne man zudem absehen, dass dieses Verfahren die Bauten teurer machte.
Aber immerhin scheint der Senat überhaupt bereit zu sein, an der Uni zu bauen. Noch offen ist auch, ob der Turm dann bei laufendem Betrieb modernisiert oder geräumt wird. Letzteres ginge schneller und sei weniger belastend, heißt es aus der Behörde.
Eine Option ist, dass die Nutzer währenddessen in die City-Nord ins Gebäude des gerade in die Hafen-City umgezogenen Architektur-Fachbereichs ziehen. Auch die Nutzung des alten Postgebäudes an der Schlüterstraße kommt als mögliches Ausweichquartier infrage.
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