Mickey Rourke erhält Golden Globe: Ein preisgekrönter Maulheld
In "The Wrestler" spielt Mickey Rourke sein eigenes Leben nach – nur als Boxer. Mit dem Film ist er dort angekommen, wo er in den Achtzigern schon einmal war: ganz oben.
Es kommt bei Filmgalas wie der Verleihung der Golden Globes eher selten vor, dass ein Gewinner seinen Hunden dankt. In all den Jahren der Einsamkeit seien die Vierbeiner oft seine einzigen Freunde gewesen: Mickey Rourke, der für seine Leistung in Darren Aronofskys "The Wrestler" am Sonntag mit dem Preis von Hollywoods Auslandspresse ausgezeichnet wurde, weiß, wovon er spricht. Nach etlichen Jahren im Aus ist dem Maverick unter den US-Stars ein fulminantes Comeback geglückt.
Die Rolle des Wrestler-Veteranen Randy "The Ram" Robinson ist für Rourke nicht irgendein Part. Denn vieles an dem abgehalfterten Showkämpfer, der sich immer noch mit vollem Körpereinsatz in den Ring wirft, erinnert an die Laufbahn des Schauspielers: Wie Rourke hatte er seine Glanzzeit in den 80er-Jahren. Doch der Ruhm dieses Kolosses, dessen Körper die Male seiner Großtaten trägt, ist seitdem verblichen.
Mickey (eigentlich: Philip André) Rourkes Karriere erlebte ähnliche Höhen und Tiefen. Anfang der 80er-Jahre gehörte er dem Brat Pack an, einer neuen Generation von Schauspielern wie Matt Dillon, John Cusack oder Sean Penn, von denen sich der 1953 geborene Sohn eines Hausmeisters schon damals durch seine körperliche Präsenz abhob. In Ensemble-Filmen wie Barry Levinsons "Diner" und Francis F. Coppolas "Rumble Fish" spielte er Außenseiter mit einer intuitiven Lässigkeit, die ihm sogar Vergleiche mit Marlon Brando einbrachte.
Mickey Rourkes Popularität wuchs in den Reagan-Jahren kontinuierlich, vielleicht weil er dieser Ära der Konformität eine Ahnung von Rebellentum gab. Als sexuell durchgeknallter Yuppie in "9 1/2 Wochen" traf er punktgenau den Zeitgeist, er kämpfte gegen Teufel Robert de Niro in "Angel Heart" und verhalf dem Schriftsteller Charles Bukowski in "Barfly" mit fettigen Haaren zu einem gültigen Abbild. Im Herzen blieb Rourke jedoch ein Boxer – ein Lebenstraum seit früher Jugend –, der immer wieder mit seinen Geraden auf das Hollywood-Establishment zielte.
Frauengeschichten, Drogenkonsum und die Entscheidung, wieder in den Ring zu steigen, ließen ihn dann beinahe ein ganzes Jahrzehnt lang zu Boden gehen. Als Liebling der Connaisseure spukte Rourke - nach kosmetischen Operationen merkbar verunstaltet - erst Anfang 2000 wieder in Nebenrollen durchs Kino (Sin City). Ein Maulheld blieb er, wie jüngst seine Angriffe gegen Golden-Globe-Mitbewerber Sean Penn demonstrierten. Er muss sich sehr nach der Anerkennung gesehnt haben. Die besten Geschichten schreibt immer noch das Leben: Jetzt ist sogar der Oscar in Griffweite.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich