piwik no script img

Mick Jagger im StadionDer Wiederholungstäter

Im Internet haben brasilianische Fans eine kuriose Erklärung für das Ausscheiden der Seleção: Mick Jagger hat die Mannschaft verflucht.

Ein Jagger aus Pappe und im Kolumbien-Trikot: Brasilianische Fans wollen im Viertelfinale den Fluch auf den Gegner lenken. Bild: dpa

Mick Jagger ist schuld. Es kann nicht anders sein. Als am Dienstagsabend Brasilien mit 1:7 gegen Deutschland unterlag, war das kein fußballerisches Versagen. Es war nicht die Niederlage einer Mannschaft, deren Wille Tor um Tor weiter gebrochen wurde. Nein, es war Hexerei und Mick Jagger ist der Schöpfer dieses Teufelswerks. Der Sänger der Rolling Stones saß mit seinem Sohn in Belo Horizonte auf den Zuschauerrängen und hatte sich mit Brasilien ein weiteres Opfer ausgesucht.

Seit der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika steht Jagger unter Verdacht, Unglück und Verderben über das jeweilige Team zu bringen, dem er im Stadion seinen Zuspruch schenkt. Mit Bill Clinton verfolgte er damals das Achtelfinale zwischen USA und Ghana – die USA flogen raus. Sechs Tage später trug er beim Viertelfinale ein Brasilien-Shirt – die Seleção verlor gegen die Niederlande.

Auch bei der WM in Brasilien schlug der Jagger-Fluch schon mehrmals zu. Während eines Konzerts Ende Mai in Lissabon rief er dem Publikum zu, Portugal könne die WM gewinnen. Nichts da, Aus nach der Gruppenphase. Den Stones-Fans in Rom versicherte er, Italien würde Uruguay packen; die englische Mannschaft feuerte er auf Twitter an: „Let's go England! This is the one to win!!“ Beide Teams verloren. Was gibt es hier noch zu bezweifeln?

So sehen es auch die brasilianischen Fans. Jaggers Sohn trug im Stadion ein Brasilien-Trikot, der Vater hatte also mal wieder die Hand im Spiel, wenn auch über Umwege. Für die Fans ist der Sänger als Wiederholungstäter entlarvt, weshalb ihm im Internet gerade ein Shitstorm entgegen bläst. Seine Anwesenheit war es, die das Debakel der Mannschaft heraufbeschwor.

Er selbst sagte zu den Vorwürfen, dass er – wenn überhaupt – die Verantwortung für das erste Tor der Deutschen übernehme. Die anderen sechs Stück seien aber nicht sein Verschulden. Eine Schutzbehauptung! Die Mutter von Jaggers Sohn Lucas, das brasilianische Model Luciana Giminez, nahm ihren ehemaligen Liebhaber auf Instagram in Schutz: Mick Jagger werde gerade Opfer von Internetmobbing, dabei sei er ein Mensch wie jeder andere auch. Wer's glaubt!

Ein Stadionverbot muss ausgesprochen werden gegen Mick Jagger. Das ist Wettbewerbsverzerrung, was dieser Mann macht. Was aber, wenn er beim Endspiel nicht im Stadion sitzt? Und was, wenn er sich im Vorfeld nicht zum Spiel äußert, keine Mannschaft favorisiert? Dann herrscht akuter Erklärungsnotstand – wessen übersinnlichen Kräften wäre es dann zuzuschreiben, dass eine der beiden Mannschaften als Verlierer vom Platz geht?

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Muss die taz jeden groben Unfug mitmachen und verbreiten?