Michael Braun über fragwürdige Bankenrettungen in Italien: Steuerzahler soll einstehen
Rettung“: Das klingt eigentlich immer gut. Schließlich wird da Schaden abgewendet, wird Schlimmeres verhindert. Dennoch sind Zweifel angebracht, ob Italiens Regierung sich wirklich als Bay Watcher des nationalen Bankensystems betätigen soll, konkret: ob der jetzt aufgelegte Rettungsplan für die beiden Bankhäuser des Veneto im Interesse der italienischen Bürger ist.
Die Zweifel rühren zunächst einmal daher, dass hier eine Ausnahme von den europäischen Bankenregeln gemacht wird, die Staatshilfen eigentlich untersagen. Und gerade in Deutschland werden die Zeigefinger jetzt wieder gehoben, wird über die „unseriösen“ Italiener lamentiert. Darüber gerät in Vergessenheit, dass der deutsche Staat seinerseits in der Finanzmarktkrise Abermilliarden in sein Bankensystem gepumpt hatte.
Dies jedoch ändert nichts an dem berechtigten Vorwurf, dass auch jetzt wieder die Steuerzahler für die Misswirtschaft der Banken mit Milliardenbeträgen einstehen müssen, während zumindest ein Teil der Anleger Schonung erfährt. Eine Schonung, die Italiens Regierung mit der „systemischen Rolle“ der beiden Bankhäuser aus dem Veneto für die Wirtschaft ihrer Region begründet.
Zusammen mit der Rettung der toskanischen Monte dei Paschi di Siena (MPS) kostet der Spaß die Steuerzahler mindestens zwölf, im schlechteren Falle mehr als 20 Milliarden Euro. Gewiss, an den Banken hängen Arbeitsplätze, 10.000 im Veneto, mehr als 20.000 bei MPS. Wieso aber soll die Allgemeinheit jenen Anlegern das Risiko abnehmen, die sich beim Kauf ihrer Obligationen von attraktiven Zinsen locken ließen?
Nicht alle von ihnen wurden am Schalter über den Tisch gezogen. Und weiterhin gilt das starke Argument für die europäischen Bail-in-Regeln: Es gibt schier keinen Grund, dass Investitionen in Banken gleichsam risikolos erfolgen, dass die Gewinne privatisiert, die Verluste dagegen verstaatlicht werden.
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