Miami ist US-Basketballmeister: Und Geld gewinnt doch Titel
Sieben Spiele Dramatik bot die Finalserie der NBA. Am Ende setzte sich Miamis Starpower gegen die grundsoliden alten Männer aus San Antonio durch.
Der Traurigste unter den Todtraurigen war Manu Ginobili. „Es ist eine sehr feine Linie zwischen Gefeiertwerden und sich wie Scheiße fühlen“, sagte der argentinische Basketballprofi und setzte seinen teilnahmslosesten Ausdruck auf, um seine Enttäuschung zu verbergen.
Tatsächlich waren Ginobili und die San Antonio Spurs sehr nah dran am NBA-Titel, den schlussendlich doch die Miami Heat um LeBron James gewannen. So nah, dass Tim Duncan, der überragende Spieler der Spurs in dieser Finalserie, mit leeren Blick sagte: „Diese siebte Spiel wird mich womöglich für immer verfolgen.“
Es war der Schlusspunkt einer denkbar dramatischen Finalserie. Sechs Spiele lang hatten sich Miami und San Antonio nichts geschenkt, hatten unmögliche Würfe in nahezu letzter Sekunde getroffen, an der Grenze des Erlaubten und darüber hinaus verteidigt, die taktischen Überraschungen des Gegners immer wieder gekontert und ein halbes Dutzend unwahrscheinliche Helden hervorgebracht.
Helden wie Danny Green, der noch im vergangenen Jahr durch die unterklassige D-League tingelte, aber nun für die Spurs einen neuen Finalserien-Rekord mit 27 verwandelten Dreipunktewürfen aufstellte. Helden wie Ray Allen, der diesen Rekord zuvor gehalten hatte und sich im gesegneten Basketballer-Alter von 37 Jahren mit einer Rolle als Ergänzungsspieler begnügen muss, aber trotzdem den vielleicht wichtigsten Wurf seiner ruhmreichen Laufbahn traf, mit dem er Miami in Spiel sechs in die Verlängerung rettete.
Showdown der Topspieler
Doch am Ende des siebten Spiels, als es um alles ging, wurde der Mannschaftssport doch zum Showdown der beiden zentralen Akteure: auf der einen Seite LeBron James, der beste Spieler dieser Tage, auf der anderen Tim Duncan, vielleicht der beste Power Forward aller Zeiten, aber nun im Abendrot seiner Karriere.
Es waren noch 50 Sekunden zu spielen, da hatte Duncan die Möglichkeit, das Spiel auszugleichen, aber er vergeigte den Hakenwurf aus kaum zwei Metern Entfernung, sonst eine leichte Übung für ihn. Das Publikum stöhnte überrascht und erleichtert auf, dann explodierten die 20.000 in Miami, der gewöhnlich so stoische Duncan fasste sich erschüttert an den Kopf. Zwölf Sekunden später versenkte James in aller Seelenruhe einen Sprungwurf aus der Halbdistanz und der Titel war vergeben, Miami zum zweiten Mal in Folge NBA-Champion.
Die Sieger waren anschließend voll des Lobes und ehrlicher Anerkennung für den Verlierer. Die Spurs, so Heat-Trainer Erik Spoelstra, seien „ein Klub mit Klasse“ und dieses Finale „die härteste Serie gewesen, die wir jemals gespielt haben“. Auch James und sein Co-Star Dwayne Wade sprachen von der bislang größten Herausforderung, den dieses Team bislang zu bewältigen hatte. In Miami scheint man sich nicht daran erinnern zu wollen, dass diese Mannschaft, die vor drei Jahren mit viel Geld zusammengestellt wurde, um Meisterschaften in Serie zu gewinnen, beim ersten Anlauf 2011 an den Dallas Mavericks mit Dirk Nowitzki gescheitert war.
Erfolgreicher Hort der Ödnis
Nach der Titelverteidigung ist das umstrittene Vorhaben endgültig aufgegangen: Die Miami Heat haben bewiesen, dass man Titel kaufen kann. Das Gegenmodell dagegen hat eine Niederlage erlitten. San Antonio dürfte der am solidesten geführte Klub in der NBA sein, ein Hort der Ödnis in einer Glamour-Liga, hat aber trotzdem viermal den Titel geholt in den vergangenen 14 Jahren.
Der Kern der Mannschaft mit Duncan, Ginobili und Aufbauspieler Tony Parker scheint schon seit dem Kindergarten zusammen zu spielen, aber muss nun doch dem Alter Tribut zollen. Die große Zeit der San Antonio Spurs, das schien der stillschweigende Konsens nach dieser enttäuschenden Niederlage, ist endgültig vorbei.
Nur Tony Parker, mit 31 der jüngste des Spurs-Trios, wehrte sich, darauf angesprochen, noch gegen diese allgegenwärtige Stimmung: „Ich kann nicht glauben, dass diese Frage gestellt wird“, erzürnte sich der Franzose. „Seit fünf, sechs Jahren heißt es schon, wir wären zu alt. Ich werde diese Frage nicht beantworten.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen