piwik no script img

Merkels verärgerter Anruf beim PapstEuropa, eine „unfruchtbare Frau“

Der Papst vergleicht Europa mit einer unfruchtbaren Großmutter, die Kanzlerin beschwert sich. Wegen der Kritik an Europa?

Wird zwar „Mutti“ genannt, hat aber gar keine Kinder: Angela Merkel. Foto: dpa

Kurz nach seiner Rede vor dem EU-Parlament im Jahr 2014 klingelt Papst Franziskus‘ Telefon. Am Apparat ist eine verärgerte Angela Merkel, „weil ich Europa mit einer unfruchtbaren Frau verglichen habe'‘, so der Papst. Handelt es sich dabei vielleicht nur um eine unglückliche Formulierung des Vertreters Gottes auf Erden? Ein Patzer?

Fruchtbarkeit oder Fertilität wird im Medizinerlexikon als Fähigkeit, Nachkommen hervorzubringen, bezeichnet. Im Falle einer Frau bedeutet es „zu empfangen, auszutragen und zu gebären'‘. Für die katholische Kirche ist Fruchtbarkeit eine von drei Säulen der Ehe. Vor allem dient sie dem Zweck der Weitergabe des Lebens. Demnach gefällt Jesus Unfruchtbarkeit nicht – besonders wenn sie bewusst entschieden ist.

Man muss über die Formulierung des Papstes also nicht gerade staunen. Denn für die katholische Kirche entspricht eine unfruchtbare, ausgezehrte Frau nun mal nicht dem Idealbild der Eva. Deswegen auch die Metapher der „Großmutter, die nicht mehr fruchtbar und lebendig ist'‘, um den schlechten Zustand Europas zu beschreiben.

Und an welche Frau denken wir als Erstes, wenn das Wort „Europa“ fällt? Genau, kein Wunder also, dass Merkel bei der Kritik des Papstes zum Hörer greift – zufällig hat die Regierungschefin auch keine Kinder.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Um Großmutter zu sein muss eine Frau erst einmal Mutter geworden sein. Und das bewiese schon, dass sie fruchtbar war, bevor sie im Alter dem biologischen Ablauf folgend nicht mehr fruchtbar sein kann.

  • Gott will, dass alle Menschen glücklich sind. Das ist der Bibel zu entnehmen. Darum ist es zumindest seltsam und unverständlich, dass der Papst so eine herabwürdigende Äußerung – gegenüber den Frauen, die keine Kinder bekommen können – sich erlauben durfte.

  • Vielleicht war es auch eine versteckte Kritik an Klerus und Zölibat: bewusste Unfruchtbarkeit, alte Opas in Frauenkleidern ...?