Merkel und Cameron auf der CeBIT: Das Skandälchen vermieden
In der NSA-Affäre gibt der britische Geheimdienst GCHQ ein negatives Bild ab. Auf der Computermesse traten Merkel und der britische Premier dennoch gemeinsam auf.
HANNOVER dpa | Als es hätte heikel werden können, war David Cameron auf einmal weg. Beim traditionellen Messerundgang auf der weltgrößten Computermesse CeBIT in Hannover stand Kanzlerin Angela Merkel am Montag ohne den Regierungschef des diesjährigen CeBIT-Partnerlandes am Secusmart-Stand.
Ausspähen von Kanzlerhandys? Der Spezialist für Sprachverschlüsselung, der auch den Bund beliefert, zeigte ihr, mit wie wenig Aufwand sichere Kommunikation machbar ist. Die Kanzlerin war beeindruckt, fragte aber etwas skeptisch mit Blick auf das Demo-Gerät: „Also ich kann nun eine Krypto-Konferenz mit dem Ding machen?“
Sie kann – und noch manches mehr. Auf der Computermesse wiesen ausgewählte Unternehmen auf die vielen Möglichkeiten der digitalen Welt hin, die bereits in der Industrie allgegenwärtig ist. Bei strahlendem Frühlingswetter gab es für die Computermesse einen Bilderbuchstart. Begleitet von einem Medien-Tross aus Kameraleuten, Fotografen und Journalisten zog Merkel durch die Hallen. Hier ein kurzer Video-Gruß ins Netz, dort eine Botschaft an die Mitarbeiter.
Bei der ersten Hälfte war sie noch in Begleitung von Cameron, der für den Schulterschluss mit Deutschland beim Ausbau eines digitalen Europas warb. Der leidige NSA-Ausspähskandal, in den auch der britische Geheimdienst GCHQ verwickelt war, blieb unerwähnt.
„Dass Großbritannien heute hier Partnerland ist, ist ein guter Schachzug der CeBIT gewesen“, meinte Merkel zum Ende des Rundgangs. Auf der politischen Ebene gebe es noch einiges zu tun beim Weg ins digitale Europa. Höflich im Ton klang der Abhörskandal nur in Anspielungen an.
Mehr Schutz für Infrastruktur
Dabei lautet das Top-Thema der Messe diesmal „Datability“ und zielt auf den verantwortungsvollen Umgang mit großen Datenmengen ab. Und Großbritannien hat im Vorjahr auch mit seinem gigantischen Datensammel-Programm Tempora Schlagzeilen gemacht, das vom Informanten Edward Snowden enthüllt wurde. „Ich denke, der Schutz von Infrastruktur wird in den nächsten Jahren noch weiter zunehmen“, meinte Merkel beim Cyber Security Lab des Sicherheitssoftware-Spezialisten Kaspersky, das sich auf den Schutz gegen Industriespionage konzentriert.
Eins der Schwerpunktthemen der diesjährigen CeBIT, die Förderung junger IT-Unternehmen (Start-ups), liegt ihr ebenfalls am Herzen. „Wir müssen uns sicherlich weiter Gedanken machen, wie können wir die start-ups weiter gut fördern.“ Denn sonst, so weiß die Kanzlerin, werden sie von den Amerikaner „weggekauft“. Bei der Deutschen Telekom beobachtete sie, wie Glasfaser gespleist werden. Heiterkeit erntete sie mit der Frage, was der laufende Meter koste – die Branche rechnet in tausenden Kilometern.
Als Cameron einwarf, dass England in Sachen Breitband-Verkabelung an die europäische Spitze dränge, konnte sie sich eine leichte Spitze nicht verkneifen. „Wann wollt ihr denn fertig sein mit den letzten Haushalten?“, fragte sie und ergänzte: „Wir haben uns vorgenommen, bis 2018 auch die letzten Gehöfte anzuschließen.“ Erneut betonte sie die Bedeutung eines europaweiten Regelwerks, zumal erstmals ohne staatliche Starthilfe hier eine neue Infrastruktur aufgebaut werde.
Spielerdaten auf Knopfdruck
Einen Seitenhieb für den britischen Nationalstolz hatte Oliver Bierhoff parat. Der Manager der deutschen Fußball-Nationalmannschaft erklärte am Merkel und Cameron am SAP-Stand ein neues System, das auch bei der anstehenden Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien den Trainern die Spiel-Auswertung erleichtern soll.
Am Beispiel eines von Deutschland gewonnenen Spiels gegen England demonstrierte er dabei, wie sich von jedem Kicker individuelle Leistungsdaten auf Knopfdruck abrufen lassen. „Die Spieler müssen sich langsam daran gewöhnen, dass die Daten keine Kontrolle sind, sondern Hilfsmittel“, meinte er.
Als dann einer der Umstehenden einen anderen Knopf drückte, kommentierte Bierhoff mit Blick auf den britischen Premier: „Jetzt haben Sie mal einen Engländer angeklickt, der ist weniger gelaufen“. Das habe etwas mit Kondition zu tun, meinte Bierhoff.
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