„Merkel muss weg“-Demo in Berlin: Rechte mit links blockiert
500 Rechtsextremisten hetzten am Samstag gegen die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Merkel. Rund 1.000 stellten sich den Neonazis entgegen.
Unter dem Motto „Merkel muss weg“ haben am Samstag erneut mehrere Hundert Rechtsextremisten gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Flüchtlingspolitik demonstriert. Die Demoroute verlief vom Hauptbahnhof über die Friedrichstraße zum Alexanderplatz. Auf ihrem Weg durch die City-Ost skandierten die Demonstranten rechte Parolen wie „Wir sind das Volk!“ und „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!“ Neben zahlreichen Deutschlandfahnen waren auch die Reichskriegsflagge und das Banner der NPD zu sehen.
Die „Merkel muss weg“-Demo marschierte an diesem Wochenende bereits zum fünften Mal durch die Stadt. Die Teilnehmerzahl blieb allerdings hinter den Erwartungen zurück. Die Polizei sprach von etwa 500 Personen – nur halb so viele wie angemeldet. Bei der ersten „Merkel muss weg“-Demo vor einem Jahr waren die Behörden von rund 3.000 Rechtsextremisten überrascht worden.
Zwar sank die Zahl der Teilnehmer seither stark. Das Publikum hat sich jedoch eher radikalisiert: Auch auf der Demo am Samstag traten die TeilnehmerInnen sehr aggressiv auf.
Organisiert wurde die „Merkel muss weg“-Demo von Enrico Stubbe, einem ehemaligen Vorstandsmitglied der rechtsextremen Kleinpartei Pro Deutschland. Wie bei früheren Kundgebungen mobilisierten die Neonazis über die sozialen Netzwerke. Auf Facebook riefen mehrere Gruppen zu der „Großdemo“ auf.
Die Polizei begleitete die Rechten mit einem Großaufgebot. Wer zur Auftaktkundgebung auf dem Washingtonplatz wollte, wurde nach Waffen und gefährlichen Gegenständen durchsucht. Im Laufe des Nachmittags versammelten sich dort zahlreiche Neonazis, Hooligans und Verschwörungstheoretiker.
Starke Gegendemo
Von einem Lautsprecherwagen schimpften RednerInnen auf die Kanzlerin und ihre Flüchtlingspolitik: Muslime wurden als Sozialschmarotzer, Kriminelle und Vergewaltiger beleidigt. Merkel und andere Politiker wurden als „Volksverräter“ geschmäht. Der schweizerische Rechtspopulist Ignaz Barth forderte die Schließung der europäischen Außengrenzen.
Den etwa 500 Rechten stellten sich laut Polizei etwa 1.000 Gegendemonstranten entgegen. Unter dem Motto „Solidarität statt rechter Hetze“ rief das Berliner Bündnis gegen Rechts für den frühen Nachmittag zu einer Kundgebung am Rosenthaler Platz auf. Mit „Refugees Welcome“-Sprechchören und lauter Musik zogen sie über die Invalidenstraße zum Hauptbahnhof. Mit Trillerpfeifen, Klatschpappen und Musik versuchten sie dort, das rassistische Spektakel auf dem Washingtonplatz zu übertönen. Beide Gruppen waren dabei nur durch wenige Meter Polizeiabsperrung voneinander getrennt. Immer wieder kam es zu Provokationen.
Auf ihrem Weg durch die Stadt wurde die „Merkel muss weg“-Demo umgeleitet, als es linken Gegendemonstranten gelang, die Route zu blockieren. Statt wie vorgesehen über die Torstraße, leitete die Polizei den Umzug der Rechten über die Linienstraße. Zu größeren Zwischenfällen kam es nicht. Ein Polizeisprecher sprach von einem „nahezu störungsfreien Verlauf“ der Kundgebungen.
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