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Menschenrechtsgruppen in der KritikMcCarthy-Ära in Israels Knesset

Das israelische Parlament will das Finanzgebaren von Menschenrechtsgruppen untersuchen. Ganz offensichtlich sollen damit Kritiker mundtot gemacht werden.

Engagierter Protest: "Peace Now" demonstriert gegen Militäreinsätze gegen Gaza. Bild: ap

JERUSALEM taz | Israels Parlament will die letzten Überreste der israelischen Linken unter die Lupe nehmen. Friedens- und Menschenrechtsbewegungen sollen vor einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss geladen werden, um ihre Finanzquellen zu enthüllen. So sieht es ein von der rechtsnationalen Partei Israel Beiteinu initiierter Entwurf vor, dem die Knesset (Parlament) am Mittwoch grundsätzlich zustimmte. Über eine israelische McCarthy-Ära und den Versuch, Regierungskritikern die Münder zu stopfen, schimpfen Betroffene.

"Peace now", die Menschenrechtsbewegung "Betselem" und die ehemaligen Soldaten, die "Das Schweigen brechen", so der Name der Gruppe, die Fehlverhalten der Armee dokumentiert, gehören zu den Organisationen, die ganz oben auf der Liste der Abgeordneten Faina Kirschenbaum (Israel Beiteinu) stehen. Kirschenbaum brachte den Entwurf ein und hegt Ambitionen, den Untersuchungsausschuss selbst zu leiten. Ihr Entwurf richtet sich ausdrücklich gegen "israelische Organisationen, die teilhaben an der Delegitimation der Soldaten der Israelischen Verteidigungsarmee".

Die regierungskritischen Stimmen in Israel zogen sich den Unmut im rechten Lager zu, nachdem einige der Friedensbewegungen mit der UN-Kommission zum Gazakrieg kooperierten. Der Bericht des Richters Richard Goldstone hielt den Verdacht gegen Israel fest, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt zu haben. Schon vor gut einem Jahr gab es den Versuch in der Knesset, die vermeintlichen Nestbeschmutzer mundtod zu machen.

Der Entwurf der Abgeordneten muss zunächst von einem parlamentarischen Ausschuss ausformuliert und anschließend erneut der Knesset zur Abstimmung vorgelegt werden. Das Gleiche gilt für einen zweiten Entwurf, vorgelegt von dem Likud-Abgeordneten Danny Danon. Darin geht es um die Beteiligung auch von "ausländischen Regierungen bei der Finanzierung von Aktionen, die sich gegen den Staat (Israel) richten und dem Versuch des organisierten Erwerbs von Grundstücken".

Organisierter Erwerb von Grundstücken durch ausländische Investitionen findet tatsächlich eher unter dem Deckmantel rechter israelischer Gruppen wie "BeEmuna" oder der "Israel Land Fund" statt, die sich beide die Besiedlung Ost-Jerusalems durch jüdische Israelis zum Ziel gesetzt haben.

Der parlamentarische Untersuchungsausschuss soll je nach prozentualer Repräsentanz der Parteien in der Knesset besetzt werden. Der Ausschuss selbst entscheidet dann, wer vorgeladen wird. Nur zu, konterte "Betselem". Die Menschenrechtsbewegung hat erklärtermaßen nichts zu verbergen. "Wir sind stolz auf unsere Arbeit und komplett transparent." Nicht die Menschenrechtsgruppen seien es, die Israels Ruf in der Welt verletzten, sondern Entscheidungen wie die der Knesset. Anstelle der "Schmierkampagne gegen die, die es wagen, Fragen zu stellen und zu kritisieren", werden die Parlamentarier aufgefordert, eine Debatte zu führen auf der Basis der Informationen, die die Menschenrechtsorganisationen zur Verfügung stellen.

Nach Ansicht von Ronit Sela, Sprecherin der Bürgerrechtsbewegung ACRI (Association for Civil Rights in Israel), geht es bei der geplanten parlamentarischen Untersuchungskommission nicht darum, Finanzierungen aufzudecken. "Es gibt bereits Gesetze, die Transparenz vorschreiben. Wir alle halten uns daran", sagt sie und vermutet, dass gezielt ein Negativimage geschaffen werden soll. "Der Ausschuss suggeriert der Bevölkerung, dass Menschenrechtsorganisationen etwas zu verstecken haben, was nicht stimmt. Wer uns finanziert, kann auf unserer Internet-Seite nachgelesen werden.

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10 Kommentare

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  • T
    thilo

    @david und Stefan: Mann, ist das wieder ein unterirdisches Niveau hier... Peace Now, B'Tselem und "Das Schweigen brechen" sind also linksextrem oder gar mit der RAF vergleichbare Terroristen? Warum dann nur ein Untersuchungsausschuß? Sollte man die nicht einfach rausführen und erschießen?

    In meinen Augen seid ihr nichts weiter als haßerfüllte Antidemokraten. Mit kritischen Stimmen könnt ihr nicht umgehen, irgendwelche nachvollziehbaren Argumente habt ihr nicht zu bieten. Stattdessen die ewig gleichen, durch nichts zu rechtfertigenden Unterstellungen und Beschimpfungen. Peinlich. Wahrscheinlich bin ich ja in euren Augen auch nur ein weiterer "linker Antisemit". Und wennschon. Ich weiß ja, von wem's kommt.

    Beispiel: "offenlegung von finanzierung durch auslaendische regierungen kann man jawohl nicht als einschnitt in freiheitsrechte sehen". Natürlich nicht, dafür gibt es ja die Transparenzgesetze, wie im Artikel deutlich zu lesen ist. Würden Organisationen dagegen verstoßen, so würde sich der Staatsanwalt mit ihnen beschäftigen, nicht der Untersuchungsausschuß. Der hat auf seiner Liste erklärtermaßen "israelische Organisationen, die teilhaben an der Delegitimation der Soldaten der Israelischen Verteidigungsarmee" - steht ebenfalls in dem Artikel. Was das mit der Finanzierung zu tun hat? Gar nichts. Es ist vollkommen offensichtlich, daß dieser Untersuchungsausschuß lediglich ein scheindemokratisches Vehikel ist, um die letzten Reste der kritischen Öffentlichkeit in Israel zum Schweigen zu bringen.

  • S
    Stefan

    Nachtrag: Die Bundesdeutsche Menschenrechtsvereinigung RAF wurde auch von besorgten Freunden aus der DDR etc. unterstützt.

  • D
    david

    dieser artikel kann wohl zurecht nur als gezielte desinforamtion bezeichnet werden.

     

    offenlegung von finanzierung durch auslaendische regierungen kann man jawohl nicht als einschnitt in freiheitsrechte sehen.

     

    gerade heute wurde (davon berichtet die taz nicht) ein bericht veroeffentlich wonach zb betzelem durch gelder aus saudi arabien (ja, das saudi arabien!) unterstuetzt wird.

     

    man stelle sich mal vor ein politischer verein in deutschland, der gezielt wann immer es geht gegen die deutsche demokratie hetzt wuerde von der chinesischen regierung finanziert.

     

    diese genannten vereine sind ueberhaupt nichts links, sondern linksextrem.

  • J
    Joseph

    In Israel gibt es Meinungs- und Vereinigungsfreiheit!

    Allerdings werden einige Vereinigungen von ausländischen Regierungen unterstützt, um dadurch Einfluss auf die israelische Politik zu nehmen. Es ist eigentlich egal, ob ausländische Regierungen eher links- oder rechtsgerichtete Gruppen unterstützen. In jedem Fall ist es eine unzulässige Einmischung in Israels Innenpolitik. Dagegen muss selbstverständlich etwas unternommen werden.

  • K
    Kunibert

    Die Israelis wissen, dass die proisraelischen USA ein sinkender Stern sind, und dass sie auf kurz oder lang Kompromisse eingehen müssen um einen Frieden mit ihren arabischen Nachbarn zu erreichen. Daher ist es zwar unmoralisch aber strategisch verständlich, dass die israelische Regierung mit Landrückgaben und Kompromissen solange wartet, bis der außenpolitische Druck unhaltbar wird. Bis es soweit ist können die jüdischen Siedler noch für Jahre auf dem Land der Palästinenser siedeln und ihre Kinder großziehen. Nichts anderes wird auch in vielen Wirtschaftsunternehmen praktiziert, wo ausstehende Rechnungen erst mit dem Eingang des Inkassoschreibens bezahlt werden. Das verlängerte Zahlungsziel bringt für die Bilanz des Unternehmens zinstechnische Vorteile, der Nachteil für den Gläubiger ist dabei irrelevant.

  • N
    noPinkGlasses

    @theMan

    sehr richtig. und der free-gaza-demo im letzten jahr durch kreuzberg und neukölln (an der u.a. auch iris hefets teilnahm) wollten sich auch kaum "linke" anwohnerInnen anschließen.

  • F
    Flipper

    "Die regierungskritischen Stimmen in Israel zogen sich den Unmut im rechten Lager zu, nachdem einige der Friedensbewegungen mit der UN-Kommission zum Gazakrieg kooperierten"

    Wenn die Zusammenarbeit mit der UNO in der "einzigen Demokratie im Nahen Osten" schon quasi als Verbrechen gilt, dann sehe ich schwarz.

    Meinen Respekt und ein Weiter so! für Organisationen wie Betselem - Ihr werdet immer wichtiger!

  • S
    Stefan

    Fakt ist, dass sogar ausländische Regierungen Organisationen finanzieren, die explizit die Aufgabe haben, Verfehlungen der israelischen Polizei oder Armee zu finden. Ein Ergebnis dieser Arbeit ist u.a. das bekannte Bild mit dem arabischen Geiger am Checkpoint. Es wurde auf einer Hetz-Veranstaltung in unserer Stadt mit dem Hinweis auf Auschwitz gezeigt. Wertvolle Friedensarbeit.

    Grundsätzlich sollte man sich mal fragen, warum die Zustimmungswerte der Linken in Israel bis fast zur Bedeutungslosigkeit gesunken sind. Wo sind die Menschen geblieben? Sie sind noch da, aber endtäuscht von der arabischen Reaktion auf alle Friedensbemühungen.

  • T
    TheMan

    Ja bravo! Ist das nicht genau das, was sich viele "Linke" hierzulande gewünscht haben? Als Israels Linke letztes Jahr einen Hilferuf an Deutschlands Linke richtete, verhallte dieser nahezu ungehört. Jeder, der vor dem aufziehenden Faschismus gewarnt hatte, wurde als Antisemit diffamiert und mundtot gemacht.

  • P
    pablo

    und wieder einmal zeigt die nationalistische regierung israels ihr wahres gesicht, der staat ist alles die menschenrechte nichts.