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Menschenrechte in PalästinaWeniger Folter in Gefängnissen

Die Autonomiebehörde verbietet die Misshandlung von Gefangenen im Westjordanland. Hamas-Vertreter streiten das ab. Im Gazastreifen bleibt alles beim Alten.

Im Gazastreifen ist Gewalt und Folter noch immer an der Tagesordnung - nicht nur in Gefängnissen. Bild: dpa

In den Gefängnissen im Westjordanland wird weniger gefoltert. "Physische Misshandlungen und Demütigungen sind seit Oktober offiziell verboten", erklärt Schawan Dschabarin, Generaldirektor der Menschenrechtsorganisation Al Haq. Nur noch in Ausnahmefällen werden die Inhaftierten Schlafentzug ausgesetzt oder müssen ohne Decken und Matratzen schlafen. Im Gazastreifen hingegen bleibt Folter Teil des Gefängnisalltags.

Auf den Druck von Menschenrechtsorganisationen ließ der palästinensische Premierminister Salam Fajad schriftliche Anordnungen unter dem Gefängnispersonal verteilen, fortan von Gewaltübergriffen abzusehen. Obwohl im Westjordanland Folter niemals offizielle Politik gewesen sei, stellte Fajad nun "eine dramatische Verbesserung" fest. Über 40 Wachmänner, die ungeachtet der veränderten Anordnungen Häftlinge weiter misshandelten, seien inzwischen degradiert, aus ihrem Amt entlassen und zum Teil selbst ins Gefängnis gesteckt worden.

Die üblichen Praktiken, Häftlinge über Tage in unbequemen Stellungen zu fesseln, in dunklen kleinen Zellen zu isolieren, mit dem Tod zu bedrohen oder mit Stromkabeln zu peitschen, sollen im Westjordanland der Vergangenheit angehören. Auch sollen die Häftlinge einmal wöchentlich mit einem Anwalt Kontakt haben dürfen. Al Haq warnt dennoch vor verfrühter Euphorie. "Was wir brauchen, ist eine Gesetzgebung, die auch für zukünftige Regierungen bindend ist", sagt Dschabarin. Al Haq dokumentiert die Aussagen von Häftlingen und dem Wachpersonal. Seit Neuestem dürfen die Aktivisten auch selbst die Haftanstalten besichtigen.

Vertreter der Hamas im Westjordanland leugneten, dass die Autonomiebehörde eine neue Praxis in den Gefängnissen eingeführt habe. Das Einzige, was sich verändert habe, seien die Foltermethoden. Anstelle der Schläge würden die politischen Gegner nun über Stunden nackt in riesige Kühlschränke gestellt.

Vor allem in den letzten zwei Jahren hat die Praxis der Folter erschreckende Ausmaße angenommen. Nach der Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen und den späteren blutigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern von Hamas und Fatah wurde Folter zur systematischen Methode im politischen Kampf. Im Gazastreifen hat sich daran bis heute nichts verändert. Für die Islamisten ist die Folter "ein zentrales Mittel im Umgang sowohl mit Kriminellen als auch mit den politischen Gegnern", meint Mahmud Abu Rahme vom Menschenrechtszentrum "Al Mezan" in Gaza. Die Gewalt der Sicherheitskräfte finde dabei nicht nur hinter Gittern statt. "Erst vor wenigen Tagen ist eine Frau auf offener Straße von Polizisten so sehr misshandelt worden, dass sie anschließend im Krankenhaus starb."

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8 Kommentare

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  • D
    DerVerstand

    Na dann zeigen Sie mir Ihre Quellen...

     

    Sie wollen mich verklagen, weil ich meine Meinung äußere, sie wollen quellen, besuchen sie mal Palästina, sahen Sie die Mauern, Zäune und Bulldozer?

    Wissen Sie, dass Sie ein perfektes Beispiel dafür sind, dass man Angst haben muss seine Meinung Frei zu äußern, dass ist das schlimme in unserer angeblichen Freiheit,

    Sie und viele andere machen Israel-Kritiker MUNDTOT, indem sie behaupten man sei Antisemit, obwohl das null damit zu tun hat und deshalb schauen die Politiker weg, weil die Politiker wissen, sobald man die Wahrheit gegen Israel sagt wird man fertig gemacht von den Medien und Co.!!!

  • P
    Publicola

    Da Lob in der üblich-normalen Welt nichtexistent ist:

     

    Kein Israel-Kommentator/in - wessens Namens oder Pseudonyms auch immer - ist in der Lage,

     

    in dem überwältigend-überzeugenden Maße wie "max"

    freundlich, ruhig, unaufgeregt-sachlich

     

    das gigantische, sich bedrohlich intensivierende, global-destruktive Nahost-Problem

     

    mit seiner gerade geschilderten Art

    des rationalen Argumentierens u. freundlichen Eingehens

    auf anderweitig vorgebrachte Argumente

     

    sanft ein klein Wenig näher an eine ausgleichend-faire, reflektiv-gedanklich vorauszuskizzierende Lösung zu bewegen!

     

     

    Im Gegensatz zu der üblicherweise hier vorfindbaren doch i.d.R. realitätsresistenten, fanatisiert-emotionalen, pöbeleiartigen/gleichen,

    und fast immer

    (wenn auch vielleicht sogar ungewollt?)

    rassistischen Argumentations(??)weise

     

    erscheinen Kommentare aus dieser Feder

     

    dem nach Sinn und Verstand, kurz Rationaliät, dürstenden Leser

     

    wie eine Oase

    in einer Wüste von

    Reaktionen der hier vorherrschend - so scheint es zumindest - auf Fakten mit einem intensiven Schleuderhagel (mit den "Kokusnüssen") ihres Unverstandes reagierenden Spezies der Primaten.

     

    Das ist unbedingt anzuerkennnn und verdient höchsten Respekt in einer Welt, in der das Verbreiten von Pöbeleien als obligatorischer, regulärer Nachweis eines nachdenkenden Menschen gilt !

     

    Publicola

  • IB
    Israel Beobachter

    08.01.2010 17:18 Uhr:

    Von DerVerstand:

     

    für solche Behauptungen kann man ganz schnell wegen Verleumdung verklagt werden, entweder geben Sie hier seriöse Quellen oder schweigen.

     

    Alle sind immer unschuldig, klar, auch hier in Deutschland, wir haben hier in Deutschland eigentlich genug mit linken und rechten Antisemiten, da brauchen wir niemanden, der Kriegschauplätze auf unsere Strassen bringt.

  • D
    DerVerstand

    @ Knaul

     

    Sie vergessen schon, dass in israiel. Gefängnisse Minderjährige gefoltert werden mit Stromschlägen usw.

    Die Hamas und Fatah sind sicher nicht die friedlichsten aber im Vergleich zu Israielieschen Gefängnissmethoden sicher wahre ENGEL!!!

     

    Und ich weiss dass aus meiner eigenen Familie, mein Onkel 15 Jahre bekommen, weil man ihn verdächtigt, natürlich war er unschuldig, mein opa war unschuldig wurde aber vergiftet und starb als er eine woche frei war...

  • M
    max

    in der erwartung, dass jetzt die antiislamischen, antipalästinensischen geiferer sich hier austoben werden (hallo stefan, hallo dirk), sei eines gesagt, was euch möglicherweise zu verstehen schwerfällt:

    wenn man sich für ein ende der unterdrückung der palästinenser durch israel einsetzt, dann tut man das nicht weil man die palästinenser für die guten und die israelis für die bösen menschen hält, sondern weil man einen bestimmten umgang mit menschen für falsch hält. dies ändert sich nicht, wenn der umgang von palästinensischen polizisten mit palästinensischen gefangenen "gepflegt" wird. entrechtung und erniedrigung, folter und ermordungen sind falsch! sie sind falsch, egal welche seite sie tätigt. die folter der einen seite rechtfertigt nicht die der anderen.

    das ist vielleicht für grabenkämpfer schwer zu begreifen, aber es geht nicht darum einfach position für eine seite zu beziehen und diese dann gegen alle vorwürfe in schutz zu nehmen. solidarität mit den palästinensern bedeutet nicht, solidarität mit antihumanistischen wahnsinnigen auf der palästinensischen seite, sondern mit den menschen, die unter diesem konflikt leiden. und genau so sollte es sich bei der israel-solidarität verhalten, dann käme die lösung des konflikt vielleicht näher. ein weit verbreitetes problem mit unverbrüchlichen israel-verteidigern ist, dass sie auch die kranken exesse religiöser eiferer und rechtsradikaler rassisten in das ganze "gute israel" einschließen und deren taten daher verteidigen (oder leugnen). zugleich werden alle palästinenser mit den selbstmordattentätern identifiziert und damit kollektiv zu tätern gestempelt.

     

    aber es gibt ausreichend täter auf beiden seiten und es sollten alle verurteilt werden, die den konflikt befördern und/oder mit gewalt betreiben und alle solidarisch unterstützt werden, die sich für eine gerechte beendigung des konflikts und ein ende der gewalt einsetzen.

  • B
    Bernd

    Al Mezan ist eine ganz tolle Organisation. Ich habe über sie bei www.medico.de gelesen - gegen die Menschenrechtsverletzungen der israelischen wie palästinensischen Behörden.

  • DG
    Dirk Gober

    Ach, die "Guten" (Palästinenser) foltern?

    Seltsam, daß ich bisher darüber noch niemals einen Artikel in der taz lesen konnte, geschweige denn die Empörung der "Friedenskämpfer" teilen durfte...

    Genauso wenig wie über die "Hinrichtungen" (feige Morde) von angeblichen Kollaborateuren - jedes Jahr Dutzende!

    Wo bleiben denn hierzu die "kritischen" Berichte und Kommentare?

  • SE
    Stefan (der echte)

    Na, Susanne, wenn das mal keinen Ärger mit dem Fan-Club gibt...