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Menschenkette in HamburgBannmeile gegen rechts

Mehr Menschen als erwartet haben am Freitagnachmittag symbolisch das Hamburger Rathaus gegen Faschisten verteidigt.

Drei von vielen Tausend: Teilnehmende der „Menschenkette gegen die AfD und ihre menschenfeindliche Politik“ am Freitag in Hamburg Foto: Christian Charisius/dpa

Hamburg taz | Nein, die Räder im politischen Berlin, einmal angelaufen, waren nicht einfach wieder zum Anhalten zu bringen vom Hamburger Jungfernstieg aus. Aber deutlich mehr Menschen als die angemeldeten 2.500 folgten am frühen Freitagnachmittag dem Aufruf der „Omas gegen Rechts“, symbolisch das Hamburger Rathaus zu schützen, nämlich vor dem Wiedereinzug der Faschisten: „AfD wir sagen nein“, war eine von den „Omas“ empfohlene Parole, „lasst sie nicht ins Rathaus rein!“

Freilich: Der blaubraunen Partei mit dem roten Haken im Logo gehört er gar nicht an, der nun auf so vielen Schildern erwähnte, auch verhohnepiepelte CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz. Angemeldet worden sei die Aktion, da habe es noch gar keinen Neuwahltermin für den Bundestag gegeben, war aus einem Redebeitrag der Veranstalterinnen zu erfahren. Aber zum Erfolg der Menschenkette wird die zwischenzeitlich umso größer gewordene Brisanz beigetragen haben.

Die Polizei konnte am späteren Nachmittag noch keine Angaben machen, ein NDR-Reporter schätzte die Menge der Teil­neh­me­r:in­nen auf „wohl doppelt so viele“ wie erwartet; die Angabe wurde online später geändert in eine weniger präzise. Eine weitere Demonstration, Motto: „Merz und AfD stoppen – Asylrecht verteidigen“, war für 17 Uhr angemeldet. Und „Fridays for Future“ mobilisiert, ein wenig paradox, für den Samstagnachmittag in die Hamburger Innenstadt.

Omas gegen Hass

Der Himmel war AfD-blau mit ein paar CDU-schwarzen Wolken, es schien eine tief hängende Wintersonne, als am Jungfernstieg, Ecke Reesendamm, in Sichtweite des Rathauses, erste Reden gehalten wurden von einem Doppeldeckerbus aus: Mehrere Gliederungen der „Omas“ sprachen, wiesen auch hin auf einige Regeln für die Veranstaltung: keine Nationalfahnen, Shoppende nicht behindern, das Wort „Hass“ lieber vermeiden. Man möge also lieber rufen: „Ganz Hamburg stoppt die AfD!“

Wenn es derzeit so etwa wie ein „Never Trumper“-Pendant in der CDU geben sollte, also Christdemokrat:innen, die nicht mitverantworten mögen, was Merz und seine Ein­flüs­te­re­r:in­nen derzeit am rechten Rand des parlamentarischen Spektrums veranstalten: Sie waren entweder nicht gekommen oder scheuten es, sich zu erkennen zu geben.

Immerhin wurde am Nachmittag auch bekannt, dass die örtliche CDU-Zentrale Opfer eines Farbbeutelangriffs geworden sei, Hamburgs CDU-Chef Dennis berichtete laut der Nachrichtenagentur dpa von verängstigten Mitarbeitern und einer Partei, die „mundtot“ gemacht werden solle.

Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD, 5.v.r) und FC St. Pauli-Präsident Oke Göttlich (4.v.r) in einer Menschenkette vorm Rathaus Foto: Christian Charisius/dpa

Viele Gewerkschaftsfahnen wehten auf dem Jungfernstieg, auch regenbogenfarbige und die von allerlei kirchlichen Organisationen. Anwesend war laut Schild aber etwa auch eine Abordnung des nahe gelegenen Thalia-Theaters. Um 15 Uhr, ungefähr, bildeten am Ballindamm, Ecke Bergstraße Hamburgs SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher, Finanzsenator Andreas Dressel sowie weitere Granden der Partei, dazu Oke Göttlich, ansonsten Präsident des FC St. Pauli, eine kleine Menschenkette nur für die anwenden Kameras, das Rathaus pittoresk hinter sich. Göttlich hatte auch eine Rede gehalten, aber ganz ausdrücklich als Privatperson.

Bald darauf ging dann auch die richtige Menschenkette los, entlang der Bannmeile ums Rathaus, mithin vorbei an den Fraktionsbüros von AfD und CDU, die von der Polizei besonders weiträumig geschützt wurden.

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