Menschen vor den Fernsehern: Zurückgeguckt
Der Franzose Olivier Culmann hat weltweit Menschen beim Fernsehen fotografiert. Seine Bilder erlauben den Blick ins Privateste. Wie hat er das hingekriegt?
Es sind Momente voller Entspannung, die Olivier Culmann fotografiert hat, ein Zusammenrollen im Privatesten. "Télé-Spectateurs", Fernsehzuschauer, hat der Franzose seine Arbeit genannt. Culmann zeigt Menschen in verschiedenen Ländern beim Fernsehen, aufgenommen bei ihnen zu Hause, in eben jenem Moment, in dem, wie der Künstler es beschreibt, "der Zuschauer irgendwie ,im Fernsehen' ist" - so wie der Betrachter.
Wie hat er das hingekriegt? Dass die Protagonisten so traumverloren schauen, dass sie das Klicken der Kamera nicht bemerken, sondern versunken bleiben in dem, was der Fernseher ihnen erzählt. Anlässlich einer Ausstellung seiner Arbeit, die bis zum 15. September im luxemburgischen Museum The Family of Man zu sehen ist, sagte Culmann darüber: "Das Ganze dauert in der Regel mehrere Stunden, da ich auf den Moment warte, wo die Menschen gefesselt sind von dem, was sie sich ansehen."
Culmann, 1970 in Paris geboren, hat seine "Télé-Spectateurs" zwischen 2004 und 2007 fotografiert. In dieser Zeit hat er in Marokko, Indien und den USA auch gelebt, jenen Ländern, in denen die meisten Bilder entstanden. Mit der Zeit hat er jenes Verhältnis zu seinen Protagonisten aufgebaut, ohne das sie ihre Benommenheit vor dem Fernseher wohl nie hätten zeigen können.
Dieser Text ist der aktuellen Fernseh-sonntaz vom 29./30.8.2009 entnommen - ab Sonnabend zusammen mit der taz am Kiosk erhältlich.
Dass er dieses Vertrauen geschenkt bekommen hat, zeigt auch das Foto, auf dem der acht Jahre alte Zhao Geng fernschaut. Für die Aufnahme des Jungen hat Olivier Culmann im vergangenen Jahr den World Press Photo Award gewonnen. Das Bild, auf dem man zu hören meint, wie über dem Kopf des hypnotisierten Jungen die Heizungsrohre eines Pekinger Mietshauses pochen, wurde mit dem dritten Preis in der Kategorie "Zeitgenössische Themen" ausgezeichnet.
Ob der Inder Muideen Hamza, die kalifornische Familie Ony in Los Angeles oder die Mexikanerin Maria Elena Rodriguez - für Olivier Culmann, ihren spectateur, sind sie "Individuen im Rahmen einer alltäglichen Aktivität".
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