Menschen mit Migrationshintergrund: Der Zuwachs sinkt
Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund wächst in Deutschland langsamer. Unklar ist noch, wie sich die Coronakrise auswirkt.
Menschen mit Migrationshintergrund machten demnach im zurückliegenden Jahr rund 26 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung aus. 2013 sind es noch rund 20 Prozent gewesen, 2005 etwa 18 Prozent. Als Mensch mit Migrationshintergrund gilt laut Definition des Statistischen Bundesamtes, wer entweder ohne deutsche Staatsbürgerschaft geboren wurde oder bei der oder dem das auf mindestens ein Elternteil zutrifft. Nicht alle verfügen also selbst über Migrationserfahrung.
In rund zwei Drittel der 2019 erhobenen Fälle stammten diese Menschen aus dem europäischen Ausland, die anderen hatten Wurzeln in Nicht-EU-Ländern, darunter vor allem in Staaten des Nahen und Mittleren Ostens. 52 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund besaßen demnach die deutsche Staatsbürgerschaft, die anderen 48 Prozent hielten sich ohne eine solche im Land auf, etwa weil sie als EU-BürgerInnen zum Arbeiten oder Studieren nach Deutschland gekommen waren.
„Deutschland braucht trotz Corona auf absehbare Sicht weiterhin Zuwanderung, weil die demografische Schrumpfung der Bevölkerung anhält“, sagt dazu Petra Bendel, die Vorsitzende des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration. Sie verweist darauf, dass Menschen mit Migrationshintergrund in wichtigen Branchen einen großen Anteil ausmachen. So etwa in der Altenpflege, wo 2019 laut den Zahlen des Statistischen Bundesamts 30 Prozent der Beschäftigten Wurzeln im Ausland hatten. Ebenso in der Lebensmittelherstellung, wo ihr Anteil 38Prozent ausmachte. Im Bereich der Gebäudereinigung hatte etwas mehr als die Hälfte aller Beschäftigten einen Migrationshintergrund.
Die Migrationspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Filiz Polat, betont, wie wichtig diese Menschen für die Gesellschaft seien. Der taz sagt Polat: „Anstatt Verschärfungen im Aufenthalts- oder im Staatsangehörigkeitsrecht voranzutreiben, muss die Bundesregierung endlich auf Repräsentation, Partizipation und Teilhabe setzen.“
Ihre Kollegin aus der Linksfraktion, Gökay Akbulut, setzt einen anderen Schwerpunkt. Denn aus den Zahlen des Statistischen Bundesamts geht auch hervor, dass der Anteil von Beschäftigten mit Migrationshintergrund in Sicherheitsbehörden und Justiz bei gerade einmal 7 Prozent liegt – also weit entfernt von den 26 Prozent ihres Anteils an der Gesamtbevölkerung. Linkenpolitikerin Akbulut: „Das ist mit Abstand der geringste Wert in allen Beschäftigungsbereichen und muss sich dringend ändern.“ Wichtig sei das insbesondere, um in der Polizei für mehr Sensibilität beim Thema Rassismus zu sorgen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär