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Menschen mit Behinderung in BremenBehandlungszentrum öffnet wieder

Dem Medizinischen Behandlungszentrum für Erwachsene mit Behinderung in Bremen fehlte lange eine ärztliche Leitung. Jetzt gibt es endlich eine Lösung.

Versorgung schwerbehinderter Menschen wieder möglich: Klinikum Bremen-Mitte Foto: Eckhard Stengel/imago

Bremen taz | Seit mehr als einem Jahr ist das Medizinische Behandlungszentrum für Erwachsene mit geistigen und/oder schweren Mehrfachbehinderungen in Bremen (MZEB) geschlossen. Doch nicht mehr lange: Der Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen hat die Wiedereröffnung zu Januar in seiner Sitzung am Montagabend genehmigt. Denn der städtische Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) hat für das am Klinikum Mitte angesiedelte Behandlungszentrum endlich eine neue Leitung gefunden.

„Wir haben sehr lange nach einer passenden Leitung gesucht, das hat sich als sehr schwierig gestaltet“, sagt Geno-Sprecherin Karen Matiszick. „Jetzt haben wir eine gute Lösung gefunden.“ Die Lösung heißt Ulf Hustedt. Er ist der Ärztliche Leiter am Sozialpädiatrischen Institut, dem Kinderzentrum Bremen am Klinikum Mitte. Es dient der Früherkennung, Diagnostik und Behandlung von Kindern und Jugendlichen, „die Auffälligkeiten der körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Entwicklung aufweisen“. So steht es auf der Webseite des Instituts.

Künftig wird er nicht nur das MZEB leiten, sondern ebenfalls das Institut. „Wir organisieren das so, dass er im Sozialpädiatrischen Institut Verstärkung bekommt, sodass es leistbar sein wird“, sagt Matiziszick und betont: „Er ist fachlich absolut der richtige.“ Im MZEB werde er Verantwortung tragen und auch mit Pa­ti­en­t*in­nen arbeiten.

Das MZEB hat im August 2021 erstmals geöffnet. Etwa ein Jahr später erkrankte die Leiterin. Ersatz fand die Geno nicht, sodass das MZEB im Dezember 2022 dicht machen musste. Die KV hatte das aufgrund der fehlenden Leitung entschieden; eigentlich lief die sogenannte Ermächtigung zum Betrieb des MZEB bis Frühjahr 2025.

Niedergelassene Ärz­t*in­nen reichen zur Versorgung nicht

Zur räumlichen und personellen Ausstattung im MZEB gab es anfangs Kritik – hier habe man aber in der Zwischenzeit nachgebessert, sagt Matiszick. Das interdisziplinäre Team im MZEB stehe weiterhin bereit. In der Zwischenzeit habe es an anderer Stelle im Haus unterstützt und bei der konzeptionellen Arbeit geholfen. Das einzige riesige Manko, die medizinische Leitung, ist nun behoben – und einer Öffnung steht nichts im Weg.

Das MZEB ist für betroffene Menschen wichtig. Niedergelassene Ärz­t*in­nen können ihnen im Alltag zeitlich und räumlich meist nicht gerecht werden. Auch fachlich können die Mitarbeitenden, die aus ganz verschiedenen Bereichen wie Neurologie, Psychologie oder Ergotherapie kommen, oft mehr tun.

Ohne das MZEB, so sagt es der Landesbehindertenbeauftragte Arne Frankenstein, müsse davon ausgegangen werden, dass Versorgungsumfang und -qualität nicht dem Bedarf entsprechen. Die Zulassung bedeute, „dass endlich wieder eine kontinuierliche Diagnostik und Behandlung erfolgen kann, die das Regelsystem oft nicht bedarfsgerecht und auf Dauer bereithält“.

Dass Hustedt auch das Sozialpädiatrische Institut leitet, bezweckt laut Frankenstein eine Verzahnung beider Einrichtungen. Das sei sinnvoll aufgrund der interdisziplinären Kompetenz, die für beide elementar ist. Gerade weil im MZEB Menschen verschiedener Fachrichtungen zusammenarbeiten, rechnet Frankenstein mit hohen Anforderungen für die Leitung: „Aus meiner Sicht muss sichergestellt werden, dass für beide Zentren ihrer Bedeutung entsprechende Arbeitsressourcen bereitgestellt werden.“

Versorgung von Menschen mit Doppeldiagnose

Auch die Verzahnung mit anderen Disziplinen in der Klinik sei wichtig, sagt Frankenstein weiter, „da nicht alle ärztlichen und nichtärztlichen Fachrichtungen dauerhaft im MZEB vorgehalten werden können beziehungsweise auch nur gelegentlich angefragt werden müssen“. Dafür will der Landesbehindertenbeauftragte verbindliche Regeln, auch zu der Finanzierung der Leistungen.

Aus der Anfangszeit des MZEB erinnert Frankenstein, dass ein Schwerpunkt die psychiatrisch-psychosomatische Versorgung war: Nach Auffassung des Landesteilhabebeirats entstand dieser nicht nur wegen der Fachexpertise der ehemaligen Leiterin „sondern im Wesentlichen auch durch die Nachfrage der zuweisenden Ärzt*innen.“

Der Bedarf scheint also groß. „Gerade die Versorgung von Menschen mit sogenannter Doppeldiagnose (Intelligenzminderung und psychische Erkrankung) hat einen besonderen Stellenwert gehabt“, sagt Frankenstein.

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