Menschen im Bundesfreiwilligendienst: Aus Ehrenamt wird Billigjob
Die „Bufdis“ sollten die Zivis ersetzen. Doch oft sind aus ihnen neue Ein-Euro-Jobber geworden. Sie verzichten auf angemessene Bezahlung und Rechte.
SENFTENBERG taz | Früh um acht beginnt Detlef Schulz, etwas für die Gesellschaft zu tun. Er putzt dann die Toiletten. Im Waldbad Hosena sind sie in einem niedrigen Haus untergebracht, etwas abseits von der Badestelle. Hier schlurfen Schulz am Morgen die Camper entgegen, die ihre Zelte neben den Sanitäranlagen aufgeschlagen haben: junge Männer mit Shorts und Augenringen, den Kulturbeutel unterm Arm. Während sie sich die Zähne putzen, beginnt er, ihren Müll aufzusammeln.
Detlef Schulz ist 54 Jahre alt. Er hat eine leise Stimme und einen festen Händedruck, Schulz war 30 Jahre lang Dachdecker. Hier in Hosena, einem Ortsteil von Senftenberg in Südbrandenburg, hat die Stadt am Seeufer Sprungbretter installiert und zwischen den Nadelbäumen Sand gestreut. Kinder rasen um eine Tischtennisplatte. Im Waldbad kostet die Bratwurst 2 Euro und Melone 50 Cent. Schulz trägt seine Cordhose auf Arbeit.
Wenn er mal seinen Stundenlohn ausrechnet, kommt Schulz auf ungefähr 1,50 Euro. Er leistet Bundesfreiwilligendienst, 30 Stunden in der Woche. Von dem Taschengeld, das er dafür bekommt, darf er 187 Euro im Monat behalten. Der Rest geht an das Jobcenter, denn eigentlich lebt Schulz von Hartz IV.
Den deutschen Bundesfreiwilligendienst gibt es seit zwei Jahren. Maximal 348 Euro bekommen ehrenamtliche Helfer im Monat, wenn sie sich über das Programm engagieren – mit 40-Stunden-Wochen in Kommunen, Kliniken und Wohlfahrtsverbänden. Hier ersetzen die günstigen Kräfte Männer und Frauen, die seit 2011 immer seltener kommen: 1-Euro-Jobber.
Nutzlos und schädlich
Denn vor zwei Jahren drehte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) den Jobcentern das Geld für diese Arbeitsmaßnahmen ab. Nutzlos und schädlich für die richtigen Arbeitsplätze seien die bundesweit rund 300.000 Zusatzjobs im Jahr, hatte zuvor der Bundesrechnungshof kritisiert. Doch statt nun auf gerecht bezahlte Arbeitsplätze zu drängen, lieferte die schwarz-gelbe Bundesregierung den Kommunen gleich neues Billigpersonal.
Der Bundesfreiwilligendienst ersetzt seit Juli 2011 den Zivildienst, der mit Abschaffung der Wehrpflicht gegenstandslos wurde. Laut Bundesregierung sollen die „Bufdis“ die rund 90.000 Zivi-Stellen kompensieren und „eine neue Kultur der Freiwilligkeit in Deutschland schaffen“.
Der Freiwilligendienst richtet sich als Angebot an alle: Frauen und Männer, Alte und Junge, Deutsche und Ausländer. Bis zu 24 Monate können Bundesfreiwillige in sozialen, kulturellen und ökologischen Einrichtungen, im Sport- und Integrationsbereich und im Zivil- und Katastrophenschutz mitarbeiten.
35.000 „Bufdi“-Stellen bezahlt der Bund derzeit pro Jahr. Die Freiwilligen bekommen ein Taschengeld von monatlich maximal 348 Euro. Hartz-IV-Empfänger dürfen von dieser Summe bis zu 200 Euro behalten.
Immer mehr ältere Menschen werden Bundesfreiwillige. Nach Berechnungen der Universität Koblenz waren im vergangenen Juli 43 Prozent der Teilnehmer älter als 27 Jahre. In den neuen Bundesländern gibt es besonders viele ältere Bufdis, zum Teil sind in Ostdeutschland mehr als 85 Prozent der Freiwilligen über 27 und davon mehr als 40 Prozent älter als 50 Jahre. (klu)
Jetzt werden Hartz-IV-Empfänger zu Bundesfreiwilligen. Für sie ändert sich der Name. An ihren Rechten ändert sich nichts.
Der Bundesfreiwilligendienst ist ein Ergebnis der Bundeswehrreform. Mit der Wehrpflicht fiel im März 2011 auch die Pflicht der Verweigerer weg, Zivildienst zu leisten. Das Loch, das dadurch in Pflegeeinrichtungen und bei sozialen Diensten entstand, versuchte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) mit Freiwilligen zu stopfen.
„Nichts erfüllt mehr, als gebraucht zu werden“, ist der Slogan ihrer Kampagne, und pro Jahr zahlt ihr Ministerium nun für 35.000 „Bufdis“. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) lobt den Dienst. Ein Erfolgsmodell, sagte sie bei seinem Start ins zweite Jahr. Bloß für wen?
24 Stellen an 11 Orten
Ein Mann, der Merkel recht geben muss, heißt Andreas Fredrich und ist in der SPD. Er ist der Bürgermeister von Senftenberg. Tatsächlich kann Fredrich die neuen Ehrenamtler in seiner Kreisstadt sehr gut gebrauchen. In Senftenberg gibt es den Bundesfreiwilligendienst mittlerweile in der Stadtbibliothek, in Kindergärten, im Stadtplanungsamt, im Archiv oder im Straßenbau. 24 Stellen an 11 verschiedenen Orten hat Fredrich ausgeschrieben. Er hätte noch mehr Ideen – wenn der Bund noch weitere Bufdis finanzieren würde.
In Fredrichs Städtchen am Senftenberger See sind die Hausfassaden in Pastelltönen gestrichen, über den Markisen am Markt haben Maler „Hut und Mode“ an die Wand gepinselt oder „St. Hubertus Klause“. Die Fugen des Kopfsteinpflasters sind sauber gezupft. Vor ein paar Jahren haben diese Stadtbildpflege noch die 1-Euro-Jobber aus dem Senftenberger Jobcenter erledigt. Heute ist Unkrautjäten ein Ehrenamt. Freiwilligendienst.
Wie Fredrich scheinen auch andere Bürgermeister in Deutschland den Reiz der freiwilligen Hilfe entdeckt zu haben. Im Juni forderte der Deutsche Städtetag, gemeinsam mit Landkreistag und Städte- und Gemeindebund, die Bundesregierung auf, endlich mehr Freiwillige zu bezahlen. Die begrenzte Zahl der Bufdis sei „ein enttäuschender Rückschlag“, hieß es.
Denn, das wissen auch die Kommunalpolitiker, schon jetzt gibt es mehr Bewerber als Stellen im Bundesfreiwilligendienst. Im Gegensatz zu den in altgedienten Jugendfreiwilligendiensten „Freiwilliges Soziales Jahr“ (FSJ) und „Freiwilliges Ökologisches Jahr“ (FÖJ) Beschäftigten sind Bufdis auf keine speziellen Tätigkeiten festgelegt. Außerdem dürfen sie Teilzeit arbeiten: Mit der Stundenzahl können ihnen Arbeitgeber von vornherein auch das Taschengeld beliebig kürzen.
Immer mehre Ältere sind dabei
Der neue Zivildienst für alle spricht so auch eine neue Zielgruppe an: In Ostdeutschland waren im Juli knapp 80 Prozent der Bufdis älter als 27 Jahre und die Hälfte davon war sogar über 50. Viele von ihnen profitieren vom Bufdi-Taschengeld, so schmal es auch ist. Denn sonst beziehen sie nur Hartz IV.
Ein Engagement als Bundesfreiwilliger ist ausdrücklich nicht als reguläre Arbeit angelegt. Der Freiwillige darf vielmehr nur solche Tätigkeiten ausüben, die keine regulären Jobs ersetzen: Die Einsätze müssen „arbeitsmarktneutral“ sein. Kontrollieren soll dies das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben in Köln.
Eine Berufsausbildung darf der Dienst somit auch nicht liefern. Aber: „Der Bundesfreiwilligendienst fördert das lebenslange Lernen“, steht im Gesetz. Seminare sollen Bufdis während ihrer Einsatzzeit soziale und interkulturelle Kompetenzen vermitteln.
Gewerkschafter und der deutsche Sozialverband kritisieren, dass Bundesfreiwillige dennoch vielerorts wie Fachkräfte eingesetzt würden. Die Kontrolle des Bundesamts funktioniere nicht gut, bemängelt der DGB (klu)
Hinter den Himbeersträuchern und dem Plastik des Gurkenhauses ist der gräuliche Putz der Häuserblocks noch zu sehen. Aber wenn Detlef Schulz sich in seine Laube setzt, sind nur noch Blätter um ihn herum. Das Holzhaus hat er mal selbst gebaut, in besseren Tagen, vor dem Herzinfarkt. Die Sommerküche: ein Gasherd, der Kühlschrank, ein Vorhang aus Kunstrosen. Im Schrebergarten nebenan sitzt ein älteres Ehepaar in einer Hollywoodschaukel. Schulz hat seine dunklen Arbeitsschuhe vom Vormittag gegen Gummisandalen getauscht. Noch sind die Tage warm.
Wenn drüben das Waldbad am Ende der Saison schließt, dann endet auch der Vertrag von Detlef Schulz. Leider. Dort aufzuräumen, das Laub zu harken hält ihn fit. Und solange er morgens in die Badeanstalt fährt, lässt ihn das Amt in Ruhe. Hartz-IV-Empfänger wie er „sind in der Zeit der Teilnahme an diesen Freiwilligendiensten nicht verpflichtet, eine Arbeit aufzunehmen“, hat er auf der Bufdi-Website gelesen. Kein Antreten im Jobcenter, heißt das für ihn, und keine Maßnahmen.
Eine häufig eingesetzte Jobcentermaßnahme ist der 1-Euro-Job. Einmal zugeteilt, sind Arbeitslose verpflichtet, ihn zu verrichten. Wenn sie es nicht tun, wird ihnen das Geld gekürzt. So sollen Hartz-IV-Empfänger meist drei bis zwölf Monate lang für Tätigkeiten eingesetzt werden, die sonst liegen blieben. Zusätzlich, ohne die Arbeit von Festangestellten zu gefährden, das war die Idee. Sie hat nicht funktioniert.
Die Wiese-Kommission
In einer ersten Studie über den Bundesfreiwilligendienst (BFD) schrieben Forscher der Universität Heidelberg, dass das Ehrenamt „eventuell politisch als Maßnahmenablöse für andere Arbeitsmarktprogramme instrumentalisiert wird“. Denn: „Fast zeitgleich zur Einführung des BFD wurden beispielsweise Maßnahmen wie 1-Euro-Jobs regional gekürzt.“ Wollte die Bundesregierung so neue Billigjobs schaffen, nur mit eleganterem Namen?
Dass es bei der Wehrdienstreform schon früh um Jobs außerhalb von Dienstgraden ging, legt die Person nahe, die sie geplant hat. Als 2010 der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) eine Kommission einberief, die Vorschläge für eine Reform der Bundeswehr erarbeiten sollte, setzte er einen Mann an die Spitze des Gremiums, der sonst beruflich eher wenig mit Soldaten zu tun hat: Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundesagentur für Arbeit.
Die Weise-Kommission schlug in ihrem Abschlussbericht vor, „einen freiwilligen, bis zu 23-monatigen Dienst einzuführen, der allen erwachsenen Bürgerinnen und Bürgern offensteht und ihnen die freie Wahl des Engagements bietet“. In Krankenhäusern, Kinderkrippen, beim technischen Hilfswerk oder in der Entwicklungshilfe zum Beispiel. Ein Jahr darauf trat der Dienst in Kraft.
„Es hat sich nichts geändert“
Im Warteraum des Senftenberger Jobcenters hält eine Frau einen baunen Umschlag fest. Seine Ecken hat sie abgeknibbelt und dann mit Tesafilm geflickt. Sie sitzt mit dem Rücken zur Tapete und blickt in einen langen Flur. Ihr Hals ist faltig, die Haarfarbe frisch. Ein dunkles Violett. Eine Tür öffnet sich. Die Frau, die herauskommt, ist in ihrem Alter, sie trägt Dauerwelle, Brille und ein Bündel loser Zettel in der Hand. „Es hat sich nichts geändert“, sagt sie zu einem Mann. Hier im Landkreis Oberspreewald-Lausitz sind 14,8 Prozent der Menschen über 50 arbeitslos.
Das Land um Senftenberg war bis zur Wende Bergbauregion. Brikettfabriken, Braunkohleveredelung, das Kohlerevier schaffte Arbeitsplätze. Als die Gruben nicht mehr gebraucht wurden, halfen einige der Arbeiter noch dabei, Ackerland oder Badeseen aus ihnen zu machen. Seit sie damit fertig sind, sitzen sie am Bahnhofskiosk unter dem Coca-Cola-Sonnenschirm und lösen Kreuzworträtsel.
Beim Jobcenter ist Hans-Jörg Milinski zuständig für die Altersgruppe „Fünfzig plus“. Dass staatliche Arbeitsvermittler wie er Leute auf den Bundesfreiwilligendienst hinweisen, sagt er, „ist überall so. Auch hier.“ Im Grunde, sagt er, gilt für das Ehrenamt, was auch für 1-Euro-Jobs galt: gut für das soziale Umfeld der Menschen, aber schlecht für den „Klebeeffekt“ im Betrieb. Dass Arbeitgeber einer bezuschussten Arbeitskraft einen richtigen Job anböten, sei eine Seltenheit.
Politische Absicht – offiziell keine
Jobs vom Staat für wenig Geld und ohne Perspektive – „Freiwilligendienst“ klingt da viel besser. Doch Arbeitsministerin von der Leyen bestreitet eine politische Absicht, die Bufdis gegen 1-Euro-Jobber auszutauschen: Das Einsparen bei den 1-Euro-Maßnahmen stehe „in keinem Zusammenhang mit der Zunahme von Freiwilligendienststellen“, sagt sie.
Tatsächlich hat die Bundesagentur für Arbeit im August 2012 in einer Weisung Jobcentermitarbeitern verboten, Hartz-IV-Empfänger „aktiv“ zum Bundesfreiwilligendienst zu raten. Allerdings: Sie dürfen „im Bedarfsfall Auskünfte erteilen“ – solange alles freiwillig bleibt. Bedürftige Interessenten gibt es ja genug.
Die Bedenken, die Familienministerin Schröder noch vor zwei Jahren dabei hegte, spielen heute keine Rolle mehr. Am 4. August 2011 sagte ihr Staatssekretär, „eine Unterstützung oder Begleitung – wie sie für Langzeitarbeitslose mit komplexen Problemlagen notwendig wäre – wird im Rahmen eines Freiwilligendienstes nicht geleistet“. Das Ehrenamt eigne sich deshalb „regelmäßig nicht“ für Hartz-IV-Empfänger, sagte er damals.
Hartz IV-Empfänger sind darauf angewiesen
Bundesfreiwilligendienst ist nicht berufsqualifizierend. Das weiß auch Michele Fischer, Beraterin bei der Weiterbildungsfirma Europanorat in Senftenberg. Trotzdem hat sie ihre „Fünzigplusser“ immer gleich bei der Stadt anrufen lassen, wenn die neue Bufdi-Stellen ausgeschrieben hatte, sagt sie. Der Eingang ihres Büros ist nur 200 Meter vom gläsernen Rathaus am Marktplatz entfernt. Man muss schnell sein, die Stellen sind rar.
Dann: Anschreiben, Foto, Lebenslauf. „Es ist einfach eine zusätzliche Einnahme zu ihrem Hartz IV“, sagt Arbeitsvermittlerin Fischer. „Die rechnen mit jedem 20-Euro-Schein, manchmal mit Fünfern.“
Aber den Bundesfreiwilligendienst muss man auch durchhalten. Etwa beim Winterdienst des städtischen Bauhofs. „Das heißt eben: um fünf Uhr anfangen, warm einpacken, mit dem Schneeschieber fahren, wenn man einen Führerschein hat, mit der Schneewalze durch die Gegend“, sagt Fischer, „oder Häuserblöcke und Einrichtungen schneefrei halten.“ Dafür sei nur geeignet, wer gesundheitlich keine Einschränkungen habe, sagt sie, wer kräftig ist.
Ist auch Winterdienst ein Ehrenamt? Die Tätigkeiten, die Bundesfreiwillige übernehmen, dürfen ebenfalls niemals bezahlte Arbeitsplätze ersetzen: die sogenannte Arbeitsmarktneutralität ist gesetzlich vorgeschrieben. Das zuständige Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben gehe „allen Hinweisen auf Verstöße“ nach, sagt eine Sprecherin von Ministerin Schröder. Peter Klenter vom Deutschen Gewerkschaftsbund sieht das nicht so. Er sagt: „Das Bundesamt zieht den Kopf ein.“
Prekäres Beschäftigungsverhältnis
Wenn die Große Koalition der Forderung der Kommunen nachkommt und deutlich mehr als die bisher 35.000 Bufdi-Stellen finanziert, dann „steigt die Wahrscheinlichkeit sehr plausibel, dass es zu einer Verdrängung von regulären Arbeitsplätzen kommt“, sagt auch Sozialwissenschaftler Stefan Sell. Für Klenter ist der Bundesfreiwilligendienst, so wie ihn der Senftenberger Bürgermeister einsetzt, ein „prekäres Beschäftigungsverhältnis“. Ausbeutung.
„Der von Freiwilligen durchgeführte Winterdienst erfolgt zusätzlich auf kommunalen Grundstücken, auf denen sonst gar kein Winterdienst durchgeführt würde“, rechtfertigt sich Bürgermeister Fredrich.
In seinem Rathaus hängen Kohlezeichnungen, die ahnen lassen, wie es hier einmal aussah: Bagger, Kräne, Gruben, Schwärze. In der heutigen Landschaft um Senftenberg herum erinnert nichts mehr daran. Damit das so ist, hat Fredrich gerade 3 Millionen Euro investiert: in den neuen Stadthafen.
Weiße Privatboote pendeln jetzt vor der Promenade, in Blumenkübeln stehen Palmen.
Zu seinem ersten Hafenfest im August zündet Andreas Fredrich ein Feuerwerk. Danach präsentiert er zwei Tage lang Bühnenshows. Für den Aufbau sind eingeteilt: Bundesfreiwillige.
Wertschätzung und Mitbestimmung
„Die Einbindung der Bundesfreiwilligen beim Bühnenaufbau hatte motivierenden und wertschätzenden Charakter, da die Freiwilligen so das ganze Aufgabenspektrum eines Gemeindearbeiters kennenlernen“, sagt der Bürgermeister.
Wie wertgeschätzt ihre Tätigkeit wirklich ist, spüren die Bufdis am deutlichsten, wenn sie sich auf Arbeitnehmerrechte berufen wollen. Die gelten für sie nicht. So hat der Personalrat der Senftenberger Beamten zwar ein Mitbestimmungsrecht, was den Einsatz von Ehrenamtlern betrifft. Doch hier wie in allen anderen Städten vertreten sie die Arbeiter und nicht die Bufdis.
Angesprochen auf die Rechte der Ehrenamtler, verweist Uwe Schippmann vom Deutschen Städtetag auf die Sprecherinnen und Sprecher, die ihnen laut Bundesfreiwilligendienstgesetz seit Juli 2011 zustehen: „Diese vertreten die Interessen der Freiwilligen gegenüber den Einsatzstellen, Trägern, Zentralstellen und den zuständigen Bundesbehörden“, sagt er. Doch diese Sprecher existieren noch nicht. „Erstmals in diesem Jahr“ sollen die Bufdis laut Familienministerin Schröder online Stellvertreter wählen können.
Aber selbst wenn es die Sprecher dann geben sollte: „Sie haben keinerlei formalisierte Mitbestimmungs- und Informationsrechte“, sagt Gewerkschafter Klenter.
Im Schrebergarten legt Detlef Schulz seinen Vertrag auf die blaue Häkeltischdecke. „Vier Wochen Kündigungsfrist“, steht darin, „oder fristlos aus einem wichtigen Grund“. Wie dieser Grund definiert ist, steht dort nicht. An wen würde er sich wenden, wenn er Ärger bekäme? Schulz schaut die Gurken an. An die Frau von der Stadt?
„Die Stadt hat mir versprochen, dass ich im nächsten Jahr wiederkommen kann“, sagt Schulz. In der nächsten Badesaison. Hoffentlich klappt das. Wenn ihm im Dezember dann das Taschengeld wegbricht, müssen er und seine Frau zumindest nicht ganz zurück auf Hartz IV. Seit September hat sie eine neue Stelle, sie ist Kindergartenhelferin. Als Bufdi.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren