Meiler aus Franco-Zeiten: Fischzucht in spanischem AKW

Bizarres aus dem Baskenland: Das Atomkraftwerk in Lemóniz soll zur Fischzucht umgebaut werden. Warum die Tiere nicht strahlen werden.

Das AKW Lemoníz

Hier sollen die Fische rein: das AKW Lemoníz Foto: imago/Sven Simon

MADRID taz | Die Atomanlage aus den 1970er Jahren wurde nie mit Brennstäben bestückt. Lemóniz am Golf von Biskaya ist eine der größte Industrieruinen auf der iberischen Halbinsel. AKW und Gelände gehörten bisher der spanischen Zentralregierung in Madrid und dem Energieversorger Iberdrola. Zum Jahreswechsel geht es in den Besitz der baskischen Regierung über.

Die Ministerin für Wirtschaftsentwicklung der baskischen Autonomieregierung, Arantxa Tapia, hält das Gelände für geradezu ideal, um dort Lachs, Forelle, Flundern, Krabben und Langusten zu züchten. Denn: Das AKW verfügt über einen intakten Kühlkreislauf. Damit könnte das Wasser für die Fischzucht auf das Gelände gepumpt werden. Die Wasserqualität an der Küste sei ausgezeichnet.

Ein Teil der AKW-Gebäude könnten entsprechend umgebaut werden. Das vier Hektar große Gelände herzurichten soll 18 Millionen Euro kosten, die Fischzucht an sich weitere 25 bis 60 Millionen Euro. Investoren aus Frankreich und Norwegen hätten bereits Interesse gezeigt, erklärte Tapia. Es gehe darum, „mehr wirtschaftliche Aktivitäten und Arbeitsplätze“ in der Küstenregion zu schaffen. Insgesamt sollen 350 bis 550 Menschen Arbeit finden, die jährlich 11.000 Tonnen Fisch und Krustentiere produzieren. Falls weitere Investoren Interesse zeigen würden, könnte das Projekt bis zu einer Größe von 5,5, Hektar erweitert werden.

Lemóniz wurde nie in Betrieb genommen. Der Bau wurde noch unter der Franco-Diktatur 1972 begonnen. Das Kraftwerk sollte eine Leistung von 1000 Megawatt haben. Mitte de 1970er Jahre, nach dem Tod des Diktators, kam es immer zu immer stärkeren Protesten gegen das AKW. Es entstand eine breite Bewegung. Auf der Baustelle selbst gab es immer wieder Sabotageakte.

Attentat der ETA

Bald schon mischte sich auch die bewaffnete Separatistenorganisation ETA ein. 1977 griff ein Kommando das Wachpersonal der paramilitärischen Guardia Civil an. Ein Jahr später explodierte eine Bombe im Reaktorgebäude. Der Sprengsatz richtete schweren Schaden an. Zwei Arbeiter kamen ums Leben, acht weitere wurden verletzt.

1981 entführte ETA den Chefingenieur und setzte der Regierung die Frist von einer Woche, um den Bau zu stoppen. Als diese verstrich, erschoss die Gruppe den Ingenieur. 1982 schließlich wurde der Chef des Betreiberkonsortiums ermordet. Noch im selben Jahr wurde der Bau gestoppt. 1984 beendete die sozialistische Regierung unter Felipe González den Ausbau der Atomenergie in ganz Spanien. Seither ziert die Industrieruine ungenutzt die Atlantikküste.

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