Meiler aus Franco-Zeiten: Fischzucht in spanischem AKW
Bizarres aus dem Baskenland: Das Atomkraftwerk in Lemóniz soll zur Fischzucht umgebaut werden. Warum die Tiere nicht strahlen werden.
Die Ministerin für Wirtschaftsentwicklung der baskischen Autonomieregierung, Arantxa Tapia, hält das Gelände für geradezu ideal, um dort Lachs, Forelle, Flundern, Krabben und Langusten zu züchten. Denn: Das AKW verfügt über einen intakten Kühlkreislauf. Damit könnte das Wasser für die Fischzucht auf das Gelände gepumpt werden. Die Wasserqualität an der Küste sei ausgezeichnet.
Ein Teil der AKW-Gebäude könnten entsprechend umgebaut werden. Das vier Hektar große Gelände herzurichten soll 18 Millionen Euro kosten, die Fischzucht an sich weitere 25 bis 60 Millionen Euro. Investoren aus Frankreich und Norwegen hätten bereits Interesse gezeigt, erklärte Tapia. Es gehe darum, „mehr wirtschaftliche Aktivitäten und Arbeitsplätze“ in der Küstenregion zu schaffen. Insgesamt sollen 350 bis 550 Menschen Arbeit finden, die jährlich 11.000 Tonnen Fisch und Krustentiere produzieren. Falls weitere Investoren Interesse zeigen würden, könnte das Projekt bis zu einer Größe von 5,5, Hektar erweitert werden.
Lemóniz wurde nie in Betrieb genommen. Der Bau wurde noch unter der Franco-Diktatur 1972 begonnen. Das Kraftwerk sollte eine Leistung von 1000 Megawatt haben. Mitte de 1970er Jahre, nach dem Tod des Diktators, kam es immer zu immer stärkeren Protesten gegen das AKW. Es entstand eine breite Bewegung. Auf der Baustelle selbst gab es immer wieder Sabotageakte.
Attentat der ETA
Bald schon mischte sich auch die bewaffnete Separatistenorganisation ETA ein. 1977 griff ein Kommando das Wachpersonal der paramilitärischen Guardia Civil an. Ein Jahr später explodierte eine Bombe im Reaktorgebäude. Der Sprengsatz richtete schweren Schaden an. Zwei Arbeiter kamen ums Leben, acht weitere wurden verletzt.
1981 entführte ETA den Chefingenieur und setzte der Regierung die Frist von einer Woche, um den Bau zu stoppen. Als diese verstrich, erschoss die Gruppe den Ingenieur. 1982 schließlich wurde der Chef des Betreiberkonsortiums ermordet. Noch im selben Jahr wurde der Bau gestoppt. 1984 beendete die sozialistische Regierung unter Felipe González den Ausbau der Atomenergie in ganz Spanien. Seither ziert die Industrieruine ungenutzt die Atlantikküste.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Wissenschaftlerin über Ossis und Wessis
„Im Osten gibt es falsche Erwartungen an die Demokratie“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus