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■ Fusion: Triumph der PDSMehrheitsfähig

Die tiefen Gräben, die zwischen Ost und West noch existieren, sind über die Fusionsfrage wieder einmal aufgebrochen. Die PDS artikuliert offenkundig in vielen wichtigen politischen Fragen die Interessen und Gefühle der Mehrheit der Ossis. Die PDS kämpfte mit vielen demagogischen Anspielungen auf die Fehler des Vereinigungsprozesses, aber auch mit viel Gespür für die Befindlichkeit der Ostdeutschen als einzige Partei geschlossen gegen die Fusion. Sie hat nicht nur das eigene Wählerklientel fast vollständig mobilisiert, sondern – sei es nun durch den Kopf oder durch den Bauch – auch viele Anhänger der anderen Parteien. Die Volksabstimmung hat verdeutlicht, daß der Osten der Hauptstadt und das Land Brandenburg gegen die PDS auf längere Sicht kaum regierbar sind.

Manfred Stolpe mag sich inzwischen in seinen Allerwertesten gebissen haben, daß er die PDS nicht frühzeitig in die Vorbereitung der Länderfusion eingebunden hat. Signale der Brandenburger PDS hat es geben, ob sie ernsthaft waren, hat die SPD-Landesregierung nie in Erfahrung bringen wollen.

Die Positionen der PDS haben sich in Ostberlin und Brandenburg in Konfrontation mit den anderen, westdeutsch dominierten Parteien erstmals als mehrheitsfähig erwiesen. Das stärkt das Selbstbewußtsein der Ossis und wird der PDS neue Wählerschichten erschließen. Die politischen Konkurrenten werden nach Wegen suchen müssen, die PDS als Opposition oder auch als Teil einer Landesregierung in politische Entscheidungsprozesse einzubinden. Gerade diejenigen, die ständig den verquasten Begriff der „inneren Einheit“ strapazieren, sollten sich davor hüten, die PDS zum Prügelknaben ihrer Pleiten- und Pannenkampagne zu machen oder neue Erziehungsziele für die renitenten Ossis zu formulieren.

Die PDS wird auf der anderen Seite ihren vor allem in Berlin starren Oppositionskurs nicht mehr lange durchhalten können. Die Menschen, die in dieser wichtigen politischen Frage den Argumenten der PDS gefolgt sind, werden wissen wollen, für welche praktischen Veränderungen, die mehrheitsfähig und finanzierbar sind, die Partei steht. Christoph Seils

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