Mehrheit für US-Gesundheitsreform: "Ein großer Schritt für das Volk"
Im US-Senat ist nach monatelangem Streiten und Verhandeln doch noch eine demokratische Mehrheit für die Gesundheitsreform zustande gekommen. Obama ist sichtlich erleichtert.
WASHINGTON rtr | Die US-Gesundheitsreform hat eine große Hürde genommen. Die Demokratische Partei sicherte sich am Wochenende im Senat eine Mehrheit für eines der wichtigsten innenpolitischen Projekte von Präsident Barack Obama. Damit kann die erste allgemeine und staatlich finanzierte Krankenversicherung der USA noch vor Ablauf des ersten Regierungsjahres Obamas im Januar verabschiedet werden.
"Das ist ein großer Schritt für das amerikanische Volk", sagte Obama am Wochenende. "Nach einem fast hundertjährigen Kampf stehen wir an der Schwelle dazu, die Gesundheitsreform Realität werden zu lassen." Obama hatte die Reform zu einem großen Wahlkampfthemen gemacht. Die Unterstützung für den massiven staatlichen Eingriff in das Gesundheitswesen ist jedoch in den vergangenen Monaten geschwunden.
In Marathonverhandlungen gewannen die Demokraten am Samstag die 60. und damit entscheidende Stimme für die Reform im Senat. Senator Bob Nelson sicherte sein Votum zu, nachdem die Partei eine Finanzierung von Schwangerschaftsabbrüchen über die geplante Versicherung weitgehend ausschloss. Der Punkt hat auch im Repräsentantenhaus für heftige Diskussionen gesorgt und dürfte bei der Angleichung der unterschiedlichen Gesetzesentwürfe aus den beiden Kammern noch einmal eine Rolle spielen.
Im nächsten Schritt muss der Senat seinen Entwurf mit den inzwischen ausgehandelten Ergänzungen in mehreren Abstimmungen verabschieden. Das Verfahren soll am Montag beginnen und bis Heiligabend beendet sein. Dann wäre noch eine Woche Zeit für die Vermittlungsgespräche mit dem Repräsentantenhaus. Beide Häuser des Kongresses müssen dann noch einmal dem endgültigen Gesetzestext zustimmen. Obama hat die Abgeordneten gebeten, die Reform bis Jahresende fertig zu haben.
Kern der Reform ist die Aufnahme von gut 30 Millionen bislang unversicherten Amerikanern in die Absicherung. Der Staat wird die Beitragszahlungen von Mitgliedern und kleinerer Unternehmen unterstützen. Zudem ist festgelegt, dass Patienten mit Vorerkrankungen nicht mehr wie bislang üblich von der Krankenversicherung ausgeschlossen sind. In den monatelangen Diskussionen kippten die Abgeordneten allerdings unter anderem das von Obama vorgeschlagene staatliche Versicherungsangebot. Stattdessen soll die Bundesregierung nun Verträge mit zwei Unternehmen abschließen, die auf nationaler Ebene oder zumindest über mehrere US-Bundesstaaten hinweg eine Versicherung anbieten.
Die Gesundheitsreform kostet offiziellen Berechnungen zufolge 871 Milliarden Dollar in den ersten zehn Jahren. Der Aufwand wird durch Ausgabenersparnisse in Höhe von 483 Milliarden Dollar und erwartete Umsätze von 498 Milliarden Dollar mehr als ausgeglichen.
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