Mehr ausgeben und dabei sparen: Regierung trickst bei Bildung
Das Auswärtige Amt muss sparen. Damit Schulen im Ausland nicht zu sehr leiden, bedient man sich des Topfes für zusätzliche Bildungsausgaben.
BERLIN taz | Mehr ausgeben und dabei sparen - das Auswärtige Amt macht vor, wie eine solche Finanzdiät aussehen kann. Es saniert seinen Etat für die auswärtige Kultur und Bildungsarbeit mit Hilfe von 50 Millionen Euro, die aus dem Topf stammen, den Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) als "Zusatzinvestitionen" deklariert hatte.
Auslöser dieser Buchungstricks ist die schwarz-gelbe Bundesregierung selbst. Sie beschloss 2010, die Neuverschuldung zu senken, und verordnete jedem Ministerium Kürzungen. Der Bundestag beschließt den Haushalt für 2011 im November.
Der Haushaltsplan des Auswärtigen Amtes weist fürs nächste Jahr kräftige Kürzungen aus, und zwar auch bei der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Das betrifft die deutschen Schulen im Ausland, Stipendienprogramme und Exzellenzzentren, die ausländische Spitzenforscher mit den hiesigen vernetzen sollen. Fast 70 Millionen Euro sollten laut Haushaltsplan in diesem Bereich wegfallen.
Doch dank der Sondermittel für Bildung und Forschung werden nur knapp 20 Millionen Euro gestrichen. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte: "Dank des 12-Milliarden-Topfes für Bildung und Forschung können viele Projekte in der auswärtigen Bildungsarbeit fortgesetzt werden."
Dass die Bundesregierung dieses Geld einst zusätzlich in die "zentralen Zukunftsfelder" Bildung und Forschung investieren wollte, scheint vergessen. Noch im Juni betonte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der Haushaltsaufstellung: "Für uns war klar, dass wir in dieser Legislaturperiode 12 Milliarden Euro mehr ausgeben." Sven-Christian Kindler, grünes Mitglied im Haushaltsausschuss des Bundestages, ist verblüfft: "Beherrscht jemand bei Schwarz-Gelb noch die Grundrechenarten? Das sind peinliche Rechentricks." Ende Oktober will der Haushaltsausschuss noch einmal über den Entwurf des Auswärtigen Amtes beraten.
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