Mehr Überschuss war nie: Stromexportweltmeister Deutschland
Höchster Exportüberschuss in der Geschichte der BRD: Im ersten Quartal wurden 6,7 Prozent mehr Strom erzeugt als verbraucht. EnBW droht indes mit Investitionsstopp.
FREIBURG taz | Der Exportweltmeister Deutschland macht auch beim Strom seinem Ruf alle Ehre: Im ersten Quartal 2010 erzielte die Bundesrepublik mit gut 9 Milliarden Kilowattstunden den höchsten Exportüberschuss ihrer Geschichte. Das belegen Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen. Damit wurde im ersten Quartal in Deutschland 6,7 Prozent mehr Strom erzeugt als verbraucht - obwohl die Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel nicht eine einzige Kilowattstunde produzierten.
Der Exportüberschuss entsprach ziemlich exakt jener Menge, die in der gleichen Zeit in den alten Reaktoren Biblis A und B, Neckarwestheim I, Isar 1, Philippsburg 1 und Grafenrheinfeld erzeugt wurde. Das bedeutet: Deutschland hätte auf acht Atomkraftwerke verzichten können - und hätte selbst dann noch eine ausgeglichene Bilanz. Indizien für eine "Stromlücke", die von der Atomlobby für den Fall des Ausstiegs angeführt wird, gibt es folglich nicht. Zumal der Exportüberschuss Deutschlands seit Jahren steigt. Bis ins Jahr 2002 war die Bilanz mit leichten Schwankungen recht ausgeglichen, danach gab es jährlich Überschüsse mit Werten um 20 Milliarden Kilowattstunden.
Zu verdanken ist diese Entwicklung dem Ausbau der erneuerbaren Energien. Alleine die Windkraft erzeugte im ersten Quartal trotz vielerorts unterdurchschnittlicher Windverhältnisse 10,6 Milliarden Kilowattstunden, gut 3 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Fotovoltaik legte gegenüber dem Vorjahr um 30 Prozent zu, blieb aber in absoluten Zahlen jahreszeitbedingt mit 0,9 Milliarden Kilowattstunden noch relativ niedrig. Durch die rasanten Ausbauzahlen wird aber auch die Solarenergie in den nächsten Jahren zu einem immer bedeutenden Faktor im deutschen Strommix. Die Wasserkraft erzielte mit einem Anstieg um 5 Prozent auf 4,4 Milliarden Kilowattstunden ebenfalls gute Werte, genau so wie die Biomasse, die im Stromsektor von 6,1 Milliarden auf 7,3 Milliarden Kilowattstunden zulegte.
Nicht nur durch den Boom der erneuerbaren Energien, sondern auch durch die geplante Brennelementesteuer sehen sich die Atomkonzerne inzwischen massiv unter Druck. Die EnBW kündigte jetzt in ihrer Verzweiflung an, sie werde einen Investitionsstopp prüfen, wenn die neue Steuer komme. Denn damit reduziere sich ihr Jahresgewinn um 500 bis 600 Millionen Euro.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott