Mehr Teilnehmerinnen bei der WM: Hochmut vor dem Fall
Hierzulande ist die Erweiterung der WM skeptisch bewertet worden. Doch die Entscheidung der Fifa erweist sich aus mehreren Gründen als richtig.
D ie Sorge vor der Weltmeisterschaft war nicht klein, die Erweiterung des Teilnehmerfeldes würde die Spanne zwischen oben und unten allzu sehr spreizen. Die Bedenken wurden vor allem von denen geäußert, die sich oben wähnten, an der Spitze der Entwicklung, die in den letzten Jahren eine so große Dynamik erfahren hat. So warnten etwa die ehemalige und aktuelle Bundestrainerin, Silvia Neid und Martina Voss-Tecklenburg, dieser Schritt komme womöglich etwas zu früh. Für die Außenwirkung könnten zu einseitige Begegnungen schädlich sein.
Aber bei dieser WM, so viel lässt sich nach der Vorrunde sagen, ist nicht die Unterlegenheit, sondern eher die Überheblichkeit einiger eine Auffälligkeit – ganz besonders aus deutscher Perspektive. Unterschätzt wurde, dass die enorme Entwicklung des Frauenfußball bereits eine globale Dimension hat.
Gewiss hat es deutliche Niederlagen der Neulinge gegeben. Aber selbst die Vietnamesinnen, die gegen die Niederländerinnen demontiert wurden (0:7), zogen sich gegen Weltmeister USA (0:3) passabel aus der Affäre, die wiederum nur mit Glück ein vorzeitiges WM-Ausscheiden vermeiden konnten.
Und Teams, die bei der letzten WM noch nicht konkurrenzfähig waren, stehen dieses Mal im Achtelfinale. Jamaika schied 2019 punktlos und mit einem Torverhältnis von 1:12 aus, nun haben sie in der vielleicht schwierigsten Gruppe mit Frankreich und Brasilien ohne einen Gegentreffer die nächste Runde erreicht. Ebenso wie die Südafrikanerinnen, die sich ebenfalls enorm gesteigert haben.
Im europäischen Kosmos scheint man so einiges nicht mitbekommen zu haben. Gerade bei den Deutschen staunt man plötzlich, dass die Abstände in der Weltrangliste, die früher mit einer Sieggarantie verbunden waren, nicht mehr allzu viel bedeuten. Kolumbien (Position 25) oder Südkorea (Position 17) sind zu komplizierten, schier unlösbaren Herausforderungen geworden, auch weil die Vorstellung von der eigenen Stärke mit der Realität nicht in Einklang zu bringen ist. Marokko ist gar nach einer 0:6-Niederlage gegen Deutschland im Unterschied zu diesen noch bei der Weltmeisterschaft dabei.
Der Antrieb der Fifa, die Zahl der WM-Teilnehmerinnen zu erweitern, mag ein kommerzielles gewesen sein. Die Erweiterung der Fußballmärkte und die höheren Erlöse, die sich daraus ergeben, sind für den Weltverband stets ein unschlagbares Argument. Jedoch hat diese Maßnahme jetzt ihre sportliche Rechtfertigung erfahren.
Das Gewinnstreben des Weltverbands harmonisiert mit anderen Entwicklungen ebenfalls prächtig. Denn bei diesem Turnier erfuhr Sambias Trainer Bruce Mwape, dass es ein weltweites Interesse daran gibt, zu hören, was er zu den Vorwürfen der sexuellen Gewalt zu sagen hat, die gegen ihn aus dem Team anonym erhoben wurden. Sexuelle Übergriffe gegen haitianische Fußballerinnen fanden ebenso Erwähnung in der Vorberichterstattung bei deren WM-Auftritten. Zum Thema wurden die schlechte Behandlung der nigerianischen Fußballerinnen durch den Verband. Die Fifa hat alles richtig gemacht.
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