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Medizin"Sex ist blöd, davon kriegt man Krebs"

Eine Spritze, und schon ist das Virus erledigt, das Gebärmutterhals-Krebs verursachen kann. Klingt wunderbar, oder?

Wichtige Impfung oder Panikmache?Mädchen und Eltern sind irritiert Bild: dpa

Bremen taz Der Text beginnt ganz harmlos. "Liebe Schülerinnen, liebe Eltern", heißt es in dem Flyer, den das Bremer Gesundheitsamt im Mai an Schulen verteilen ließ. "Seit März empfiehlt die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut in Berlin die Impfung aller Mädchen von 12 bis 17 Jahren gegen so genannte Humane Papillomviren (HPV)."

ERKENNEN UND HEILEN

Die Impfung ist nur eine Möglichkeit, Gebärmutterhalskrebs zu verhindern. Mittels der Pap-Abstriche am Muttermund wird getestet, ob Krebsvorstufen bestehen, die entfernt werden müssen. Wird der Krebs im Frühstadium entdeckt, liegen die Heilungschancen bei fast 100 Prozent. Doch immer wieder werden Zweifel an der Qualität der Tests laut. Die Ständige Impfkommission (Stiko) forderte eine Verbesserung der Früherkennung - auch im Interesse der Impfstrategie. "Es liegen für Deutschland keine Daten vor, wer zu den Untersuchungen geht, noch was bei diesen herauskommt", sagt Stiko-Geschäftsführerin Christiane Meyer. Fachleute fordern ferner eine Untersuchung auf HP-Viren.

In Wolfsburg läuft ein Pilotprojekt, bei dem sich Frauen ab 30 kostenlos testen lassen können. Die Krankenkassen zahlen inzwischen die Impfkosten für 12- bis 17-jährige Mädchen. eib

So weit, so sachlich. Doch wer weiterliest, bekommt es mit der Angst zu tun. Das Virus, so erfährt man, gelangt beim Geschlechtsverkehr in den Körper und löst zu "99 Prozent" den "zweithäufigsten Krebs der Frau" aus. Nämlich am Gebärmutterhals, wo das Virus zur "Entartung des Gewebes mit bösartigem Wachstum" führen kann. Jedes Jahr stürben 1.700 Frauen in Deutschland an Gebärmutterhalskrebs, Kondome böten keinen sicheren Schutz.

Doch die Lage ist nicht aussichtslos, denn gegen die beiden HPV-Untertypen 16 und 18, die zu 70 Prozent für den durch HPV ausgelösten Krebs verantwortlich seien, sei ein Impfstoff entwickelt worden, "der vor der langfristigen Infektion und der Entstehung des Gebärmutterhalskrebses" schütze. Als Konsequenz aus dieser Empfehlung wollen einige Bundesländer die Impfung an Schulen einführen. Besonders fortgeschritten sind die Vorbereitungen in Bremen.

Krebs der Armen

Geradezu euphorisch wurde die vermeintliche Krebsimpfung in den vergangenen Monaten in den Medien gefeiert. Wer ihren Nutzen in Frage stellte, wurde entweder ignoriert oder sah sich mit dem Vorwurf konfrontiert, Menschenleben zu gefährden. Dabei sind es nicht nur die üblichen Verdächtigen, die homöopathische Mittel statt Impfung empfehlen. Eine Reihe von Schulmedizinerinnen und Schulmedizinern betrachtet das Vorgehen als übereilt und fordert mehr Zeit für Forschung.

Zu ihnen gehört der Vorsitzende des Tumorzentrums der Bremer Krebsgesellschaft, Ulrich Bonk. Aus Marketinggründen, so glaubt er, hätten einige Krankenkassen ohne eigene Begleitstudien die Impfkosten übernommen, bevor die Kommission ihre Empfehlung ausgesprochen hatte. Dies habe die Kommission unter Druck gesetzt.

"Das Thema Krebs ist sehr emotional besetzt", sagt die Landesgeschäftsführerin der Bremer Pro Familia, Annegret Siebe. Sie verlangt, Eltern so aufzuklären, dass ihnen eine "informierte Entscheidung" ermöglicht werde. Der besagte Flyer aber vermittle das Gefühl, dass jeder das Leben seiner Tochter riskiere, wenn er diese nicht sofort zum Arzt schicke. "Eltern haben Angst, etwas falsch zu machen", sagt Siebe. Auch die Mädchen, die zu Pro Familia kommen, seien verunsichert: "Da heißt es dann 'Sex ist blöd, davon kriegt man Krebs'."

Das Bremer Gesundheitsamt unterlasse es nicht nur, diesen Irrtum aufzuklären, sondern verbreite zudem falsche Informationen. Tatsächlich war Gebärmutterhalskrebs bis zur Einführung des Früherkennungsprogramms im Jahr 1971 in Deutschland die häufigste Krebsart, rangiert mittlerweile aber an zehnter Stelle. Nicht hierzulande, sondern weltweit ist es der zweithäufigste Krebs bei Frauen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation sterben jedes Jahr 250.000 Frauen daran, davon 80 Prozent in Entwicklungsländern. Weil Früherkennung dort auf absehbare Zeit kaum machbar ist, würden insbesondere die Frauen in diesen Länder von der Impfung profitieren, sofern sie kostengünstig angeboten würde.

Unzutreffend ist auch die Behauptung, dass diese Krebsart in 99 Prozent der Fälle durch das Virus ausgelöst werde. Vielmehr ist nur gesichert, dass in 90 Prozent der bösartigen Tumore das HPV-Virus festgestellt wurde, wie auch die Impfkommission in ihrer Empfehlung notiert. Dass die Impfung tatsächlich "langfristig" vor Gebärmutterhalskrebs schützt, muss erst nachgewiesen werden. Schließlich kann sich der Krebs Jahre oder gar Jahrzehnte nach einer Virusinfektion entwickeln. Bislang ist nachgewiesen, dass die Impfung in einem Zeitraum von fünf Jahren vor einer Infektion schützt.

"Es sind noch Fragen offen", bestätigt die Geschäftsführerin der Ständigen Impfkommission, Christiane Meyer. Um zu wissen, wie die Verhinderung der Infektion sich auf die Krebsrate auswirke und wie lange die Immunität anhalte, seien weitere Studien notwendig. "Das ist nicht ungewöhnlich bei einem neuen Impfstoff", sagt Meyer.

Hinweise, dass der Impfstoff gravierendere Nebenwirkungen habe als die bisher bekannten, gebe es derzeit nicht. Aus laufenden Untersuchungen lägen Daten von 60.000 Frauen vor, die nur von solchen Reaktionen berichtet hätten, die bei Impfungen typisch seien. "Sehr seltene Nebenwirkungen" seien darunter aber nicht erfasst.

Eine konservative US-amerikanische Verbraucherschutzorganisation berichtete im Mai von schweren Nebenwirkungen des Impfstoffs, der unter anderem zu Fehlgeburten und Missbildungen bei Neugeborenen führe. Christiane Meyer sagt dazu, die Datengrundlage sei zu unzureichend, um das Risiko bei Schwangerschaften einzuschätzen.

Dabei lohnt es sich bei dem Hersteller Merck & Co., der derzeit noch das Monopol auf den Impfstoff besitzt, genauer hinzusehen. Die Firma musste im Jahr 2004 das Schmerzmittel Vioxx vom Markt nehmen, weil fatale Nebenwirkungen auf das Herz-Kreislauf-System bemerkt worden waren. Wegen schwerer Erkrankungen und Todesfällen musste der Pharmakonzern Schadenersatz in Millionenhöhe zahlen. Es kam zu Gewinneinbrüchen, die nun, nicht zuletz dank des HPV-Impfstoffs Gardasil, aufgefangen werden konnten. Kein Wunder, dass die Firma dafür wirbt, ganze Jahrgänge "durchzuimpfen". In den USA, Italien und Großbritannien ist dies bereits geplant.

Vor allzu großer Euphorie warnte bereits im Herbst vergangenen Jahres, kurz nach der Zulassung von Gardasil, die Gynäkologin Diane Harper. Die Professorin der Dartmouth Medical School war an den Zulassungsstudien zu Gardasil und einem anderen Impfstoffen beteiligt. Sie befürwortet die Impfung, warnt aber auch: "Das ist kein Wundermittel." Es gebe zu viele Vorbehalte, sagt sie. So sei die Wirkung nur für Frauen zwischen 16 und 26 Jahren untersucht worden, das Mittel aber sei bereits für Mädchen ab 9 Jahren zugelassen.

Freilandversuch an Kindern

Eine schärfere Kritik formuliert der Arbeitskreis Frauengesundheit (AKF), in dem sich Medizinerinnen, Psychotherapeutinnen und Gesundheitsberaterinnen zusammengeschlossen haben. So lange die Wirkungen und Folgen des Impfstoffs nicht hinreichend untersucht seien, sei die Impfung ganzer Jahrgänge "ein unkontrollierter Feldversuch an Kindern", sagt Edith Bauer, die Sprecherin des AKF. Im Mai forderte der Arbeitskreis in einem offenen Brief, die Impfung nur im Rahmen von Studien durchzuführen. Nur so könnten negative Spätfolgen verhindert werden. Mit einem eigenen Informationsblatt möchte der AKF unsicheren Eltern und Mädchen die Entscheidung erleichtern.

"Ich empfehle die Impfung nicht, rate aber auch niemand davon ab. Die Impfkommission wird wissen, was sie tut", sagt die Frauenärztin Claudia Schumann, in deren Praxis im niedersächsischen Northeim der AKF-Flyer ausliegt. Etwa zehn Mädchen kämen jede Woche mit dem Wunsch, sich impfen zu lassen, womöglich aufgeschreckt durch einen Beitrag in der Bravo oder den Fernsehwerbespot einer Krankenkasse.

Den Mädchen erzählt Schumann, dass der Krebs eine sehr seltene Folge einer sehr häufigen Infektion ist, dass etwa 70 Prozent aller sexuell aktiven Frauen sich im Laufe ihres Lebens mit HPV infizieren, an Gebärmutterhalskrebs aber in Deutschland jährlich 6.500 Frauen erkranken. Sie sagt ihnen auch, dass fast alle Infektionen von selbst wieder heilen und meist unbemerkt bleiben, dass Kondome vor dem Virus zu 70 Prozent und anderen Erkrankungen sehr gut schützen und dass der regelmäßige Pap-Abstrich von Zellen des Gebärmutterhalses eine sehr gute Krebsfrüherkennung bietet. Und dass man die Früherkennung nicht vernachlässigen sollte, weil man sich nach der Impfung sicher glaubt. Vielleicht sagt sie auch noch, dass Rauchen und die Anti-Baby-Pille das Risiko erhöht, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken. "Die meisten machen die Impfung trotzdem", lautet die Erfahrung der Medizinerin. Sorgen bereiten ihr die Frauen, die weder zur Impfung noch zum Abstrich kommen, das seien nämlich diejenigen, die schließlich an zu spät entdecktem Krebs stürben.

Der Leiter des Bremer Gesundheitsamtes, Jochen Zenker, will trotz der Kritik die Impfungen an Schulen durchsetzen - um die "bildungsfernen Schichten" zu erreichen, die nicht zum Abstrich gehen. Er hofft, Ende des Jahres damit beginnen zu können, selbst wenn er einräumt, dass der Flyer aus seinem Haus vielleicht etwas "zu streng" formuliert war. Er soll nun modifiziert werden.

Annegret Siebe von Pro Familia wünscht sich, dass die Warnung vor Geschlechtskrankheiten, Aids und Krebs auf eine Weise geschehe, die Kindern und Jugendlichen nicht die Lust nimmt. Die Impfung soll ja vor dem ersten Geschlechtsverkehr geschehen. "Das ist doch ein schreckliches Bild von Sexualität, wenn man dabei nur noch an Krankheitserreger denkt."

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7 Kommentare

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  • SJ
    Stefan Jaenich

    Ich kann da nur sagen erschreckend.

    Mit welch einem Unwissen und Polemik hier Berichterstattung betrieben wurde.

    Die Aufklärungskampagne bewirkt doch eher, daß junge Mädchen und Frauen sich vor dem 1. Sexualkontakt informieren und Gedanken machen.

    Zudem sollte in einem Zeitalter von Aids, Chlamydien, HPV, HepB (zu der es auch einen Impfstoff gibt, der teuer ist, aber nicht in Frage gestellt wird), sowie weiteren sexuell übertragbaren Krankheiten auf jeden Fall gründlich aufgeklärt werden. Und der Spaß bei Sex wird sich wohl schon automatisch einstellen, das ist die Natur der Dinge und wird sicher auch nicht durch diese "böse" Auklärungskampagne verhindert. Aber laßt nur eure Mädels weiterhin im Wolkenkukuksland leben, Sex ist schön und alles ist toll. Ja was für ein schreckliches Bild, wenn man bei Sex nur noch an Krankheitserreger denkt. Arme Frau Siebe.

    Mittlerweile wissen viel mehr Frauen, daß Gebärmutterhalskrebs durch Viren, namentlich HPV Viren ausgelöst wird (und das ist Fakt, und nicht erst seit gestern bekannt).

    Folglich sind doch auch ältere Frauen vielleicht mal wieder motivierter einen Gynäkologen aufzusuchen für die Krebsvorsorge.

    Zusätzlich zu Gebärmutterhalskrebs schützt der momentan erhältliche Impfstoff der Firma MSD auch noch vor Feigwarzen.

    Ach ja und gut, daß bei der amerikanischen Verbraucherorgansiation konservativ davor steht. Wer hätte das gedacht...

    Langzeitstudiendaten gibt es noch nicht, aber diese Organisation weiß schon, daß es zu Fehlgeburten und Mißbildungen kommen kann. Interessant. Üblicherweise impft man nicht in der Schwangerschaft. Man muß sich doch die Frage stellen, kam es zu einem prozentual deutlich höheren Auftreten von Fehlgeburten, als es normal üblich wäre??? Haben die das wirklich so genau untersucht, ich glaube nicht!!!

  • IN
    Ihr NameVigil Berleth

    wenn die HPV-Impfung eines sicher nicht tut, dann ist es "eine Krebsart des Menschen fast komplett auszurotten". Wenn allerdings eine wie auch immer entstandene Impfeuphorie bezüglich HPV dazu führt, daß die Frauen "nicht mehr zur Krebsvorsorge gehen müssen", dann wird diese Impfung sehr viele Frauen das Leben kosten. Mein Hinweis: jeder Arzt, der Sie über HPV-Ipfung berät, wird betonen, daß trotz HPV-Impfung die bisher wichtigen Vorsorgeuntersuchungen zur Krebsvorsorge weiterhin bedeutend und wichtig sind.

  • DM
    Dr. Martin Terhardt

    Sehr geehrte Damen und Herren,

     

    Mit einiger Verärgerung habe ich die reißerischen und verfälschenden Überschriften ihres Aufmachers und des Artikels auf Seite 3 zum Thema HPV-Impfung gelesen (den Artikel natürlich auch).

     

    Als Vertreter der impfenden Kinder- und Jugendärzte (Ausschuss für Prävention und Frühtherapie des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte) muss ich diese Form des Journalismus kritisieren, die ich eher bei der Bild-Zeitung erwartet hätte.

    Gewiss, es gibt bei der HPV-Impfung noch viel Diskussionsbedarf, es ist ein heikles Thema, es ist eine enorm schnell durchgepeitschte Impfempfehlung.

    All das hat auch bei uns Unbehagen ausgelöst. Dennoch gilt es, die Fakten festzuhalten:

     

    Zur schnellen Zulassung:

    Für die Marktzulassung sind strenge europäische Behörden zuständig, für die Impfempfehlung der STIKO wurden alle zur Verfügung stehenden Daten sorgfältiig abgewogen. Die Amerikaner haben ihre Entscheidungen schon Monate früher gefällt, das hat sicher auch zur Beschleunigung des Verfahrens und zum Vorpreschen der Krankenkassen geführt.

    Zur Wirkung:

    Es gibt mittlerweile 5 ½ Jahre Erfahrung in Studien mit den beiden Impfstoffen. Gardasil (Sanofi-Aventis-Merck) ist seit einigen Monaten zugelassen, Cervarix (GSK) wird wohl im September zugelassen. Der Schutz vor HPV-Infektionen mit den in den Impfstoffen enthaltenen Serotypen ist für diese Zeit nachweisbar, es entstehen durch die Impfung sehr hohe Antikörper-Spiegel im Blut, die ausreichend sind, um eine Infektion im Bereich der Scheiden-/Gebärmutterhals-Schleimhaut zu verhindern. Die Dauer dieses Schutzes ist noch nicht definitiv geklärt, dazu bedarf es weiterer Beobachtungen.

    Zu Nebenwirkungen:

    Die Verträglichkeit der Impfstoffe ist vergleichbar mit den anderen auf dem Markt befindlichen Impfstoffen. Extrem seltene Komplikationen können naturgemäß erst nach Marktzulassung erfasst werden, dafür ist die Anzahl der Studienteilnehmern an Impfstudien trotz immens gesteigerten Aufwands immer zu niedrig. Oft ist auch die Klärung von ursächlichen Zusammenhängen zwischen seltenen Erkrankungen und Impfungen nur sehr schwer möglich.

    Unterschied von Primär- und Sekundärprävention:

    Nach der Hepatitis-B-Impfung, die die Entwicklung von Leberkrebs aufgrund einer chronischen Hepatitis B-Infektion verhindern kann, ist die HPV-Impfung die zweite Impfung, die tödliche Krebserkrankungen verhindern soll.

    Es ist ein Menschheitsziel und ein Traum von Krebsforschern, derartige Krankheiten nicht erst (troz "Früherkennung" oft zu spät) zu behandeln (=Sekundärprävention), sondern deren Entstehung verhindern zu können (=Primärprävention).

    Zum Preis:

    Der Impfstoffpreis ist unverschämt hoch, das mag vielschichtige Gründe haben, auch der Vioxx-Verlust mag da eine Rolle spielen. Die Politik schafft es nicht, bei der Preisfindung von neuen Medikamenten und Impfstoffen Regularien einzuführen. Deutschland gilt bei den Pharma-Multis als "Hochpreisland". Versuchen Sie mal, den Kapitalismus ausgerechnet beim Impfen abzuschaffen!

    Zur sonstigen Prävention:

    Die Impfung wird nicht alle Fälle von Cervix-Karzinom verhindern können, Früherkennung bleibt weiter wichtig, die Teilnahmeraten sind zu steigern.

    Zum Umgang mit Jugendlichen:

    Sexualaufklärung soll immer auch positiv gestaltet werden, das wissen wir schon seit AIDS. Es wäre der falsche Weg, den Mädchen nur noch weitere Ängste einzujagen.

    Auch religiöse Befindlichkeiten gilt es zu respektieren (große Diskussionen in USA!)

    Zum Thema "Zwangsimpfungen":

    Pflichtimpfungen oder freiwillige Impfkampagnen in den Schulen können eine Lösung des drängenden Problems niedriger Durchimpfungsraten bei Jugendlichen (auch bei allen anderen Jugendimpfungen!) sein, dafür benötigen wir aber bessere Vorbereitung und gesellschaftlichen Konsens. Auch wäre zu überlegen, ob man damit nicht erst einmal bei den anderen Impfungen anfangen sollte (Masern, Hepatitis B, Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Poliomyelitis).

     

    Wir Kinder- und Jugendärzt/innen sind uns unserer Verantwortung bewusst und nehmen Sie Tag für Tag wahr, auch indem wir die HPV-Impfung nach ausführlicher Beratung durchführen.

     

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Martin Terhardt

  • IN
    Ihr Name Ines Neumeister

    Ihren Kommentar hier eingeben

    Vielen Dank für den kritischen Artikel! Das scheint ein weiterer "Freilandversuch" an Frauen und Mädchen (wie etwa die Pille, Dreimonatsspritzen, etc.) zu sein und keineswegs von der Sorge um die weibliche Gesundheit motiviert. Mädchen sollte die Möglichkeit gegeben werden, ihre Sexualität genießen zu lernen, anstatt ständig in Angst und Schrecken versetzt zu werden.

  • DS
    Dr. SH Nolte, Marburg

    Spät kommt der TAZ heute die Reue, selbst so euphorisch über die Impfung gegen HPV berichtet zu haben! Ich hätte mir seinerzeit besseren Journalismus gewünscht, als das Nachbeten der Argumente derjenigen, die die Impfung mit aller Macht und gegen Kostenerstattung, das heißt, die Eltern müssen in jedem Fall das Geld für die Impfung erstmal vorstrecken, durchgesetzt haben.

  • CN
    Claudia Nickel

    Viel Wirbel um eine Infektion, die man dadurch in den Griff bekäme, dass man Jungs und Männern beibringt, sich beim (täglichen!) Waschen ihres Penis die Vorhaut zurückzuziehen. Einfache Hygienemaßnahmen waren auch in der Vergangenheit schon wirkungsvoller als alle Impfungen und Antibiotikatherapien.

  • RS
    Ralf Schneider

    Da hat man ein Instrument in der Hand, eine Krebsart des Menschen fast komplett auszurotten, und was tut die taz: meckern. Klar würde die 3.Welt, für die der Impfstoff viel zu teuer ist, am meisten profitieren -keine Frage. Aber auch wenn in Deutschland immer weniger Frauen an diesem Krebs sterben kann man ihnen damit Operationen und Vorsorgemaßnahmen ersparen, was die Kosten für die Impfung wahrscheinlich langfristig eh wieder reinholt. Aber die bösen Pharmafirmen wollen ja nur ihren Gewinn...