piwik no script img

Medienseminare für SchülerzeitungenBundeswehr schießt Geld zu

Die Bundeswehr versucht offenbar über die Hintertür Einfluss auf Nachwuchsjournalisten zu nehmen - durch gesponsorte Seminare. Die Grünen sind alarmiert.

Die Bundeswehr sucht ihre Mitarbeiter von morgen auch bei den Nachwuchs-Schreiberlingen von heute. Bild: dpa

BERLIN taz | Nach einem Medienbericht geht die Bundeswehr nun in die Offensive: Die Berliner Zeitung hatte berichtet, die Bundeswehr finanziere Jugendmedienkongresse und -seminare und nehme so - und zwar versteckt - Einfluss auf Schülerzeitungen. Die Zeitung beruft sich auf Ausschreibungsunterlagen des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung. So soll die Bundeswehr - oder genauer gesagt der Presse- und Informationsstab des Bundesverteidigungsministers - Geldgeber für insgesamt zwölf Wochenendseminare sein, die von der Organisation Young Leaders veranstaltet wird. Zu erkennen hat sich Bundeswehr bisher allerdings nicht gegeben.

Das soll nun anders werden. Künftig, so sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Montag, wolle die Bundeswehr öffentlich als Sponsor auftreten. Es gebe keinen guten Grund, nicht als Förderer auf den Veranstaltungsprospekten aufzutauchen, sagte Stefan Paris in Berlin. Er wisse nicht, warum die Bundeswehr in der Vergangenheit nicht als Sponsor genannt worden sei.

In der Ausschreibung für die Seminare hatte es laut Berliner Zeitung geheißen, von "Bundeswehr-Seminaren" dürfe bei den Veranstaltungen keine Rede sein. "Um insbesondere auch nicht-bundeswehr-affine Teilnehmer gewinnen zu können, sollen 'Sicherheitspolitik und Bundeswehr' nicht im Vordergrund stehen", zitierte das Blatt. Einladungen sollten nur "durch den Auftragnehmer" angesprochen werden.

Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten. Die Grünen sprachen von "schmutziger PR" und einem "ungeheuerlichen Täuschungsmanöver". Die Vize-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Bärbel Höhn, forderte Verteidigungsminister Thomas de Maizière in der Berliner Zetung auf, die laufenden Ausschreibungen sofort zu stoppen.

Stefan Paris sagte am Montag, dass die Seminarteilnehmer merkten, dass die Bundeswehr mit an Bord sei. Spätestens mit Beginn der Veranstaltung. Derartige Seminare unterstütze die Bundeswehr schon seit 20 Jahren. SDO

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • B
    Bernd

    Täuschen und tarnen, dass sind Kernkompetenzen bei der Bundeswehr.

  • S
    Samson

    Ich kann Tobias Schwarz nur zustimmen. Habe es genauso erlebt. Die Veranstaltung war klasse, genauso wie die Teilnehmer. Jeder, der noch nicht bei einer solchen Veranstaltung war, kann dies von Außen schlecht beurteilen. Aber ich habe nur positives Feedback gehört. Keiner fühlte sich manipuliert, aber man hat einiges über Journalismus gelernt.

     

    Fand die Veranstaltung klasse und kann es nur weiterempfehlen. Keinerlei negativ Kritik meinerseits.

  • G
    g4mb1t08

    Ich war letzes Jahr auf zwei Veranstaltungen von Young Leaders und muss sagen, dass dort gezielt junge engagierte Menschen angesprochen und manipuliert werden.

     

    Uns wurde eingepflanzt das wir die "Elite von morgen" wären. Nein, wir seien jetzt schon Elite. Es war ein wahnsinniger Propagandavortrag. Das Schlimme war, dass ein Großteil der Leute vollkommen begeistert waren.

     

    Wir durften Artikel zu vorgegeben Themen ausarbeiten. Diese Artikel wurden dann nur noch "korrigiert" von "freien Profijournalisten". Im Endeffekt wurde ein komplett anderer Artikel mit meinem Namen darunter veröffentlicht.

     

    Mit Vorträgen

     

    (wie Rahmenbedingungen einer neuen Sicherheitspolitik: "Bundeswehr und Auslandseinsätze – "Widerspruch oder logische Konsequenz?"

    Referent des Bundesministeriums der Verteidigung)

     

    wurde versucht gezielt uns Jugendlichen zu beeinflussen.

     

    Seit meinem Erlebnis dort, wandern die ganzen Flyer die regelmäßig an meiner Schule eintreffen umgehend in die Mülltonne.

  • B
    Bernd

    Täuschen und tarnen, dass sind Kernkompetenzen bei der Bundeswehr.

  • S
    Stefan

    Ungeheuerlich: Die Bundeswehr unterstützt Staats tragende Veranstaltungen. Die Grünen sind empört, weil ja staaliche Mittel nur in Staats zersetzende Veranstaltungen zu fliessen haben.

    Eine sehr große Mehrheit der schreibenden Zunft sympathisiert doch mit dem grün-rotem Spektrum, welches doch der Bundeswehr gegenüber eher ablehnend eingestellt ist. Warum darf die Bundeswehr nicht zeigen, dass sie eine konstruktive Rolle in diesem Staat spielt? Haben die Grünen Angst, dass Nachwuchsjournalisten nicht mehr ihre Programme verbreiten?

  • TS
    Tobias Schwarz

    Ich möchte dazu auf drei Sachen hinweisen:

     

    1. Die Bundeswehr macht so etwas schon länger. Die Schülerzeitung meiner Schule bekam im Jahr 2004 vier Einladungen zum Jugend-Pressekongress. Zwei Schülerredakteure von uns fuhren zu einem Seminar nach Hamburg, ein dritter Schülerredakteur und ich fuhren im Dezember 2004 nach München. Die Veranstaltungen fanden jeweils auf den Grundstücken der Bundeswehr statt. In München war dies die Sanitäter-Akademie.

     

    2. Diese Veranstaltungen drehten sich natürlich inhaltlich um die Bundeswehr. Dabei lernte man aber auch, eingeteilt in drei Gruppen (Radio/TV, Print, Interview), angeleitet von Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und verschiedener Zeitungen, wie sich redaktionelle Beiträge erstellen lassen. Die Hinweise und Workshops waren dabei sehr gut organisiert. Meine Gruppen lernte dabei, wie

    Interviews geführt werden. Als Interviewpartner stellte sich zugleich der damalige Leiter der Akademie zur Verfügung.

     

    3. Als Pazifist bin ich entschieden gegen den Krieg. Als überzeugter Demokrat habe ich aber kein Problem mit der Bundeswehr. Diese Workshops haben vielen Schüler wichtige Werkzeuge eines Journalisten

    beigebracht. Zwar war das Thema Bundeswehr vorgegeben, es gab allerdings keine Beeinflussung des Inhaltes. Angehörige der Bundeswehr standen nur als Interview- und Gesprächspartner zur Verfügung. Inhaltlich waren unabhängige Journalisten und wir Teilnehmer verantwortlich.

     

    Ich weiß nicht genau, in wie fern dies noch auf heutige Workshops zutrifft, ich möchte aber darauf hinweisen, dass dieses Thema differenziert betrachtet werden muss. Wir Schüler wurden genauso behandelt wie die Blogger auf dem Zukunftskongress der Grünen. Mehr

    als die thematische Vorgabe durch die Veranstaltung, an der jeder freiwillig teilgenommen hat, war nicht gegeben. Jeder konnte schreiben, drehen, fragen oder produzieren, was er wollte. Und wie die Grünen bei den Bloggern, hat die Bundeswehr damals Übernachtungs- und

    Fahrtkosten übernommmen. Von mir persönlich und den anderen Beteiligten meiner damaligen Schule weiß ich, dass diese Wochenenden einem sehr viel gebracht haben.

  • E
    emil

    vielleicht statt trennung von staat und kirche mal trennung von soldat und bürger fordern.

    die bumswehr hat im zivilen leben nichts verloren.

     

    hab gehört auf einer einsamen unbewohnten insel gäbe es noch unsern wohlstand zu verteidigen, na wie wärs?