Medienplattform labournet.tv: Inspiration für solidarische Arbeitskämpfe
Das Medienkollektiv labournet.tv bildet die Perspektiven von Arbeiter:innen ab. Es dokumentiert Arbeitskämpfe und will so Beschäftigte aktivieren.

„Als Medienaktivist*innen bilden wir die Welt aus der Perspektive der Leute ab, die den Laden am Laufen halten: den Arbeiter*innen“, heißt es im Selbstverständnis von labournet.tv. Seit 14 Jahren sorgt das kleine Kollektiv dafür, dass „die Kämpfe zirkulieren“, so sein Motto. Labournet.tv vereint mittlerweile 893 Filme aus 86 Ländern und alle drehen sich um Arbeitskämpfe. Dabei geht es immer um die Selbstorganisation der Beschäftigten, nicht selten im Konflikt mit den Gewerkschaftsvorständen.
Auf der Plattform findet sich beispielsweise ein längeres Interview mit dem VW-Betriebsrat Lars Hirsekorn, in dem er fordert, dass der Autokonzern künftig Bahnen und Busse produzieren solle. Hirsekorn gehört zu dem kleinen Teil der VW-Belegschaft, der gemeinsam mit Klimaaktivist*innen in der Initiative „VW heißt Verkehrswende“ Alternativen zur Autoproduktion fordert. Auf labournet.tv sind mehrere Videos seiner Aktivitäten dokumentiert.
So trägt das kleine Kollektiv von labournet.tv auch dazu bei, Kämpfe um Arbeit und Klima nicht nur zu dokumentieren, sondern auch miteinander zu verbinden. 2022 produzierte die labournet-Mitbegründerin Johanna Schellhagen dazu auch den Film „Der laute Frühling“, ein Plädoyer für eine Kooperation von Arbeiter*innen- und Klimabewegung.
Im Juni 2022 besuchten Mitglieder von labournet.tv die besetzte Autoteilefabrik GKN in Florenz und dokumentierten dort den Protest der Beschäftigten gegen ihre Entlassung. Und weil diese keine schädlichen Produkte mehr herstellen wollten, entwickelten sie gemeinsam mit Klimaaktivist*innen einen alternativen Produktionsplan für Solarpaneele und Lastenräder.
Später zeigte labournet.tv den Film auf Betriebsversammlungen. „Kolleg*innen nutzen ihn, um Automobilarbeiter*innen in Deutschland, die auch von Schließungen und Entlassungen bedroht sind, das Beispiel aus Florenz nahezubringen, die Produktion zu übernehmen und etwas gesellschaftlich Nützliches herzustellen“, so Schnellhagen.
Solidarität für Solidarität
Auf der neuen labournet-Homepage soll deshalb nicht nur das Archiv vorgestellt werden, sondern die Beschäftigten selbst aktiviert werden. „Wir wollten, dass die User*innen sofort sehen, dass labournet.tv auch selber Streik- und Kinofilme produziert, streikende Belegschaften unterstützt und Workshops veranstaltet, in denen Beschäftige lernen, selber Streikvideos zu produzieren“, beschreibt Mitglied Iris.
Dieses Engagement kostet jedoch Geld, sodass die Plattform mittlerweile selbst auf finanzielle Solidarität angewiesen ist. „Es fällt uns immer schwerer, unsere Aktivitäten zu finanzieren“, moniert Schnellhagen. Ihre Arbeit werde wegen der unsicheren Finanzierung deshalb immer schwieriger, resümiert sie die Lage. Nicht einmal die einzige bezahlte Stelle in dem Projekt sei abgesichert.
Bis 2017 hatte die Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt labournet.tv mit einer monatlichen Summe unterstützt. Seitdem müssen die Medienaktivist*innen für jedes einzelne Projekt Finanzierungsanträge stellen. Damit das Medienkollektiv seine Arbeit längerfristig fortsetzen kann, versuchen seine Mitglieder jetzt über Förderschaften neue Mittel zu gewinnen. Es wird sich zeigen, ob es genügend Solidarität mit einem Medium gibt, das selbst viele solidarische Projekte angestoßen hat.
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