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MediaspreeBürger rütteln an Mediaspree

Das Bürgerbegehren gegen Mediaspree in Friedrichshain-Kreuzberg ist mit 16.000 Unterschriften das erfolgreichste Berlins. Das verstärkt den Druck auf den Bezirk, auf die Initiatoren zuzugehen und einen Bürgerentscheid zu verhindern.

Lastenkahn oder Medienbude: Das Spreeufer ist umkämpft. Bild: Reuters

Nach dem großen Erfolg des Bürgerbegehrens gegen Mediaspree wächst der Druck auf den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, sich mit den Gegnern des Großprojekts zu einigen. Gelingt dies nicht innerhalb von zwei Monaten, kommt es in den nächsten vier Monaten zu einem Bürgerentscheid. Das Bezirksamt hatte das Bürgerbegehren am Dienstag offiziell für zustande gekommen erklärt.

Das Bürgerbegehren richtet sich gegen zahlreiche Großbauten entlang dem Spreeufer. Mit mehr als 16.000 gültigen Unterschriften ist es das erfolgreichste Bürgerbegehren Berlins, rund 10 Prozent der Einwohner des Bezirks haben unterschrieben.

"Wir sind sehr zufrieden", sagt Carsten Joost vom Initiativkreis "Mediaspree versenken". Nur dass es nicht gelungen sei, die umstrittenen Bauprojekte am Osthafen zu verhindern, sei "tragisch". Die Initiatoren hatten das Bürgerbegehren Anfang März vorzeitig eingereicht, um noch zu verhindern, dass die landeseigene Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft (Behala) für fünf Grundstücke Bauvorbescheide erteilt bekommt. Die Taktik scheiterte, da das Bezirksamt das Begehren trotzdem erst vor zwei Tagen anerkannte. Die Bauvorbescheide für die Grundstücke am Osthafen wurden zuvor erteilt; auch die Bauanträge für das dort geplante Modezentrum "Labels II" und ein 4-Sterne-Hotel sind jetzt bewilligt.

"Die Osterpause kam dem Bezirksamt da sehr gelegen", kritisiert Daniel Knopp von "Mediaspree versenken". So habe sich die Behala nun gerade noch das Recht zu bauen gesichert, bevor die Sperrwirkung des Bürgerbegehrens in Kraft getreten sei. Das Bürgerbegehren fordert für Neubauten einen Abstand von 50 Metern vom Spreeufer sowie eine Maximalhöhe von 22 Metern; am Osthafen wären demnach nur deutlich kleinere Bauten möglich als die jetzt genehmigten. "Aber auch wenn diese Kriterien für den Osthafen nicht mehr relevant sind, sind wir froh, dass die Planungen für den Rest der Mediaspree-Projekte erst mal stillstehen", sagt Knopp.

Bürgermeister Schulz kündigte an, in Kürze Verhandlungen mit den Mediaspree-Gegnern aufzunehmen. Er schließt nicht aus, dass es zu einer Einigung komme. "Die Grundstimmung unter den Bezirksverordneten ist jedoch sehr kritisch, weil die Forderungen teils mit hohen Kosten verbunden sind", so Schulz. Der Bezirk hat die Höhe möglicher Schadensersatzzahlungen, sollte das Bürgerbegehren umgesetzt werden, auf 165 Millionen Euro geschätzt; "Mediaspree versenken" spricht von 51 Millionen Euro. "Einen Großinvestor eine Millionen-Entschädigung zu zahlen und dafür beispielsweise bei der Obdachlosenhilfe zu kürzen, das wäre makaber", sagt Schulz.

Es zu einem Bürgerentscheid kommen zu lassen, daran dürften die Abgeordneten wenig Interesse haben. Die hohe Beteiligung am Bürgerbegehren macht es wahrscheinlich, dass auch der Entscheid Erfolg hätte. Der Beschluss hätte zwar nur empfehlende Wirkung und könnte vom Bezirksparlament widerrufen werden; politisch wäre dies allerdings riskant.

"Der Bezirk war bisher wenig kooperativ, was unserer Forderungen betrifft", sagt Knopp. "Wir sind gespannt, ob sich das jetzt ändern wird." Die Initiative habe nun zunächst Akteneinsicht beantragt, schließlich sei es auch eine Aufgabe des Bürgerbegehrens, Transparenz in die Planungen zu bringen. Die Aktivisten kündigten zudem an, eine Ideenwerkstatt zur Gestaltung des Spreeufers durchzuführen.

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1 Kommentar

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  • CM
    Christian Markmann

    Korrekterweise sollte man sagen, dass nur 6.100 der abgegebenen Stimmen gültig waren, das entspricht bei 182.592 Wahlberechtigten im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg einem Prozentsatz von 3,3 % . Da sollte es der Bezirk doch wohl sehr leicht auf einen Bürgerentscheid ankommen lassen können, da die Initiatoren den Mobilisierungsgrad der linken Szene damit schon fast gänzlich ausgeschöpft haben. Auch in Kreuzberg ist partikulare NIMBY Politik nur noch ein Relikt aus vergangenen Zeiten.