McKinsey-Affäre hat Konsequenzen: Lageso wieder auf sich allein gestellt
Die Unternehmensberatung McKinsey stellt ihr kostenloses Engagement am Lageso ein. Hintergrund ist die Affäre um angebliche Vetternwirtschaft im Senat.
Vetternwirtschaft ist keine Vokabel, mit der eine Firma in Verbindung gebracht werden möchte – das gibt bloß einen hartnäckigen Schmutzfleck im Firmenportfolio. Das sieht offenbar auch die Unternehmensberatung McKinsey so, die seit Herbst 2015 im Auftrag des Senats die Flüchtlingsregistrierung am Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) optimieren sollte. „Mit sofortiger Wirkung“ werde man das unentgeltliche Engagement einstellen, erklärte eine McKinsey-Sprecherin am Samstag. Hintergrund für diesen Schritt seien explizit die Filzvorwürfe gegen die Senatskanzlei des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD).
Konkret geht es um die Personalie Lutz Diwell, ein ehemaliger Justizstaatssekretär mit SPD-Parteibuch. Denn im Januar bekam McKinsey vom Senat den Auftrag, den in der vergangenen Woche vorgestellten Masterplan zur Integration von Flüchtlingen mit auszuarbeiten. 238.000 Euro aus öffentlichen Mitteln war das dem Senat wert. Das Unternehmen holte sich für den Auftrag wiederum selbst Hilfe – und engagierte Diwell als Berater. 34.000 Euro hat der SPD-Mann dafür laut einer Sprecherin der Senatskanzlei erhalten.
Nun steht die Frage im Raum, ob der Senat einem ehemaligen Staatssekretär einen lukrativen Auftrag zuspielen wollte. Bisher streitet die Senatskanzlei das ab. Auf Druck der Opposition ist nun für Mittwoch eine Sondersitzung des Hauptausschusses anberaumt, auf der sich Kanzleileiter Björn Böhning (SPD) erklären soll. Die Grünen wollen unter anderem wissen, wer zu welchem Zeitpunkt im Senat über die Personalie Diwell zumindest informiert war.
„Dass McKinsey sein ehrenamtliches Engagement beenden will, geht auf das Konto dieses intransparenten Senats“, sagte deren haushaltspolitische Sprecherin, Nicole Ludwig. Tatsächlich hatte das Lageso das Wartechaos zuletzt weitgehend in den Griff bekommen. Sozialsenator Mario Czaja (CDU) sagte dem Tagesspiegel, man sei sicher, dass die unter McKinsey bereits aufgebauten Strukturen auch weiterhin wirkten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid