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Maybrit Illners 68er-Runde im ZDFAuf Krawall gebürstet

Bei "Maybrit Illner" diskutierten Meinhof-Tochter Bettina Röhl und Meinhof-Biografin Jutta Ditfurth über 68. Götz Aly war auch da. Moment mal: diskutierten!?

Herr Aly war saugefährlich" und Frau Röhl schüttelte ihr Haupt. Bild: zdf/svea pietschmann

Es gab drei immer wiederkehrende Szenen bei "Maybrit Illner". Erstens: Bettina Röhl, die Tochter von Ulrike Meinhof, sagt etwas - und Jutta Ditfurth, Mitgründerin der Grünen und Autorin von "Rudi und Ulrike", schüttelt energisch den Kopf. Zweitens: Jutta Ditfurth sagt etwas - und Bettina Röhl schüttelt energisch den Kopf. Und drittens: Volker Kauder, der von 1969 an JU-Kreisvorsitzender in Konstanz war, bemüht sich so sehr darum, parolenartig den Erzählungen der 68er und ihrer Geisteskinder eine eigene Erzählung entgegenzusetzen, dass man Intendant Claus Peymanns wichtigtuerische Bipolaritätspropaganda, mit der er kontert, fast sympathisch findet.

Kurz: Der Redaktion von Maybrit Illner gelang am Donnerstagabend ein kleines Kunststück: Sie brachte nicht nur erstmals Röhl und Ditfurth persönlich zusammen - was notwendig im Eklat endete: Röhl geht schließlich gegen Ditfurths Bücher, unter anderem über Meinhof, vor. Ditfurths Bücher, klagte Röhl, seien "akribisch fantasierter Mist", und Ditfurth, die auch gut austeilte, beschloss, mit Röhl nicht noch einmal diskutieren zu wollen. Die Redaktion hatte auch darüber hinaus eine Runde zusammengestellt, die dem Thema "Die ,68er' - Befreier oder Zerstörer" tatsächlich noch etwas hinzuzufügen hatte: nämlich Anschauungsmaterial. Dass es, von Maybrit Illner, 1965 geboren, abgesehen, ausgerechnet an dem RTL-Journalisten Heiner Bremer war auf Grautöne zu pochen, ist vielleicht auch eine Aussage.

Historiker Götz Aly verteidigte beredt seine Thesen, die Ditfurth beredt für "saugefährlich" erklärte - mit seinem Vergleich von 68 und NS-Zeit verkläre er den Nationalsozialismus. Peymann polemisierte. Röhl warf ihm vor, nichts anderes zu können als genau das ("typisch 68!"), Kauder hüpfte drauf und teilte mit aus, und Illner ermahnte Peymann schließlich barsch, aber offensichtlich amüsiert, als der über Angela Merkel lästerte. Es war eine Talkshow, wie man sie aus Wiederholungen von früher kennt: von A bis Z auf Krawall gestriegelt, konfrontativ; die 68er führten vor, wie früher das Format Talkshow einmal funktionierte. Die Erkenntnis der einstündigen Sendung, ausgerechnet: Früher war nicht alles schlecht. Im Anschluss an Illners Sendung sprach Johannes B. Kerner dann mit Bruce Darnell und Karl Moik. Problem verstanden?

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8 Kommentare

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  • I
    ingo

    lediglich die gesprächsgeometrie zu dokumentieren, ist wohl nur bedingt sinnvoll für einen zeitungsartikel und erst recht unergiebig für einen, der die sendung gesehen hat.

    dabei war es doch spannend zu beobachten! bis heute scheinen die 68er fähig, eine große aversion bei dem einen oder anderen zu erzeugen. die provokation, die anmaßung, das "typisch peymann" an 68 hat scheinbar verletzungen produziert, die bis heute schmerzen. ich finde die gangart der 68er ja eher erfrischend. sie birgt scheinbar aber die gefahr, dass leute wie röhl oder aly aus dem breiten strom der teils hitzigen revolte gegen autoritäten und denkverbote von damals einen bürgerschreck für heute zusammenfantasieren. mal abgesehen davon, ob sie sich vor ihrem konstrukt am ende selber ehrlich erschrecken, der wohl entscheidende zweck liegt wohl darin, damit über die märkte zu ziehen.

    wer aufmerksam zugehört hat, der wird den gemeinsamen tenor von bremer, ditfurth und peymann verstanden haben. wer sich an einer historie der 68er versucht (und 68 ist ja geschichte) der muss sich auch an den realitäten von 68 messen lassen. kauders vorstellung, zur not kommt die cdu auf alle guten ideen auch von ganz allein, ist vielleicht noch lustig. da spricht der brave mann vom ortsverein. aber die these von aly und röhl (ausgeheckt mit der absicht größtmögliches schaudern zu verursachen) "68 ist gewalt, ist umsturz, ist gleich raf", bzw. das eine führte notwendig ins andere, das muss man schon deshalb als ahistorischen nonsens erkennen, weil die raf womöglich noch gewonnen hätte, wenn alle, oder wenigstens die meisten der 68er dort gelandet wären. ;-)

  • FF
    Fritzy Fratz

    Der Krawallschrubber

    Gibt es nicht ein neueres Fachwort für diesen Vorgang, der vor kurzem noch konzeptionelle

    Emotionalisierung hieß?

    Dabei war 1968 doch das Jahr in dem man feststellte, dass Ratten durch Hirnextrakt

    von dressierten Artgenossen die Dressurleistungen

    deutlich übernehmen(Georges Ungar, USA).

  • K
    Kramm

    Diese ganze Nabelschau einiger 68ger, entlassener Terroristen, Verbalakrobaten schmeckt zunehmend ausgelutscht. Was machen die eigentlich ausser Theater und Biografien? Setzen sie sich ernsthaft und ausdauernd für Klima oder Menschenrechte, Ärzte ohne Grenzen , im Entwicklungsdienst oder in der Globalisierungsbewegung ein? Für Projekte gegen Armut oder Kinderarbeit?

    Ditfurth für Meinhof, Peymann für Klar, jeder redet über sich, über seine Siege, sein Scheitern. So wird es weder was mit einem besseren Leben, Befreiung oder gar Umsturz. Nicht mal mit kleinen sozialen Verbesserungen.

    Interessant war es kurz hinzuhören aber nun reicht es wieder bis 2018.

  • WM
    Wolfgang Moser

    Daß der verbale Brandsatz des steueralimentierten Revolutionstschekisten Peymann ? ?So viele Katastrophen haben wir gar nicht gemacht, so viele (RAF-)Tote lagen gar nicht auf der Seite, das war alles verhältnismäßig harmlos? ? weder von Moderatorin noch Mitdiskutanten (um von der medialen Öffentlichkeit nicht zu reden) auch nur zur Kenntnis genommen wurde, belegt die persistierenden zeitgeistigen Zersetzungsfolgen der 68iger Gehirnwäsche auf eindrucksvolle Weise. Merkels Wachhund Kauder verstieg sich gar zu der anschleimenden Replik: ?Ich hab´ das damals als eine ganz tolle Zeit empfunden.?

  • K
    Katev

    Überzeugt hat mich Jutta Ditfurth, weil sie Götz Aly genau das Richtige gesagt hat. Der ganze 68er-Tammtamm kann mich aber nicht überzeugen.

  • J
    Joscha

    Zum großen Jubiläum der 68er:

     

    Ich glaube es gab noch keine Generation, die sich selbst für so wichtig gehalten hat und die zudem so aggressiv auf Kritik reagiert hat, wie die 68er. Die wirtschaftliche Sicherheit, die die 68er bei aller Kapitalismusschelte genossen haben(Vollbeschäftigung zur Zeit des Berufseintritts; eine im Vergleich zu den nachfolgenden Generationen recht auskömmliche Rente), hat vor ihnen keine andere Generation erlebt und wird nach ihnen wohl keine andere Generation mehr erleben. Aus der Lage heraus, lässt sichs bequem protestieren. Den intoleranten "Anständigkeits"-Mainstream der 50er Jahre habe sie durch einen ebenso intoleranten "Political-Correctness"-Mainstream ersetzt. Etc.

     

    Fazit, bei allen gesellschaftspolitischen Fortschritten, die den 68ern ohne Zweifel zu verdanken sind: chillt mal, so geil ward ihr auch wieder nicht.

  • C
    chrishenkel

    ich wurde 1947 geboren und habe über die 68er generation viel in der diskussionsrunde wieder entdecken können..so habe ich auch den werdegang von jutta ditfurt erleben können. mir schien sie damals an der seite von joschka fischer als rebellin der politik..und ich war ein absoluter fan von ihr. sie konnte gut austeilen und dass sie später so klanglos verschwand, tat mir leid.

    umso mehr bin ich jetzt überrascht von der neuen ditfurt....mir schien, als wurde hier aus der rebellin eine brave, angepasste bürgerin....schade eigentlich.

  • LG
    Lothar Glöckner

    Sehr geehrter Raab,

     

    wenn Sie eine leidenschaftliche Diskussion

    als Krawall empfinden, so sehe unsere Jugend vor uns

    als nicht politische Wesen ohne Leidenschaft und Aktivismus.

     

    Also Ihre Wahrnehmung der Diskussion, auch Inhaltlich, ist vollkommen in die Hose gegangen.

    Es gibt auch soviele Dinge die zwischen den Zeilen schwebten und Ihnen verborgen blieben.

     

    Herr Raab: 6 setzen