Mauritius nach Havarie: Friedlich trotz Ölkatastrophe
Mauritius gilt als das friedlichste Land Afrikas. Auch als ein japanischer Frachter sensibles Meeresgebiet verseuchte, setzte das Land auf Kooperation.
Die Havarie des japanischen Frachters „Wakashio“ 1,6 Kilometer vor der mauritischen Küste ist für den kleinen Inselstaat mit 1,2 Millionen Menschen ein Desaster monumentalen Ausmaßes. Die Regierung hat den Ausnahmezustand ausgerufen. Von den 4.200 Tonnen Treibstoff an Bord des Schiffes sind über 1.000 ins Meer ausgelaufen und bedecken mindestens 27 Quadratkilometer Wasserfläche.
Das Schiff ist ausgerechnet in der Nähe ökologisch sensibler Küstenbereiche auseinandergebrochen; nach Angaben des Umweltministeriums sind 13 Dörfer direkt betroffen und benötigen dringende Unterstützung. Nach Angaben der Umweltschutzorganisation Greenpeace ist das betroffene Gebiet eines der schönsten der Welt. Es enthält die Feuchtgebiete von Point d’Esny, das Naturreservat Île aux Aigrettes, das Küstengebiet Blue Bay, die Fischereizonen von Mahébourg sowie Lagunen und Mangrovenwälder.
Mauritius vermarktet sich als dem Meer zugewandte „blaue Ökonomie“ und ist stark vom Tourismus abhängig. Die Zeitpunkt der Ölpest könnte ungünstiger nicht sein, nach Monaten der Wirtschaftskrise aufgrund der Coronapandemie.
Kein Streit mit Japan
Ende August sollten endlich die Außengrenzen des Landes wieder öffnen und der Flug- und Schiffsverkehr wieder starten – dies steht nun infrage, analysiert die südafrikanische Rand Merchant Bank (RMB) und weist darauf hin, dass schon vor der Katastrophe mit einem Rückgang des Tourismus dieses Jahr um 80 bis 90 Prozent gerechnet wurde. „Die aktuelle Ölkatastrophe könnte die Statistik erheblich verschlechtern“, so RMB.
Positiv wird im Land angemerkt, dass offensichtlich alle an einem Strang ziehen: die lokalen Behörden, die Privatwirtschaft, zivilgesellschaftliche Gruppen und Freiwillige arbeiten alle zusammen gegen die Ölpest. Und Mauritius hat es vermieden, sich öffentlich mit Japan zu streiten, von wo das havarierte Schiff stammt. Japan und Mauritius haben enge Beziehungen und arbeiten in der Umwelt- und Klimapolitik zusammen.
Der Schiffseigentümer Mitsui OSK Lines hat sich nun öffentlich für die Umweltkatastrophe entschuldigt und Untersuchungen angekündigt. Japan hat auf Bitten von Mauritius Premierminister Pravind Jugnauth ein sechsköpfiges Expertenteam nach Mauritius geschickt, um bei der Bekämpfung der Ölschäden zu helfen.
„Wir hoffen, dass diese Hilfe zur Wiederherstellung der Umwelt auf Mauritius beiträgt“, erklärte die japanische Regierung. Zugleich haben Japan und Mauritius eine Vereinbarung über japanische Finanzhilfen in Höhe von 300 Millionen Yen (2,4 Millionen Euro) für das mauritische Gesundheitswesen getroffen.
Mauritius ist seit seiner Unabhängigkeit 1968 von inneren und äußeren Konflikten verschont geblieben – selbst in seinem Streit mit der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien, das sich immer noch weigert, den am Ende der Kolonialzeit vom Kolonialgebiet Mauritius abgetrennten und teilweise an die USA zur militärischen Nutzung verpachteten Chagos-Archipel an Mauritius zurückzugeben. Mauritius gilt in internationalen Ranglisten als friedlichstes Land in Afrika, und dem Land liegt viel daran, dass das auch so bleibt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“