: Maulkorb für BürgerrechtlerInnen in Malaysia
■ Geplantes „Volkstribunal über Polizeiwillkür“ wird auf Druck der Behörden abgesagt. Regierungskritiker mit mehrjähriger Haft ohne Verhandlung bedroht
Bangkok (taz) – Auf Druck ihrer Regierung haben BürgerrechtlerInnen in Malaysia am Wochenende ein „Volkstribunal über Polizeiwillkür“ abgesagt.
Premierminister Mahathir Mohamad hatte zuvor gedroht, alle Teilnehmer der für den 12. Januar in Kuala Lumpur geplanten Veranstaltung nach dem „Internen Sicherheitsgesetz“ (ISA) festnehmen zu lassen. Nach diesem Gesetz können Verhaftete ohne Gerichtsverhandlung bis zu zwei Jahre inhaftiert werden.
Die Organisatoren – neun Frauen-, Gewerkschafts- und Umweltgruppen – wollten die Öffentlichkeit über „Erfahrungen mit Amtsmißbrauch von Polizisten“ informieren, sagte eine Mitorganisatorin zur taz.
Unter anderem sollte die Frauenrechtlerin Irene Fernandez über Polizeigewalt gegen illegale ImmigrantInnen in Malaysia sprechen. Gegen Fernandez läuft seit Juni vergangenen Jahres ein von malaysischen Bürgerrechtlern scharf beobachtetes Gerichtsverfahren: Die Behörden hatten die Leiterin der Frauenorganisation „Tenaganita“ der „falschen Information“ beschuldigt, weil sie in einem Memorandum an die Regierung die Mißhandlung und den Tod ausländischer Arbeitskräfte in Polizeigewahrsam dokumentierte (die taz berichtete).
Die Reaktion auf das geplante „Tribunal“ zeigt, wie empfindlich die Regierung auf Kritik reagiert: „Sie sehen in jeder Kritik gleich Unruhe und Aufruhr und fürchten sich vor Reaktionen aus dem Ausland“, kommentiert ein Regierungskritiker.
Angesichts des autokratischen Führungsstils des Premierministers engagieren sich viele politisch und sozial interessierte MalaysierInnen in regierungsunabhängigen Gruppen (NGO). Dabei arbeiteten sie stets unter dem wachsamen Auge der Regierung, die schnell bereit ist, Kritiker als „verantwortungslos“ oder gar als „Verräter“ abzustempeln – so bezeichnete Premier Mahathir auch die Organisatoren des geplanten „Tribunals“. Im November hatten Politiker in Kuala Lumpur eine OstTimor-Konferenz verhindert, zu der zahlreiche in- und ausländische Teilnehmer angereist waren, darunter auch drei katholische Bischöfe. Da diese als „geschlossene Veranstaltung“ mit geladenen Gästen organisiert war, hatte die Regierung keine rechtliche Handhabe, die Konferenz zu verbieten. Statt dessen stürmten Parteijugendliche mit offenkundiger Duldung der Polizei den Saal und lieferten den Behörden den passenden Vorwand, das Treffen aufzulösen und die Teilnehmer festzunehmen.
Das „Volkstribunal über Polizeiwillkür“ sollte jedoch eine öffentliche Veranstaltung sein. Nach Ansicht der Regierung ist dafür eine Genehmigung nötig. Die liege aber nicht vor. Jutta Lietsch
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