Matchwinner Ousman Manneh: Vom Sandplatz zur Bundesliga
Der SV Werder Bremen bestätigt beim 2:1 gegen Bayer Leverkusen seinen Aufwärtstrend. Trainer Alexander Nouri spielt mit einem klaren Plan.
BREMEN taz | Die Facebook-Seite der Gambia RUSH Soccer Academy in Bakau hat ein neues Profilbild. Es zeigt Ousman Manneh, den 19-jährigen Stürmer des SV Werder Bremen, der an dieser Fußballschule vor zwölf Jahren das Kicken begann. Seit Samstag, als er den Siegtreffer zum 2:1 über Bayer Leverkusen erzielte, ist Manneh auch das Gesicht des Bremer Aufschwungs.
„Was für eine Geschichte“ entfuhr es zahlreichen Medienvertretern nach dem Schlusspfiff und manch einer hätte sie zu gern mit dem einen oder anderen Detail der Fluchtgeschichte des Gambiers, der vor zwei Jahren unbegleitet in Bremen ankam, angereichert – aber Auskünfte über sein Privatleben gaben weder er selbst noch Trainer oder Mitspieler.
Dafür schwärmten letztere von seinen Charktereigenschaften. Als „guter Junge“, der viel zuhöre und lernwillig sei, sehen ihn Clemens Fritz und Zlatko Junuzovic. „Ous hat nichts geschenkt bekommen, sondern in den letzten Jahren hart gearbeitet und eine konstante Entwicklung hingelegt“, sagte Werder-Coach Alexander Nouri, der Manneh aus dem U23-Team, das er bis vor Kurzem noch trainierte, mit zu den Profi nahm.
Manneh selbst reagierte ungläubig auf diese Entwicklung. „Ist das hier real oder träume ich gerade“, fragte er sich, als nach dem Spiel alle plötzlich etwas von ihm wissen wollten, obwohl doch eines seiner Idole, Leverkusens Stürmer Chicharito, ganz in der Nähe stand.
An die Spielweise des kleinen, trickreichen Mexikaners erinnert beim kantigen Manneh allerdings wenig. Er ist eher ein Typ wie der Ex-Bremer Davie Selke, der den Nahkampf sucht, ständig die Abwehr anläuft, viele Bälle im Gewühl festmacht und jede Gelegenheit zum Abschluss nutzt.
Bereits das 1:0 leitete er ein, als er an Leverkusens Torwart Bernd Leno scheiterte und Junuzovic den Abpraller ins leere Tor beförderte. Beim Siegtor gab es die umgekehrte Rollenverteilung, als Manneh einen Querpass von Junuzovic im Gewühl als erster erreichte und trocken neben den Pfosten setzte.
Vorbereitet wurden die beiden entscheidenden wie noch mehrere andere vielversprechende Aktionen durch Izet Hajrovic, der ebenfalls erst eine Rolle in Werders Startelf spielt, seit Alexander Nouri die Nachfolge von Viktor Skripnik angetreten hat. Mit Nouri feiern nicht nur sentimentale Begriffe wie „Herz“ und „Leidenschaft“ ein Comeback im Werder-Spiel – er scheint auch einen klaren Plan zu haben, den er seinen Spielern vermitteln kann. Er müsse seine Spieler nicht motivieren, er wolle sie inspirieren, sagt er, und das klingt bei ihm nicht mal affektiert.
Mit „Rhythmuswechseln von offensivem Pressen und defensiver Kompaktheit“ beschrieb er sein Konzept für das Spiel gegen Leverkusen und dafür brauchte er eine Spitze wie Manneh mit großem Laufpensum und hoher Aggressivität. Gegen Leverkusen zeigte Manneh sich aber auch schon in der Ballbehandlung sicherer und deutete ein gereiftes Spielverständnis an.
Mannehs Lernkurve zeigt steil nach oben, seit er in Bremen angekommen ist. Bevor Werder ihn entdeckte, hatte er ein Jahr in der A-Jugend es Blumenthaler SC gespielt. „Im letzten Jahr haben die Tore gefehlt, da habe ich andere Sachen verbessert“, sagte er nach dem Spiel. „Der Trainer kommt selbst in den Situationen wie heute zu mir und sagt, womit er nicht zufrieden ist.“
Aus der Sicht Nouris ist die Entwicklung Mannehs ein Plädoyer für eine gute Nachwuchsarbeit und für eine U23, die wie bei Werder auf hohem Niveau in der 3. Liga spielt. Wer sich auf Facebook die Fotos von den holprigen Sandplätzen anguckt, auf denen Manneh bis vor gut zwei Jahren gespielt hat, kann jedoch Zweifel an dem Nachwuchskonzept bekommen, das sich in den europäischen Top-Ligen eingebürgert hat.
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