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Match der femininen Superlative

■ Das Spiel von Monica Seles gegen Steffi Graf bewegte die Gemüter beim French Open in Paris 6:2, 3:6, 10:8 gewann Seles über Graf/ Wenig Emotionen beim Finalsieg Jim Couriers über Petr Korda

Paris (dpa/taz) — „Same procedure as last year.“ Mit der erfolgreichen Titelverteidigung der Weltranglisten-Ersten Monica Seles und Jim Couriers erlebten die French Open 92 eine Duplizität der Ereignisse des Vorjahrs. Doch im Gegensatz zu damals, als Couriers aufgehender Stern mit dem Fünfsatz-Triumph über seinen amerikanischen Landsmann Andre Agassi die Schlagzeilen machte und der ungefährdete Erfolg von Monica Seles über Arantxa Sanchez- Vicario (Spanien) fast unterging, drückte der 101. Auflage des Grand Slam-Turniers in Paris die Frauen ihren Stempel auf. Der 6:2-, 3:6-, 10:8-Erfolg der 18jährigen Jugoslawin Monica Seles über die glücklose Steffi Graf wird als Match der Superlative in die French-Open-Geschichte eingehen; der erwartete 7:5-, 6:2-, 6:1-Finalsieg Couriers über den krassen Außenseiter Petr Korda (CSFR) wird dagegen wohl nur den Beteiligten nachhaltig in Erinnerung bleiben.

Die 16.500 Zuschauer im Stadion Roland Garros, die am Pfingstsonntag gelangweilt und emotionslos das Treiben von Courier und Korda verfolgt hatten, waren 24 Stunden zuvor am „Rand eines Nervenzusammenbruchs“, wie die britische Zeitung 'Observer‘ titelte. 2:42 Stunden lang spielte sich im roten Sand von Roland Garros ein Thriller ab, den Agatha Christie und Alfred Hitchcock als gemeinsame Drehbuch-Autoren nicht spannender hätten inszenieren können. Der hart fightenden Steffi Graf nutzte jedoch auch die Abwehr von insgesamt fünf Matchbällen und ein großartiger Schlußkampf nichts. Nicht die 22jährige Publikums-Heldin aus Brühl hielt den „Coupe Suzanne Lenglen“ in den Händen, sondern die 18jährige Jugoslawin erfüllte sich den Traum vom French- Open-Hattrick.

„Es ist schade, daß es für dieses großartige Spiel keine zwei Siegerinnen geben kann“, sagte die von den Mißfallens-Äußerungen des Publikums verunsicherte und dadurch ziemlich kleinlaut gewordene Monica Seles. Und sie bewies mit dieser Aussage und weiteren mitfühlenden Worten für die Verliererin („Steffi ist das Ideal aller Spielerinnen“) auch menschliche Größe. Steffi Graf aber schmerzte die Niederlage nach einem Spiel „voll von Donnerschlägen und immer unglaublicheren Entwicklungen im Spielablauf“ ('Sunday Times‘) unmittelbar danach zu sehr, um die Tragweite ihrer Leistung überblicken zu können. Während die Deutsche in harsche Selbskritik verfiel und ihren Gefühlen („beschissen“) freien Lauf ließ, sprach ihr Schweizer Trainer aus, was alle dachten: „Sie hat sich nichts vorzuwerfen. Denn sie hat bestätigt, daß sie ein Champion ist.“ Schon in zwei Wochen beim nächsten Grand- Slam-Turnier im „Rasen-Mekka“ Wimbledon werden die Karten neu gemischt. Dann wird auf einem Belag gespielt, der der deutschen Titelverteidigerin auf den Leib geschneidert ist. Der rote Sand ist das Pflaster der Monica Seles.

Während die besten Spielerinnen der Welt leistungsmäßig immer enger zusammenrücken, eilt bei den Herren ein Mann mit Siebenmeilenstiefeln voraus, den die Experten erst seit exakt einem Jahr auf der Rechnung haben. Der alte und neue French-Open-Triumphator, Jim Courier, sprach die derzeitige Entwicklung selbst am treffendsten aus: „Ich bin nicht unschlagbar. Es gibt einige, die mich besiegen können. Aber die müssen sich ganz schön anstrengen, wenn sie das erreichen wollen.“ Vier Turniere hat der 21jährige aus Dade City in Folge gewonnen, ist seit 23 Spielen unbesiegt. Der 24jährige Weltranglisten- Achte Korda, der zuvor noch nie über die dritte Runde eines Grand- Slam-Turniers hinauskam, war am Sonntag weit davon entfernt, Couriers Höhenflug zu beenden. Nach fast zwei Stunden Spielzeit blieb ihm nur die Erkenntnis: „Er spielt wie eine Maschine. Er ist der Beste.“

Nur zweimal zuvor in der Geschichte der French Open ist eine erfolgreiche Titelverteidiung bei den Damen und Herren im selben Jahr gelungen. Beide Male waren es die Amerikanerin Chris Evert Lloyd und der Schwede Björn Borg, die 1975 und 1980 ihre Vorjahreserfolge wiederholten. Doch während es jenen beiden Legenden des Tennissports nie vergönnt war, alle vier Grand- Slam-Turniere im selben Jahr zu gewinnen und damit das höchste Gut eines Tennisprofis, den „Grand Slam“ zu erringen, haben sich Monica Seles und Jim Courier mit dem Sieg in Paris — beide gewannen schon die Australian Open — die Hoffnung darauf erhalten. Zumindest bis Wimbledon. Oliver Hartmann

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