Maßnahmen und Projekte: „Das war kein Gesamtprojekt“
Trotz ambitionierter Pläne gleicht Bremens Klimaschutzpolitik zu sehr einem Flickenteppich moniert der BUND-Vorsitzende Klaus Prietzel.
taz: Herr Prietzel, angesichts der bevorstehenden Bürgerschaftswahl: Wie bewerten Sie die klimapolitische Arbeit des rot-grünen Senats?
Klaus Prietzel: Unter dem grünen Umweltsenator Loske wurde 2009 das KEP, also das Klima- und Energieprogramm entwickelt. Das war ambitioniert und hat größere Hoffnungen geweckt. Danach ist das alles aber eher so vor sich hin gedümpelt. Es gibt viele Maßnahmen und Projekte, aber das ähnelt alles eher einem Flickenteppich.
Woran liegt das?
Der Eindruck fehlt, dass eine Gesamtstrategie des Senats entwickelt wird, um in Bremen auch einen Quantensprung weiter zu kommen. Davon ist man weit weg. Wir vom BUND vermissen eine deutliche Bilanz, um zu wissen, wo wir stehen und wohin wir müssen.
Aber wir wissen doch, dass sich von 1990 bis 2011 der CO2-Ausstoß in Bremen nur um knapp elf Prozent verringert hat.
Und bis 2012 sogar um nur 6,6 Prozent, was an der guten Auftragslage von Unternehmen wie Mercedes liegt. In den letzten zwei Jahren dürfte das Ergebnis allerdings wieder besser sein.
Wo aber fehlen Ihnen deutlichere Bilanzen?
In den Hauptbereichen Gebäude und Haushalte, Industrie, Verkehr und Stromerzeugung – die ja im wesentlichen steinkohlebasiert ist und erheblich zum CO2-Ausstoß beiträgt: Dass man hier in kurzen Abständen Bilanz zieht, das fehlt uns. Wir schlagen vor, das auf der jährlichen Klimakonferenz zu tun.
Im März hat der grüne Umweltsenator den Entwurf eines Klimaschutzgesetzes vorgestellt in der Überzeugung, dass das Gesetz Anfang 2015 in Kraft treten könne. Nun ist noch nicht einmal das Gesetzgebungsverfahren gestartet ...
Die Bekanntmachung war ein Fehlstart, vielleicht medial verursacht, vielleicht auch unglücklich kommuniziert, weil man sich nur auf den marginalen Aspekt des Verbots von Elektroheizungen gestürzt hat. Hier wurde wieder deutlich: Das war kein Gesamtprojekt, sondern etwas, wo sich dann das Umwelt- und das Wirtschaftsressort beharkt haben. Jetzt ist es neu vorgelegt, aber es gibt noch immer Unstimmigkeiten wegen einiger restriktiver Maßnahmen, die das Gesetz vorsieht.
Welche sind das?
Zum Beispiel Gebäude-Energiestandards, die höher sind als ohnehin gesetzlich vorgeschrieben. Dabei wäre das angesichts der Tatsache, das 14.000 neue Wohnungen in Bremen gebaut werden, ein guter Ansatz. Frankfurt zum Beispiel will nur noch nach Passivhausstandard und besser bauen – das ginge also durchaus.
Was ginge noch?
Nehmen wir die Überseestadt: Da sind große Parkplätze gebaut worden, die gut auch mit Photovoltaik-Zellen hätten ausgestattet werden können, anstatt einfach nur Parkplätze zu sein. Und der Verkehrsbereich wird völlig vernachlässigt, zumindest kommt er im Gesetzentwurf gar nicht vor. Dabei sind fast ein Viertel der CO2-Emissionen verkehrsbedingt – nach den Prognosen des Wirtschaftsressorts sogar mit steigender Tendenz wegen der Häfen. Da wird auch der Widerspruch deutlich zwischen Prognose von Wirtschaftswachstum und dem Plan, im Klimaschutz besser zu werden. Man muss Lösungen dafür finden und klare Ziele für diesen Bereich formulieren.
Gibt es denn überhaupt einen Unterschied zwischen dem geplanten Klimaschutzgesetz und dem KEP?
Natürlich, denn ein Gesetz ist ja verbindlich. Und der Entwurf beinhaltet auch ein paar zusätzliche Aspekte: So wird bis 2050 eine fast vollständige Reduzierung der CO2-Emissionen angestrebt, und es sind Berichtspflichten drin. Allerdings ist ein Bericht an die Bürgerschaft zu wenig, denn die Klimaziele können nur erreicht werden, wenn man mit Akteuren aus allen Bereichen spricht – die müssen schließlich mitziehen. Wenn das nicht der Fall ist, lügt man sich bei den Klimazielen in die Tasche.
Glauben Sie daran, dass es noch in dieser Legislaturperiode ein bremisches Klimaschutzgesetz geben wird?
Wenn das Gehakel so weitergeht wie im Moment, sieht’s düster aus.