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Massenproteste in RumänienDie größten Proteste seit 1989

Hunderttausende protestieren gegen die Lockerung von Antikorruptionsregeln. Ein Minister ist aus „Gewissensgründen“ zurückgetreten.

„Wir werden hier jeden Tag sein“: Demonstrant vor Polizisten Foto: dpa

Berlin taz Am Rande von seit Tagen anhaltenden regierungskritischen Protesten ist es am späten Mittwochabend in Bukarest zu schweren Ausschreitungen gekommen. Dabei gab es nach Zusammenstößen mit der Polizei mehrere Verletzte. Rund 20 Personen wurden festgenommen.

Bereits am Morgen hatten sich einige Demonstranten vor dem Regierungssitz eingefunden. Am Abend waren es dann schätzungsweise über 100.000 Menschen. Dem Beispiel aus Bukarest folgten andere Städte. Rumänische Medien sprechen von 300.000 Menschen, die landesweit auf die Straßen gingen, und von den größten Protestaktionen seit dem blutigen Sturz des kommunistischen Regimes im Jahr 1989.

Am Vortag hatte die von Sorin Grindeanu geführte Regierung Eilverordnungen verabschiedet, die viele Rumänen als Aufweichung der Antikorruptionsmaßnahmen und eine verantwortungslose Begnadigung verurteilter Straftäter empfinden. Die Neuregelungen treten am 10. Februar in Kraft.

Staatspräsident Klaus Johannis nannte die Verordnungen ein „Trauerspiel für den Rechtsstaat“. Die spontanen, nicht genehmigten, jedoch friedlichen Proteste Hunderttausender sind die Antwort auf das Vorgehen der Regierung. Im Visier der Demonstranten befindet sich insbesondere Liviu Dragnea, der Chef der sozialdemokratischen Partei (PSD), der wegen Wahlfälschung zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden ist und der nun durch das Amnestiegesetzes reingewaschen werden könnte.

Bevor es am Mittwochabend zu den schweren Ausschreitungen zwischen Polizei und einem gewalttätigen Block zum Teil vermummter Jugendlicher kam, forderten die Demonstranten in Sprechchören die Rücknahme der Eilverordnungen, die Auflösung der PSD und die strafrechtliche Verfolgung der Regierung.

Premier ruft zur Ruhe auf

Der parteilose Handelsminister Florin Jianu erklärte am Donnerstag seinen Rücktritt und begründete seinen Entschluss als eine aus „Gewissengründen“ gefällte „ethische Entscheidung“. Premierminister Sorin Grin­deanu forderte die Bevölkerung auf, Ruhe zu bewahren und den Manipulationen bestimmter Medien keinen Glauben zu schenken.

Regierungskritische Bukarester Fernsehsender behaupteten, die Auseinandersetzungen seien von einer dem Fußballclub Dynamo nahestehenden Gruppe von Hooligans ausgegangen. Diese seien von Sympathisanten der regierenden Sozialdemokraten angestiftet worden, um die Kundgebung zu diskreditieren. In einer Erklärung wiesen die Dynamo-Fans die Anschuldigungen zurück. „Der Hauptschuldige für die Proteste“, hieß es in der auf Facebook veröffentlichten Mitteilung, „ist die politische Klasse Rumäniens, die auch in den vergangenen Jahren ähnliche Tumulte ausgelöst hat.“

Die für ihre regierungsfreundliche Haltung bekannten Sender verbreiteten Spekulationen, wonach die Demonstrationsteilnehmer dem Aufruf von dem Milliardär George Soros gekaufter Aktivisten gefolgt seien, um Rumänien zu destabilisieren, Neuwahlen zu erzwingen und die Regierung durch einen Staatsstreich zu Fall zu bringen.

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