Massaker von Srebrenica: Serbien entschuldigt sich
Der serbische Präsident Tomislav Nikolic hat sich für das Massaker von Srebrenica entschuldigt. Noch im Juni 2012 hatte Nikolic gesagt, es wäre kein Völkermord gewesen.
BELGRAD afp | Der serbische Präsident Tomislav Nikolic hat sich für das Massaker von Srebrenica entschuldigt. „Ich bitte auf Knien darum, dass Serbien für dieses in Srebrenica begangene Verbrechen verziehen wird“, sagte Nikolic in einem Interview mit dem bosnischen Fernsehen, das in Auszügen am Donnerstag veröffentlicht wurde. Von Völkermord sprach Nikolic nicht.
Das Massaker in der ostbosnischen Stadt Srebrenica an rund 8000 bosnischen Muslimen durch bosnisch-serbische Verbände im Juli 1995 wird von der internationalen Justiz als Völkermord eingestuft. Noch im Juni vergangenen Jahres hatte Nikolic gesagt, es habe sich dabei nicht um Völkermord gehandelt.
Das Interview mit Nikolic soll am 7. Mai im bosnischen Fernsehsender BHT ausgestrahlt werden. Auszüge waren am Donnerstag auf YouTube zu sehen; das Präsidialamt in Belgrad bestätigte die Äußerungen. „Trotz all des Schlechten, das stattgefunden hat, müssen wir jetzt im Interesse unserer Bürger nach vorne schauen“, hieß es dort.
Nikolic entschuldigt sich in dem Interview für die „Verbrechen, die im Namen unseres Staates und unseres Volkes“ durch Einzelpersonen verübt worden seien. Der Präsident war offenbar kurz davor, das Wort „Völkermord“ auszusprechen, hielt dann aber inne und sprach von „Verbrechen“.
Kosovo begrüßt Entschuldigung
Nikolic war im Mai 2012 zum Präsidenten gewählt worden. In der Amtszeit seines Vorgängers Boris Tadic wurden der ehemalige bosnische Serbenführer Radovan Karadzic und auch der bosnisch-serbische Armeechef Ratko Mladic an das Haager UN-Kriegsverbrechertribunal überstellt.
Der kosovarische Außenminister Enver Hoxhaj begrüßte die Äußerungen von Nikolic. Sie seien „wichtig“, schrieb er im Kurzbotschafendienst Twitter. Nun müsse sich Serbiens Präsident auch für die im Kosovo-Konflikt (1998-99) begangenen „Kriegsverbrechen entschuldigen“.
Die Vorsitzende der Vereinigung der Mütter von Srebrenica, Munira Subasic, sagte afp, sie sei „nicht davon überzeugt“, dass Nikolic seine Äußerungen ernst meine. „Wir wollen den serbischen Präsidenten und Serbien das Wort 'Völkermord' sagen hören.“ Ein „Verbrechen“ sei zum Beispiel auch ein Handtaschenraub.
Das Haager Tribunal hatte außer Karadzic und Mladic auch den ehemaligen serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic für das Srebrenica-Massaker verantwortlich gemacht. Milosevic starb 2006 im Gefängnis des Tribunals in Scheveningen.
Tadic begab sich im Jahr 2005 zu den Gedenkfeiern in Srebrenica und bat die Angehörigen der Opfer um Verzeihung. Im März 2010 verabschiedete das serbische Parlament erstmals eine Resolution, in der das Srebrenica-Massaker verurteilt wurde. Serbien strebt den Beitritt zur EU an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten