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So langsam habe ich das Gefühl dieses Virus ist wirklich gefährlich - und zwar für die Vernunft. Ein Mundlappen, der hoch umstritten ist soll autoritär durchgesetzt werden ? Überhaupt, der Ruf nach Autorität an sich in dieser Form in der TAZ ?
Dass in der taz mehr staatliche Sanktionen gefordert werden, finde ich schon bemerkenswert. Bis eben hätte ich deutlich widersprochen, da ich in den letzten Tagen den Eindruck hatte, dass die Leute im Supermarkt konsequent Masken tragen und selbst auf der Straße immer mehr Leute damit herumlaufen. Ich war positiv überrascht von der Kooperationsbereitschaft der Leute. Bis ich nach dem Hinweis von Weber zum Corona-Myfest in Kreuzberg etwas nachgelesen habe. Sorry, aber wenn wir zu dumm und egoman sind, uns mal für einige Zeit solidarisch zu verhalten, brauchen wir uns nicht wundern, wenn der Staat mit harter Hand kommt. Und dass ausgerechnet linke Gruppierungen nichts mit Solidarität anfangen können, ist auch ernüchternd.
Für das Verhalten des Senats in der Corona-Krise gibt es ein Wort: Führungsschwäche. Zu fast allen notwendigen Maßnahmen mußte der Senat 'getragen' werden: Der Lockdown wurde verschleppt, zunächst mit dem Verweis, daß auf eine einheitliche Bundeslinie zu warten sei; die Spielplätze wurden verspätet geschlossen; die Maskenpflicht wurde erst nur für die öffentlichen Verkehrmittel, dann, ein paar Tage später, auf Druck der Öffentlichkeit, doch auch für Geschäfte eingeführt - hier waren die Grünen und die Linke die Bremser, aber der Harmonie wegen verzichtete der Bürgermeister zunächst auf die Durchsetzung der eigenen Maskenpläne der SPD. Die Polizei wurde vor den Kopf gestoßen, als nach Forderungen der Polizeigewerkschaft, die Parks zu Ostern zu schließen, exakt das Gegenteil geschah: Die bisherigen Verhaltensregeln für die Parks wurden weitgehend gelockert, wobei diese gelockerten Maßnahmen selbst praktisch kaum noch durchsetzbar waren, da die Ausweispflicht vom Senat ebenfalls abgeschafft worden war... Polizisten zeigten sich brüskiert vom Senat, redeten von 'Wischi-Waschi-politik'.
Daß Apelle an die Vernunft zwar gut klingen und auch gut sind und bei Vielen auch fruchten mögen, daß sie aber auch wohlfeil und ungenügend sind - angesichts der existenziellen Herausforderungen - ist uns gestern sehr deutlich vor Augen geführt worden:
"Kreuzbergs Bürgermeisterin über den 1. Mai 'Das war eine wilde Coronaparty'
Monika Herrmann, Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, über die Ereignisse in ihrem Bezirk, nachlassenden Sicherheitsabstand und egoistische Feiernde."
Berlin ist das allerletzte Bundesland, welches die Maskenpflicht einführte, nein, nicht ganz, im Bundesland Bremen gilt dies in Geschäften und Supermärkten nur für Kunden,
nicht für das Personal, welches oft keine hat. Ansonsten gibt es auch hier viele, denen Abstand und Masken egal sind.
Soll der Ukraine erlaubt werden, Ziele tief in Russland mit westlichen Raketen und Marschflugkörpern anzugreifen? Ein Pro und Contra.
Maskenpflicht in ÖPNV und Handel: Senat drückt sich vor Konsequenz
Als letztes Bundesland hat Berlin nun die Maskenpflicht im Handel eingeführt. Im ÖPNV galt sie schon. Aber ohne Bußgeld. Ein Wochenkommentar.
Fotobeweis: Es klappt gut mit der Maskenpflicht im Supermarkt. Ein Bild aus Friedenau Foto: picture alliance/Kay Nietfeld/dpa
BERLIN taz | Schön, dass sie am Dienstag doch noch gekommen ist, die Maskenpflicht auch beim Einkaufen. Schöner wäre es gewesen, wenn der rot-rot-grüne Senat das schon eine Woche früher beschlossen hätte und nicht erst als Korrektur seines eine Woche alten Beschlusses, der die Pflicht auf Bus und Bahn beschränkte, sie in Geschäften aber nur eindringlich empfahl.
Und bedenklich stimmt, dass offenbar allein Uneinigkeit in der Koalition dafür sorgte, dass Berlin erst als letztes aller 16 Bundesländer diesen im Kampf gegen die Coronaverbreitung so sinnvollen Schritt ging. Denn die Sachlage hat sich nicht geändert – konsequentes Abstandhalten war auch schon eine Woche zuvor in Geschäften oft schwer möglich.
Noch bedenklicher ist, dass der Senat die Pflicht gar nicht selbst kontrollieren und Verstöße auch nicht mit Bußgeldern ahnden will. Während in Bayern bei fehlender Maske in Bussen, Bahnen und Geschäften 150 Euro fällig sind und andere Bundesländer darüber nachdenken, hat es Regierungschef Michael Müller ausdrücklich „sozialer Kontrolle“ überlassen, die Sache zu regeln.
Die Mitfahrer in Bus und Bahn – zumindest in größeren Geschäften macht das der Security-Mitarbeiter – sollen also dafür sorgen, dass säumige andere sich doch noch eine Maske aufsetzen. Sollen sie offenbar ansprechen, auf ihr Fehlverhalten aufmerksam machen. „Soziale Kontrolle“ also in einer Stadt, in der einem ungezählte Leute berichten, sie seien aus ihren schwäbischen, badischen oder fränkischen Kleinstädten geflohen, um die dortige soziale Kontrolle hinter sich zu lassen.
Es war schon nervig genug …
Es ist inkonsequent und sogar feige, wenn der Senat eine Pflicht beschließt, sie aber nicht richtig kontrollieren und auch bei Nichtbefolgen nicht zur Kasse bitten will: Wenn der Staat etwas für wichtig hält, in diesem Fall einen so großen Eingriff wie die Maskenpflicht, dann muss er das auch selbst durchsetzen.
Der Regierungschef betont wiederholt, auf Vernunft und Einsicht zu setzen
Es war schon nervig genug, bislang im Edeka oder bei Rewe immer wieder an der Kasse drängelnden Miteinkäufern sagen zu müssen: „Bitte halten Sie Abstand!“ Dort hilft ja im Zweifel noch der Security-Mann aus. Aber in der S-Bahn ignoranten Menschen sagen: Maske auf oder raus? Und wenn die’s nicht machen, sie dann mit vom Müller-Wort abgeleiteter staatlicher Legitimation aus dem Waggon schieben? In völliger Aufgabe des staatlichen Gewaltmonopols?
Die Frage ist: Warum ist der Senat hier so inkonsequent? Da liegt die Antwort nahe, dass die rot-rot-grüne Koalition sich nicht dem Vorwurf aussetzen will, sie gehe mit staatlicher Repression vor. Regierungschef Müller betont wiederholt, auf Vernunft und Einsicht zu setzen. Bei vielen klappt das auch – aber eben nicht bei allen. Und deshalb muss eine Regierung die von ihr beschlossenen Regeln auch selbst durchsetzen, statt ihre Durchsetzung auf den Einzelnen abzuwälzen.
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Kommentar von
Stefan Alberti
Redakteur für Berliner Landespolitik
Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.
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Stefan Alberti