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Martin Reeh über die Flexi-RenteKein Konzept gegen Altersarmut

Die Große Koalition wird bis zur Wahl 2017 keine große Würfe mehr verabschieden. Aber in Details ist sie zu wichtigen Verbesserungen in der Lage. Dazu gehört die Flexi-Rente, die das Bundeskabinett gestern beschlossen hat. Das Arbeiten als Teilrentner bis zum Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters wird attraktiver, weil künftig ein höherer Hinzuverdienst möglich ist, ohne auf die Rente angerechnet zu werden.

Arbeiten Vollrentner ab 65 weiter, kann ihre Rente weiter steigen. Gleichzeitig entfallen die Beiträge für die Arbeitslosenversicherung. Wer also eine unterbrochene Erwerbsbiografie hat, kann auch im Alter etwas für seine Rente tun. Für diejenigen, die keine Lust haben, im Ruhestand die heimischen Wände anzustarren, steigt die Chance, einen Arbeitgeber zu finden, der sie weiter beschäftigt.

Dennoch ist der Beschluss eine zweischneidige Sache. Schließlich wird es nach jetzigem Stand in einigen Jahren weitaus mehr Menschen geben, die von ihrer Rente nach den Kürzungen der letzten Jahre nicht leben können. Weder Union noch SPD haben derzeit ein Konzept, wie dieser steigenden Altersarmut ausreichend begegnet werden kann. Die Flexi-Rente ermöglicht es nun zwar armen Rentnern, durch Arbeit ihre Rente aufzustocken. Aber zugleich wirkt der Beschluss wie ein Vorgeschmack auf die Zeit, wenn die hohe Zahl der Armutsrentner zum großen Politikum werden wird: „Geht doch weiter arbeiten!“, könnte die staatliche Lösung für das Problem sein.

Die Rentenfrage ist die ungeklärte Baustelle der Sozialpolitik. Die Große Koalition wird sie nicht mehr ausreichend beantworten. Nicht mal der Teil des gestrigen Kabinettsbeschlusses, der die Zwangsverrentung von Hartz-IV-Empfängern beendet, ist uneingeschränkt positiv. Die Zwangsverrentung hört zwar für ALG-II-Bezieher auf, die eine Rente auf Grundsicherungsniveau bekommen – geht aber bei allen, die mehr Rente erwarten können, weiter.

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