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Marroko entzieht al-Dschasira SendelizenzRuhe im Maghreb

Wenns dem König nicht passt, ist die Lizenz futsch: Der Lizenzentzug bei al-Dschasira zeigt, das Pressefreiheit in Marokko weiter ein Fremdwort bleibt.

König Mohamed VI macht, was Peter Lustig stets empfahl: Das Fernsehen einfach mal abschalten. Bild: dpa

MADRID taz Mit al-Dschasira kam die Informationsfreiheit in die arabische Welt. Und genau das gefällt Marokkos König Mohamed VI. nicht. Der panarabische Sender mit Hauptsitz in Dakar strahlte jeden Tag von Marokkos Hauptstadt Rabat eine Nachrichtensendung über den Maghreb aus. Damit ist jetzt Schluss. Mit einem einfachen Fax der Telekommunikationsbehörde wurde vergangene Woche al-Dschasira die Sendefrequenz entzogen - "aus technischen und juristischen Gründen", wie es darin lapidar heißt.

Die Maghrebnachrichten gingen erstmals im November 2006 auf Sendung. "Wir haben damals alle Papiere eingereicht", sagt Studioleiter Hassan Rachidi. "Doch der Antrag auf eine dauerhafte Sendegenehmigung wurde auf Eis gelegt. Deshalb waren wir gezwungen, alle drei Monate eine vorläufige Lizenz zu beantragen." Damit ist jetzt Schluss, obwohl die aktuelle Sendegenehmigung noch bis Mitte Juni gültig ist. "Wir haben einen Nachrichtenraum geschaffen, wie es in zuvor so nicht gab. Die Menschen im Maghreb begannen sich für ihre Nachbarländer zu interessieren", sagt Rachidi.

Doch genau das dürfte Marokkos König Mohamed VI. nicht gefallen haben. Er sieht es nicht gerne, dass die Missstände in seinem Königreich nach außen getragen werden. Doch al-Dschasira tat dies fleißig. Immer wieder berichtete die Sendung über den Konflikt in der seit über 30 Jahren von Marokko besetzten ehemaligen spanischen Kolonie Westsahara. Soziale Missstände, Proteste und der ständige Zuwachs der Islamisten wurden ebenfalls regelmäßig thematisiert. Doch der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, war vermutlich ein Bericht über die Kontakte des verstorbenen Vaters von Mohamed VI., Hassans II., zum israelischen Geheimdienst Mossad.

"Der überstürzte Entzug der Lizenz und das Fehlen jeglicher Begründung lassen den Schluss zu, dass es sich um eine politische Entscheidung handelt", beschwert sich Reporter ohne Grenzen (RsF). Die in Paris ansässige NGO, die über die Pressefreiheit wacht, beobachtet seit geraumer Zeit die Entwicklung in Marokko mit großer Sorge. Vorbei ist die Zeit der Öffnung, die nach dem Tod von Hassan II. im Jahre 1999 zunächst einsetzte. Mohamed VI. zieht die Schraube wieder an. Immer häufiger werden Journalisten zu monatelangen Haftstrafen verurteilt und Zeitungen geschlossen. Zur Begründung muss der Verweis auf das neue Pressegesetz aus dem Jahre 2002 herhalten: Dieses erlaubt es der Regierung, ohne richterliche Anordnung einheimische Publikationen zu schließen und ausländischen Blättern den Vertrieb zu untersagen, "wenn die betreffenden Publikationen den Islam, die Monarchie oder die Integrität des Staatsgebietes und die öffentliche Ordnung angreifen".

Manchmal greift das marokkanische Regime auch zu noch härteren Methoden. Das musste auch al-Dschasira erfahren. So wurde Hassan Fatih, einer der Korrespondenten des Senders, im Juni vergangenen Jahres von der Polizei krankenhausreif geschlagen, als er über ein Sit-in von Angehörigen politischer Gefangener berichten wollte. Es bleibt, so RsF, ein Eiertanz: "Der König jongliert unaufhörlich mit dem Wunsch, sein gutes Bild im Ausland zu wahren, und der Versuchung, die unabhängige marokkanische Presse zu kontrollieren", heißt es im jüngsten Jahresbericht.

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2 Kommentare

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  • M
    Marokkaner

    Willkür steht bei Diktatoren und Monarchen an der Tagesordnung. Mich würde aber nicht wundern, wenn die Obrigkeitshörigen Marokkaner diese Aktion auch noch zu rechtfertigen versuchen.

    Über ein Land das samt Bevölkerung vererbt wird, kann ich nur lachen - wenn es nicht traurige Realität wäre.

    Kifak forever !

     

    P.s. witziges Capture Bild habt ihr hier "weiber" :-)

  • D
    Dimitrij

    Ich weiß nicht, so wie Al-Dschasira sich durch fehlende Filterung der Information, die sie verbreitet, zu einer Plattform zur Selbstdarstellung der Islamisten entwickelt hat, sehe ich deren Schließung in Marokko mit gemischten (auch positiven) Gefühlen. Marokko befindet sich ja auch in einem ziemlich harten Kampf mit den Islamisten, die Al-Dschasira als ihr Propagandaorgan nutzen, das darf man auch nicht vergessen. Auch wenn die Ursache der Schließung, nämlich die Intoleranz des Regimes, ablehnenswert ist, so sind die Auswirkungen nicht so eindeutig.