Marktführer bei Windkraftanlagen: Stürmische Zeit für Enercon
Früher war der Windkraftanlagenhersteller eine Vorzeigefirma. Doch jetzt gibt es Unruhe im Vorstand, Renditen und Marktanteile sinken.
„Auf eigenen Wunsch“ lege Fritsch-Nehring ihre Funktion bei Enercon zum 31. Oktober nieder, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens. Die Managerin war bisher Vizechefin der Aloys-Wobben-Stiftung, in der der Gründer seine Gesellschaftanteile gebündelt hat.
Zugleich leitete sie als Geschäftsführerin die Konzerngesellschaft, die das operative Geschäft führt. Vorstandschef Hans-Dieter Kettwig und Simon-Hermann Wobben, ein Neffe des Gründers, werden Fritsch-Nehrings Aufgaben nun übernehmen.
Zu den Gründen des Abgangs machte die Firma keine Angaben. Offenbar war es aber zu Differenzen über den weiteren Weg des Unternehmens gekommen. Über Fritsch-Nehring wird berichtet, dass sie internationales Personal in die Führungsebenen nach Aurich holte. Dies haben manche wohl als Bedrohung und Abweichung vom gewohnten Kurs empfunden. Bisher ist Enercon ein oftmals patriarchal geführtes Unternehmen, in dem das Wort des Gründers und seiner Vertrauten Gesetz war.
Mehr Aufträge an Fremdfirmen vergeben
Zudem gab es möglicherweise Auseinandersetzungen darüber, welche Aktivitäten Enercon selbst durchführen und welche man an externe Dienstleister auslagern solle. Beschäftigte berichten, dass im Vergleich zu früher mehr Logistik- und Wartungsaufträge an Fremdfirmen vergeben würden. Ein Unternehmenssprecher sagte dagegen, die Einbindung von Dienstleistern sei „nichts Neues“.
Heute macht Enercon fast alles selbst. Das reicht von der Produktion der Türme für die Windanlagen, der Generatoren und Rotorblätter bis zu Aufbau und Wartung der Kraftwerke. Die Fertigungstiefe soll 80 Prozent betragen.
Die Firma lebt von hochentwickelten, dafür aber auch relativ teuren Anlagen. Die rund 20.000 Beschäftigten erwirtschafteten 2014 einen Umsatz von rund fünf Milliarden Euro, wobei 500 Millionen Euro als Gewinn übrig blieben. Derart hohe Umsatzrenditen erzielen nicht viele Firmen.
Allerdings schmilzt der Vorsprung. Im deutschen Markt ist Enercon vor allem der Konkurrent Vestas auf den Fersen. Im weltweiten Geschäft sank Enercons Marktanteil von fast 10 Prozent 2013 auf 5 Prozent in 2015. Dabei mag eine Rolle spielen, dass teure Anlagen weniger Abnehmer finden, weil unter anderem Deutschland die Finanzierung der erneuerbaren Energien von festen Fördersätzen auf Ausschreibungen umstellt. Billigere Kraftwerke bekommen dann eher den Zuschlag als teure.
In der Vergangenheit ist die Firma nicht nur als Vorzeigeunternehmen der Energiewende aufgefallen. Gewerkschafter und manche Betriebsräte beschwerten sich, dass sie im Reich der Wobbens nicht ihrer normalen Tätigkeit als Arbeitnehmervertreter nachgehen könnten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich