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Mario Voigt und OstthemenDer Osten als Chefsache!

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Deutschlands jüngster Ministerpräsident und Thüringer Landesvater hat ein Problem mit der Demografie. Mehr Migrationsfreundlichkeit kann helfen.

Mario Voigt hebt die Hände: Er würde ja, wenn er wollte, also mehr Ostpolitik machen. Aber er ist ja nicht im Bund Foto: Michael Reichel/dpa

W er auch immer in Chemnitz mal diese Werbeidee hatte – sie war ausgesprochen sexy: eine Postkarte, auf der alte Menschen im Rollstuhl an einem Tisch saßen. Darüber in großen Lettern: Auch in Chemnitz kann man gut alt werden. Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Denn die sächsische Großstadt galt 2010 als älteste Stadt in ganz Europa. Daran hat sich bis heute nicht sehr viel geändert, das Durchschnittsalter in Chemnitz liegt zwischen 46 und 47 Jahren. Nur in Sachsen-Anhalt und Thüringen sind die Menschen mittlerweile noch ein wenig gesetzter, dort beträgt das Durchschnittsalter fast 48 Jahre. Überhaupt ist der Osten betagter als der Westen, was Statista sogar titeln lässt: „Junger Westen, alter Osten“.

Als Ostdeutsche möchte man da laut aufschreien: Was weiß denn schon die Statistik? Und überhaupt: Was machen schon zwei Jahre Altersunterschied aus? Im Saarland ist man nämlich durchschnittlich auch schon über 46 Jahre alt.

Mario Voigt, den frisch gewählten CDU-Ministerpräsidenten Thüringens, scheint die messerscharfe Wertung der Sta­tis­ti­ke­r:in­nen offenbar auch zu ärgern – und er wartet mit einer ebenso messerscharfen Idee auf: Der Bund möge sich künftig intensiver mit Ostthemen beschäftigen. Der Osten als Chefsache! Großartig, der Osten muss mal wieder mit anderen Themen als Rechtsruck, AfD, Baseballschlägerjahre ins Gespräch kommen. Nach dem Mauerfall war er schließlich mal als Avantgarde gekrönt.

„Die Themen des Ostens müssen in den Mittelpunkt des Regierungshandelns in Deutschland rücken“, findet Voigt. Ein Punkt ist Deutschlands jüngstem Ministerpräsident besonders wichtig: die Demografie. Übersetzt heißt das: Der greise Osten braucht dringend Fachkräfte, gern auch aus dem Ausland.

Der Osten vergreist noch mehr

Das kann man nur unterstützen. Die Frage ist nur: An wen richtet sich Voigts Flehen? An Olaf Scholz, der in den letzten Zügen seiner Regierungszeit liegt? An Robert Habeck, der gern Kanzler werden will? An Friedrich Merz, der vielleicht Deutschlands nächster Kanzler werden könnte? Der hält, wie wir wissen, nicht sonderlich viel von Zuwanderung.

Die Lage im Osten dürfte sich wie folgt zuspitzen: Migrantische Arbeitskräfte packen ihre Koffer, weil AfD und BSW sie vergraulen. Der Osten verliert dadurch nicht nur an Wirtschaftskraft, sondern vergreist noch mehr, weil alle anderen auch abhauen – in den Westen. Selbst die Alten verlassen den Osten, weil es dort niemanden mehr gibt, der sie pflegt.

Eine nachhaltige Ost-Regierungspolitik sollte für eine migrationsfreundliche Zuwendung sorgen. Ansonsten sieht nicht nur der Osten alt aus, sondern auch der Westen.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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  • Wenn sich die teilweise sehr negativen wirtschaftlichen Prognosen für die nächsten Jahre erfüllen sollten, kann es gut sein, dass es gar nicht zum Fachkräftemangel im großen Still kommen wird. Für viele Bürger im Osten stellt Migration, das größte Problem da. Ob man dieses gefühlte Problem durch mehr Migration lösen kann bezweifle ich stark.