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Marihuana in MexikoLegalisierung soll Banden schwächen

Mit Gras gegen die organisierte Kriminalität: Immer häufiger wird in Mexiko gefordert, die wichtigste Droge des Landes zu legalisieren. Das würde das illegale Geschäft verderben.

Lehnt Forderungen nach einer Legalisierung von Marihuana noch immer ab: Mexikos Präsident Felipe Calderón. Bild: ap

Wenn Mexikos Präsident Felipe Calderón in dieser Woche nach Washington fährt, dann durchaus angetan vom Schwenk in der Antidrogenpolitik, den die US-Regierung in der vergangenen Woche verkündete. Als neues Ziel hat Präsident Barack Obama verkündet, den Drogenkonsum in den USA binnen fünf Jahren um 15 Prozent zu senken. Das werde auch Mexiko Erleichterung verschaffen, meint Calderón. Schließlich sind die USA der Markt, für den in Mexiko massenhaft gemordet wird.

Und dabei geht es nicht nur um Kokain und Heroin, es geht vor allem um Marihuana. Nach Schätzungen der US-Antidrogenbehörde verdienen die mexikanischen Kartelle 60 Prozent ihres Geldes mit der weichen Droge - mindestens 8 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Beide Präsidenten wollen, dass das Kraut auch in Zukunft illegal bleibt.

Calderón stößt mit seinem absoluten Nein zum Gras auf immer breiteren Widerstand. Bei der schon fast traditionellen Legalisierungsdemonstration Anfang Mai gingen am vergangenen Samstag nicht nur Freaks auf die Straße und ein paar Ärzte, die Marihuana in der Schmerztherapie einsetzen wollen. In den vergangenen Wochen haben sich immer mehr Prominente und Politiker für die Freigabe der Droge ausgesprochen. Ihr Argument: Die Legalisierung von Marihuana sei im Kampf gegen die Drogenkartelle eine viel wirksamere Waffe als die Armee. Seit seinem Amtsantritt 2006 setzt Calderón auf den offenen Krieg gegen Drogenkartelle und wird dabei von den USA mit Geld, Waffen und Ausbildung unterstützt.

70 Prozent des Kokains, das heute in die USA gelangt, kommt über die Grenze zwischen dem mexikanischen Ciudad Juárez und dem texanischen El Paso. 50.000 Soldaten hat Calderón in die Schlacht gegen die Kartelle geworfen. Ein paar führende Drogenhändler wurden verhaftet oder erschossen.

Auswirkungen hatte das nicht. Im Gegenteil; die Kartelle schlugen zurück. 15.000 Menschen wurden in Calderóns Krieg gegen die Drogen bereits getötet - Soldaten, Polizisten, Drogenhändler und immer mehr unbeteiligte Bürger, die einfach zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Ciudad Juárez gilt heute als gefährlichste Stadt der Welt.

So könne das nicht weitergehen, kritisiert Santiago Creel, einst Innenminister unter Calderóns Amtsvorgänger Vicente Fox. Mit einer offenen Feldschlacht ließen sich die Kartelle nicht bezwingen. Man müsse sie dort treffen, wo es wirklich wehtut: an ihrem Kerngeschäft und damit letztlich am Geld. "Das ist weniger gewalttätig, aber viel effektiver."

Dem Parlament liegt seit Mitte April ein von der oppositionellen PRD eingebrachter Gesetzesentwurf vor, der die vorsichtige Legalisierung von Marihuana vorsieht. Der Konsum soll nach diesem Vorschlag straffrei sein, für Schmerztherapien und andere medizinische Anwendungen soll auch der Handel legal sein. Viele konservative Abgeordnete zetern und malen den Teufel von immer mehr drogenabhängigen Jugendlichen an die Wand. Doch die Expräsidenten Fox und Ernesto Zedillo unterstützen den Entwurf.

Der prominenteste und radikalste Befürworter der Drogenlegalisierung ist Mexikos Großschriftsteller Carlos Fuentes. "Mit der Aufhebung der Prohibition in den USA gab es nicht weniger Besoffene", sagt er. "Aber die Al Capones sind verschwunden." Genauso werde die Legalisierung von Drogen in Mexiko das Problem der Abhängigen nicht lösen. "Aber für die Kartelle", ist Fuentes überzeugt, "wird das ein harter Schlag."

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19 Kommentare

 / 
  • I
    IBO

    Die sollten das legalisieren,"GEGEN DROGEN" bin ich auch!Aber durch die legalität sterben weniger leute jeder weiss doch das was verboten ist die Menschen nunmal reizt!

     

    Ach klar wollen die es nicht legalisieren,weil die Politiker doch davon geld verdienen.

  • D
    dampf

    @ Mustafa: Mann, Du bist aber auch ne Spaßbremse...

     

    @ tad baste: leider wird es so kommen. lieber werden millionen von dollars aus dem fenster geworfen und der tod unzähliger menschen in kauf genommen als dass die politiker endlich zur vernunft kommen und den menschen wahre freiheit gewähren. schade, schade, schade.

     

    was man machen kann: überall marihuana wild anpflanzen. das funktioniert! in russland hanfpflanzen am straßenrand gesehen, deren samen aus weggeworfenen joint-stummeln stammten. und zwar in petersburg! also, auf geht's, let's go gärtner!

  • P
    Paul

    Oh no, eine Legalisierung würde ja die Umsätze mit der Kulturdroge Alkohol kannibalisieren. Wo kämen wir hin, wenn sich Hinz und Kunz ihr 'Feierabendbier' im Garten ziehen, statt es von börsennotierten Unternehmen zu beziehen?

  • F
    Flo

    "Drogen sind schlecht für die Menschen darum ist es auch eine Sünde welche zu nehmen."

     

    Musst ja keine nehmen...jedoch sollte jedem Menschen die Entscheidung selbst überlassen werden. Wer will...warum nicht? Sünde??? HAHA so wie vorehelicher Sex? Oder eher so wie fettiges Essen oder Rockmusik?

    Ich würde auf den heiden (Wortwitz^^) Spass auf jeden Fall nicht gänzlich verzichten wollen. :)

  • NR
    Niko Reif

    Eine Legalisierung weicher Drogen bedeutet, den Geldhahn der organisierten Kriminalität in nicht unerheblichem Maße zuzudrehen. Nicht nur in Mexiko.

    Weltweit wäre dies ein äußerst sinnvoller Ansatz. Die Gewinne würden nicht mehr in dunkle Kanäle fließen, sondern in die Staatskassen.

    Ob schädlich und gefährlich oder nicht oder wie sehr, ist eine andere Frage. Mißbrach von Drogen kann nur durch Aufklärung verhindert oder begrenzt werden.

    Wo Nachfrage herrscht, gibt es auch Angebot. Das ist immer so, und wird sich wohl nicht ändern.

    Daß die meisten Politiker dennoch von einer Lockerung der Gesetzgebung nichts wissen wollen, läßt die Frage aufkommen: ist die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität überhaupt ernsthaft gewollt?

  • DH
    Dr. Harald Wenk

    Wahrscheinlich wäre es für Obama ein halber politischer Selbstmord, für die Legalisierung von Marihuna einzutreten.

    Trotz de Al Capone Erfahrung und den ungeheuren Mengen krimineller Energie aus dem Drogengeschäft, die sich auch globalisiert hat.

    Diese "Vernagelung" konservativer Menschen, Medien, Parteien, Mächtigen gegen jede halbwegs realistische Wahrnehmung sozialer Phänomene ist eher selbst schon kriminell.

    Die Geldwäschereien der Drogenkartelle führen natürlich zu einem "Umgang" dieser organisierten mit der Finanzkrise, der wahrscheinlich mit sensiblem Frühwarnsystemen betrachtete "Zweifelsfällen" vor wenig bis gar nichts zurückschreckt. Da kann man schnell in eine "Querschlägerschussline" geraten.

    Und natürlich wird die Legalität so weit wie möglich sucht.

    Die extrem unproduktive Aufblähung von Polizei- und sozialen Kontrollapparaten kommt den Konservativen aber gerade recht und ist einfach "normalisierende",, "disziplinierend" und auch althergebracht "repressiv".

    Da der rechte Umgang mit der eigen Gehirnchemie und der Bildung des eigenen Kulturgefühlsgartens extrem "neurologisch" geradezu "dumm" und "verdummend" verfährt,

    nämlich mittels medizinischer und Konsumdrogen,

    wundert es nicht, wenn konsequenterweise die Drogenproblem seit hundert Jahren weltweit eher schlimmer denn besser werden.

    Einen Timothy Leary, der das ganze in den 60igern wissenschaftlich anging, hat man in den USA wegen ein paar Gramm Marihunana 15 Jahre ins Gefängnis gesteckt, aus dem er mit Krebs herauskam.

    Ich beschwere mich, ohne jemals was damit zu tun gehabt zu haben, weil neben der Terrorismuskriminalisierung, mit dem habe ich auch nichts zu tun, die Drogenkrimanilisierung und sogar die Sexualkriminalisierung und noch weiter die Gewaltkriminalität, mit denen habe ich auch allen nichts zu tun, zu einer umfassenden normalisierenden repressiven "Vernagelung" aller öffentlichen Diskussionen und Lebens geführt haben und zu einer Chemisierung der Seele mit diesen Apparaten.

  • M
    Mustafa

    Drogen sind schlecht für die Menschen darum ist es auch eine Sünde welche zu nehmen.

  • P
    Perros

    Bitte bitte legalisiert es endlich, damit dieser Krieg in Mexiko aufhören kann und wenn ihr schon dabei seit, warum nicht gleich überall? Überall auf der Welt verdienen irgendwelche Drogenhändler oder Terroriste Millionen durch den Verkauf von Cannabis. Warum sollte man die Einnahmen nicht einfach an den Staat umleiten? Durch staatlich kontrollierte Verkaufsstellen und die Steuern könnte man dies erreichen. Dann ist es nur noch ein kleiner Schritt bis wir auch den Nutzhanf wieder für Papier, Baustoff, Ernährung, Medizin, Textilien und Brennstoffen entdecken und endlich unsere "grüne" Gesellschaft floriert. Es wäre sooo schön!!

  • TB
    Tad Baste

    Milton Friedman (!) hat bereits vor 10, 15 Jahren in einem damals im SPIEGEL abgedruckten Essay die Auswirkungen dargelegt, die durch Legalisierung entstünden:

     

    Wirtschaftliche Aushebelung der Drogenkartelle, "Fair-Trade"-Effekte für die kleinen Produzenten, Entkriminalisierung der Konsumenten, Gesundheitsfürsorge durch Qualitätssicherung usw. usf.

     

    Die Überlegung widerspricht aber den Dogmatikern der Fraktion "drogenfreies Leben durch Polizei" und den Geschäftsinteressen der Drogenmafia.

    Daher wird das - sinnvoll hin oder her - diesmal in Mexiko auch nichts.

  • S
    Simon

    "Der Konsum soll nach diesem Vorschlag straffrei sein, für Schmerztherapien und andere medizinische Anwendungen soll auch der Handel legal sein"

    Und wieso sollte das den illegalen Handel beeinträchtigen? Als würden die meisten Konsumenten Marihuana als Schmerzmittel nehmen...

  • O
    Oertzen

    > "Aber für die Kartelle", ist Fuentes überzeugt, "wird das ein harter Schlag."

     

    Sicher, aber Fuentes übersieht, dass es beim "War on Drugs" nie um einen Kampf gegen Drogenkartelle ging, sondern stets ausschließlich um einen Kampf gegen arme Menschen.

     

    Legalisierungsbefürworter gehen in ihrer Argumentation stets fehlerhafterweise davon aus, der War on Drugs habe sein eigentliches Ziel verfehlt.

     

    Aber das ist schlicht unzutreffend. Sein *eigentliches* Ziel hat der War on Drugs eindrucksvoll erreicht: Kriminalisierung der Armut. Sein *vorgebliches* Ziel, nämlich die Bekämpfung krimineller Kartelle und eine Reduzierung des Drogenkonsums, sind genau das: Nur vorgebliche Ziele.

     

    Richard Nixon, der den War on Drugs in Amerika gestartet hat, hatte nie etwas anderes vor. Daher wird eben auch genau keine Legalisierung stattfinden, weder in den USA (zumindest auf Nationalebene), noch in Mexiko oder Deutschland (und deshalb auch natürlich schon gar nicht mit der "liberalen" FDP).

  • W
    WeedWeed

    "Präsident Barack Obama verkündet, den Drogenkonsum in den USA binnen fünf Jahren um 15 Prozent zu senken"

     

     

    wie bitte?

  • N
    Niko

    Die schrittweise Legalisierung weicher Drogen hätte sicherlich den Effekt, der organisierten Kriminalität nach und nach den Geldhahn zuzudrehen. Nicht gänzlich, aber in erheblichem Maße. Nicht nur in Mexiko. Ähnliche Vorhaben wären weltweit denkbar. Wo Nachfrage herrscht, gibt es auch Angebot. Wenn nicht legal, dann illegal und somit unkontrolliert. Die Gewinne landen folglich in dunklen Kanälen statt in den Staatskassen.

     

    Dass sich die Politik in den meisten Ländern auf eine Legalisierung nicht einlassen möchte, lässt die Frage aufkommen, ob das Bekämpfen der Organisierten Kriminalität überhaupt ernsthaft gewollt ist.

     

    Der Konsum illegaler Drogen ist durch Verbote nicht zu verhindern. Allein Aufklärung hilft da weiter.

  • K
    Kommentator

    Guter Artikel!

     

    Er zeigt plastisch auf, dass die Lösung total einfach, aber eben schon etwas von eingefahrenen Denkstrukturen abweichend ist.

     

    Jedem Gärtner seine Pflänzchen. Jedem Kranken seine Medizin und jedem Freak seinen Rauch. Der Mafia keinen Cent/Peso mehr.

     

    Dann löst sich dieses Teilproblem von selbst und die Polizei kann sich wieder um sinnvolleres kümmern.

     

    PS: Nicht die Konsumenten sind schuld am Terror dieser alles schmuggelnden, mordenden und erpressenden Banden, sondern die, die jenen Verbrechern ihren Unterhalt erst ermöglichen und nicht in legalen bzw. weniger destruktiven Wegen zulassen.

  • U
    uwe

    Jaaaaaaaa, und wenn man für 100 Dolleros einkauft gibts noch eine Pistole als gratis Spielzeug.

  • B1
    Big 19

    Vielleicht sollte sich Mexiko (bzw. seine Regierung) mal im Nachbarland Kalifornien umschauen, die Legalisierung von Grass löst nicht nur Kartellprobleme, das bringt auch Steuern ein !

  • L
    Legalisieren!

    Ja legalisieren! Wer Gras rauchen will tut es sowieso jetzt auch schon und die Prohibition ist auch gescheitert. Also freigeben und kontrollieren. So ist wenigstens Jugendschutz möglich sowie eine richtige Aufklärung.

    Der Schwarzmarkt wird Zerschlagen und es lassen sich Steuern einnehmen.. also loslos

  • D
    DonEsperanto

    na endlich ist es mal jemandem aufgefallen,heroin auf rezept oder opiumderivate aber cannabis,nö ist ja illegal was?!da sind uns die mexicaner einen schritt voraus.....

  • M
    merle.m.

    was ist ein großschriftsteller?