Marathon in unter zwei Stunden: „Bester Moment in meinem Leben“
Eliud Kipchoge durchbricht die Marathon-Schallmauer: Der Kenianer läuft die 42,195 Kilometer in weniger als zwei Stunden. Doch es ist kein Weltrekord.
„Das war der beste Moment in meinem Leben, als nur noch wenige Hundert Meter zu laufen waren und es Zeit war, Geschichte zu schreiben“, sagte Kipchoge nach seinem Sensationslauf. Mit der kenianischen Fahne um die Schultern jubelte der Rio-Olympiasieger im Ziel, seine Frau Grace nahm ihn als Erste strahlend in die Arme.
Ein Weltrekord ist die Zeit aber nicht. Der Lauf war minutiös durchgeplant und deshalb nicht vergleichbar. Insgesamt 41 Tempomacher unterstützten den Kenianer in der österreichischen Hauptstadt. Den offiziellen Weltrekord hält Kipchoge aber ohnehin selbst: 2018 brauchte er für den Berlin-Marathon 2:01:39 Stunden.
„Ich bin der glücklichste Mensch“, sagte Kipchoge am Samstag und wirkte trotz des irren Tempos kaum erschöpft. „Ich habe gezeigt, dass es kein Limit gibt, wenn man nur will.“ Sein Dank galt nicht zuletzt „allen Menschen, die ihren Fernseher angeschaltet haben und sich diesen 1:59-Marathon angesehen haben“. Den Dank an seine Familie und seinen Trainer Patrick Sang konnte er kaum in Worte fassen. „Mir fehlen die englischen Vokabeln dafür.“
Chemie und Haferflocken
Kipchoges Tag begann bereits um kurz vor 5.00 Uhr. Zum Frühstück gab es Haferflocken. „Die härteste Zeit meines Lebens war heute zwischen 5.00 und 8.15 Uhr“, sagte Kipchoge und lachte. Aber er ließ zu keinem Zeitpunkt Zweifel aufkommen, dass er sein Ziel nicht erreichen würde. „Ich habe es mir in den Kopf, in alle Gedanken gesetzt, dass ich den Marathon unter zwei Stunden laufen werde“, sagte Kipchoge.
Mit dem Erfolg von Wien hat der 34-Jährige seiner medaillenreichen Karriere die nächste, vielleicht schillerndste Bestmarke hinzugefügt. Der Chemiekonzern Ineos als Veranstalter hatte enorm viel Zeit und Geld in die Bemühungen investiert, Kipchoge bei der „ineos159challenge“ perfekte Bedingungen zu ermöglichen. Erst am Mittwoch wurde der Tag des Versuchs endgültig festgelegt, die Startzeit nach genauer Analyse der zu erwartenden Wetterbedingungen sogar erst am Freitag.
Dass Wien als Austragungsort gewählt wurde, lag unter anderem an dem geringen Zeitunterschied von nur einer Stunde zwischen Österreich und Kenia. So musste Kipchoge seine alltäglichen Gewohnheiten nicht großartig umstellen. Zudem war laut den Veranstaltern die Wahrscheinlichkeit für niedrige Temperaturen und niedrige Luftfeuchtigkeit am Morgen hoch. Kipchoge startete letztlich um 8.15 Uhr bei neun Grad Außentemperatur auf der Reichsbrücke in der vernebelten österreichischen Hauptstadt.
Die Strecke im Wiener Prater war dank Asphaltierungsarbeiten in bestem Zustand, die vielen Bäume ringsherum boten Kipchoge und seinen Tempomachern zudem Schutz. Der Lauf wurde auf einem 9,6 Kilometer langen Rundkurs ausgetragen. Beim mehrfachen Wendepunkt wurde zur Schonung Kipchoges eine kleine Steilkurve geschaffen. Kipchoge und die Tempomacher wurden auf der gesamten Strecke von einem Auto begleitet, von dem aus per Laser eine Orientierungshilfe für die benötigte Geschwindigkeit auf die Straße projiziert wurde.
Um die Marke zu schaffen, musste Kipchoge jeden der fast 42 Kilometer in durchschnittlich 2:51 Minuten zurücklegen. Das entspricht einer Geschwindigkeit von etwas mehr als 21 Stundenkilometern – eine Marathondistanz lässt sich für Hobbysportler selbst auf dem Fahrrad nicht selbstverständlich in diesem Tempo zurücklegen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass er es schafft, habe nach den mehr als vier Monaten der Vorbereitung daher letztlich nicht mehr als bei 50:50 gelegen. „Eher bei 90:10“, so der Weltrekordler. Das Ziel, die Zwei-Stunden-Mauer zu durchbrechen, hatte Kipchoge, der 2003 vor seinem Wechsel auf die Marathon-Distanz Weltmeister über 5000 Meter geworden war, bereits seit einigen Jahren. Beim ersten Versuch 2017 auf der Formel-1-Strecke in Monza (Italien) war er mit 2:00:25 Stunden knapp gescheitert.
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