Marathon-Studie: Saubere Luft macht schneller
Schuhe mit Carbonsohle und Herzfrequenzgurte sieht man auf den Laufstrecken immer öfter. Ein Performance-Faktor wird jedoch unterschätzt.
Eigentlich ist Laufen ein simpler Sport. Schuhe, Sporthose, T-Shirt – mehr braucht es dafür nicht. Doch vom allgemeinen Selbstoptimierungswahn bleibt auch das Laufen nicht verschont. Schuhe mit Carbonsohle, Trinkrucksack, Thermowäsche, Sonnenbrille, Sportuhr, Herzfrequenzgurt und ein gut gepflegter Instagram-Auftritt gehören mittlerweile zum guten Ton.
Ein Geschwindigkeitsbooster wurde dabei bisher aber völlig unterschätzt: die Luftqualität am Renntag. Eine im Magazin Sports Medicine erschienene Studie von Forscher:innen der Brown-Universität in den USA zeigt nun, wie stark saubere Luft die Leistung von Marathon-Läufer:innen beeinflussen kann.
Die Studie
Die Forscher:innen entwickelten ein Machine-Learning-Modell, das für bestimmte Punkte entlang der Marathon-Rennstrecken die Konzentration von PM2.5-Partikeln in der Luft modellieren konnte. Diese Feinstaubpartikel entstehen etwa durch Waldbrände, Landwirtschaft und den fossilen Verkehr. Die Daten zur Luftverschmutzung wurden dann mit mehr als zweieinhalb Millionen Zielzeiten von neun Marathons in den Vereinigten Staaten kombiniert.
Rund 60 Prozent der Daten kamen von Männern, 40 Prozent von Frauen. Die Forscher:innen untersuchten, wie sich die durchschnittliche Zielzeit im Marathon abhängig von der Feinstaubbelastung entwickelte. Den Einfluss anderer Faktoren wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit rechneten sie aus den Ergebnissen heraus. Und siehe da: Schlechte Luft macht tatsächlich langsamer.
Mit jedem Mikrogramm mehr PM2.5-Partikel in der Luft am Renntag kamen Männer durchschnittlich 32 Sekunden später an, bei Frauen waren es 25 Sekunden. Bei einer durchschnittlichen Zielzeit von 4:17 Stunden (Männer) beziehungsweise 4:42 Stunden (Frauen) über alle betrachteten Events hinweg mag das vernachlässigbar erscheinen.
Da die Luftverschmutzung in deutschen Städten wie Berlin jedoch um mehrere Dutzend Mikrogramm variiert, können Läufer:innen signifikant beeinträchtigt werden. Und: Auch die jährlichen rund 240.000 vorzeitigen Todesfälle durch Luftverschmutzung in der EU sind ein Grund, sich für sauberere Luft starkzumachen.
Was bringt’s?
Der Winter bietet die beste Gelegenheit, sich zwischen Plätzchen und Hirschgulasch mit Knödeln für eine Laufveranstaltung im kommenden Jahr anzumelden. Die Studie liefert gute Argumente, 2026 nicht den nächsten Marathon in einer großen Stadt zu buchen, sondern sich lieber für eine kleine Veranstaltung in einer ländlicheren Gegend zu entscheiden.
Da ist nicht nur die Luft besser, sondern die Atmosphäre familiärer und die Strecke nicht so voll. Außerdem sind die Organisator:innen meistens freundlicher – und der selbstgebackene Kirschstreuselkuchen im Ziel schmeckt sowieso besser als die Snacks vom Band, die bei großen Marathons gereicht werden.
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