Kommentar: Mangelware
■ Warum statistischer Erkenntnis auch Taten der Schulbehörde folgen müssen
Es gab einmal eine Zeit, da bekamen ausgebildete LehrerI sowieso keinen Job. Sie fuhren Taxi, wurden Journalisten oder Politiker. Es gab viel mehr Bewerber als Referendarsstellen.
Aber diese Zeiten sind jetzt vorbei. Denn vor kurzem hat die Politik sich in die Wissenschaft der Demographie vertieft und seitdem ist klar: Bald darf jeder unterrichten, der selber mal zur Schule gegangen ist.
Allerdings: Den Erkentnissen folgen keine Taten. Die Mentalität „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ sitzt bei den Dienstherren offenbar noch so tief, dass sie den Referendaren immer mehr Hausaufgaben aufbrummen.
Natürlich ist es sinnvoll, eigenständig zu unterrichten und nicht immer nur angeleitet zu werden bis zu dem Tag, an dem ein Referendar zum Lehrer wird. Aber die Stunden des bedarfsdeckenden Unterrichts zu erhöhen, war ein reiner Haushaltssanier-Trick. Er diente dem gleichen Zweck wie die Senkung des Referendar-Gehaltes.
Dabei ist die Zeit, auf Kosten von Referendaren zu sparen, vorbei. In ihren Reden betonen Politiker jetzt oft und gern, wie wichtig Pädagogen sind und wie viele mehr wir noch von ihnen bräuchten. Dann aber müssen sie das auch umsetzen. Denn zurzeit wächst die Nachfrage nach Referendaren bei sinkendem Angebot. Und ob das gefällt oder nicht, das müssen die jungen Lehrer auch zu spüren bekommen.
Denn es geht nicht ums Verhätscheln, sondern darum, sie als das zu behandeln und zu bezahlen, was sie sind: hoch geschätzte Mangelware.
Sandra Wilsdorf
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